Palais HerbersteinDas Stadtpalais in der Sackstraße 16 ist nach seinen letzten adeligen Besitzern – den Grafen von Herberstein – benannt und zählt zu den bedeutendsten Baudenkmalen der Grazer Altstadt. Der Nordtrakt des Palais kam bereits 1565 in den Besitz der Familie Herberstein, 1637 wurde dieser Teil des Gebäudes an Johann Anton I. von Eggenberg verkauft und mit dem Südtrakt sowie dem daran angrenzenden „Bauernfeind’schen Haus“ vereint. 1754 kam das Palais über eine Erbschaft in das Eigentum von Maria Eleonore von Eggenberg. Sie überließ es ihrem Mann Johann Leopold von Herberstein im Tausch gegen seinen Besitz „Rothenturm“. In dessen Auftrag verband der in Wien ausgebildete Architekt Joseph Hueber (1715–1787) zwischen 1754 und 1757 Nord- und Südflügel sowie das „Bauernfeind’sche Haus“ durch ein zentrales Prunkstiegenhaus. Eine herrschaftliche Einfahrt, die sich zum Hof durch drei Pfeilerarkaden öffnet, wurde ebenfalls in dieser Zeit gestaltet.
Der repräsentative Stiegenaufgang wird von Puttenpaaren gesäumt, die Laternen tragen. Sie stammen vermutlich von dem aus Tirol stammenden, ebenfalls in Wien geschulten Veit Königer (1729-1792). Nach oben öffnet sich der Blick in ein Deckenfresko, das den Himmel mit den olympischen Göttern zeigt. Es wird, ebenso wie ein weiteres ovales Deckenfresko im Vorraum des Ausstellungsrundgangs im 2. Stock, dem steirischen Maler Philipp Carl Laubmann (1703–1792) zugeschrieben. Die Scheinarchitektur geht auf Ideen von Andrea Pozzo (1642-1709) zurück, dessen Traktat über die "Perspektive der Maler und Architekten" (deutsch 1709) ein Standardwerk der Epoche war.
Wänden und Decken des 2. Obergeschosses weisen reichen Rokoko-Dekor auf, der zu den schönsten Zeugnissen theresianischer Raumkunst in der Steiermark gehört. Der Stuck stammt von Heinrich Formentini, Hauptmeister des "style rocaille" in Graz. Im Norden hat sich bis heute eine Flucht von vier Sälen, einem Vorzimmer sowie einem Kabinett erhalten. Hier dominieren nach französischem Vorbild Weiß und Gold.
Der erste, heute u.a. für Konzerte genutzte Saal zur Sackstraße hin weist über dem Kamin ein Porträt von Hans Ulrich von Eggenberg auf. Der Grazer Maler Anton Jantl folgte hier getreu ganzfigurigen Kaiserbildnissen von Franz Anton Palko (Belvedere, Wien). Es folgt ein kleines Vorzimmer als Auftakt für den prachtvollen Spiegelsaal. Der Einfluss der von Nicolaus Pacassi bestimmten Wiener Raumkunst in theresianischer Zeit ist hier am stärksten spürbar. Auch die beiden folgenden Räume mit ihren (nach historischem Muster nachgewebten) Wandbespannungen aus gelbem bzw. rotem Brokat erinnern an Wiener Interieurs. Das anschließende, nur eine Fensterachse breite Kabinett ist indessen komplett vertäfelt und verfügt über einen Kamin. Die Vorliebe der Zeit für verklärtes Landleben spiegeln Schäferszenen wider, die auf Motive von Philipp Peter Roos, gen. Rosa da Tivoli (1657-1706) zurückgehen.
1833 bezog Marie Caroline von Berry das Palais. Sie war die Witwe des 1820 ermordeten Karl Ferdinand, der als französischer Thronfolger den Titel eines Herzogs von Berry geführt hatte. Zunächst bewohnte sie den zweiten Stock, ab Oktober 1835 auch den ersten. Die straßenseitigen Räume wurden dem schlichten Zeitgeschmack angepaßt, der nunmehr unmoderne Stuckdekor verschwand. Das Haus wurde zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt des späten Biedermeier: In den intakt gebliebenen Prunkräumen fanden Veranstaltungen des „adeligen Kasinos“ statt, ab 1850 auch Maskenfeste und Bälle.
1878-1885 wurde das Palais an das k.k. Landes- und Schwurgericht sowie an das Landtafel- und Grundbuchamt vermietet. Die Familie Herberstein hatte hier ihre Güterdirektion eingerichtet. 1939/40 ging das Palais in den Besitz des Landes bzw. "Reichsgaus" Steiermark über. 1941 nahm es die Bestände des 19. und frühen 20. Jahrhunderts auf, die von der alten "Landesbildergalerie" abgetrennt und als "Neue Galerie" im Ostteil des zweiten Stocks untergebracht wurden, während sich im Westteil bis 1963 die Tanzschule Eichler befand. Den Krieg überstand das Palais unbeschädigt.
Seit Mai 2011 ist das Palais Herberstein die Adresse der Kulturhistorischen Sammlung am Universalmuseum Joanneum. Als „Museum im Palais“ zeigt sie hier ihre permanente Schausammlung sowie Wechselausstellungen.