Hamburg, 22. Oktober 2015 (kk) – Sie war quasi das Pocketbook anno domini 1250 – die Pariser Biblia latina vulgata. Am 23./24. November 2015 kommt die berühmte „Taschenbibel“ des Mittel- alters nun in der Auktion Wertvolle Bücher bei Ketterer Kunst in Hamburg unter den Hammer. Der Schätzpreis liegt bei € 65.000.Eine komplette Bibel, handlich und tragbar, in Kalbleder gebunden und nur wenig größer als eine Postkarte, wenn auch rund 5 cm dick – das war vor 800 Jahren eine kleine Sensation. Denn bis dato waren Bibeln so großformatig und voluminös, dass die biblischen Texte nur als unhandliche Einzelbände angefertigt wurden.
Mit der sogenannten Perlschriftbibel kam erstmals eine einbändige Vollbibel im Taschenbuchformat auf den Markt. Die winzige Schrift auf dünnstem Pergament mitsamt ihren Miniaturen und kunstvollen Initialen zeugt nicht nur von der Meisterschaft der Schreiber und Illuminatoren, sondern auch von der ausgeklügelten Arbeitsteilung eines ökonomischen Großprojekts. Auf engstem Raum findet sich alles Wesentliche in mustergültiger und benutzerfreundlicher Gestaltung. Kein Wunder, dass sich die Pariser Taschenbibel damals zu einem regelrechten Bestseller entwickelte, der heute jedoch nur noch äußerst selten anzutreffen ist - vor allem in der hier vorliegenden Vollständigkeit und sehr guten Erhaltung.
Neben dieser biblischen Buchsensation wartet die Auktion mit weiteren Raritäten aus dem religiösen Bereich auf: Zum einen besticht ein um 1450 entstandenes lateinisches Stundenbuch mit hochrangigen Miniaturen eines Künstlers des Bedford-Kreises, das mit seinem virtuosen Bordürenschmuck ein glänzendes Beispiel der Pariser Stundenbuch-Tradition dieser Zeit darstellt und mit einer Schätzung von € 100.000 an den Start geht. Zum anderen glänzt ein ebenfalls in Frankreich, allerdings rund 50 Jahre später, entstandenes Stundenbuch, das mit über 70 Miniaturen bedeutender Künstler versehen ist und mit einer Taxe von € 90.000 bewertet ist.
Bereits für die Schätzung von € 12.000 könnte dagegen ein in gotischer Minuskel unter dem Pontifikat von Papst Bonifatius VIII geschriebener Ablassbrief zu haben sein. Die mit kalligraphisch verzierter Anfangsinitiale und neun Wachssiegeln an Seidenschnüren versehene Urkunde ist von großer Seltenheit.
Im Bereich des Expressionismus bestechen unter anderem drei äußerst rare Luxusausgaben: Paul Fechters „Das Graphische Werk Hermann Max Pechsteins“ (Taxe: € 25.000), die erste Ausgabe von Max Osborns Pechstein- Monographie (Taxe: € 4.000) sowie der von Wassily Kandinsky und Franz Marc herausgegebene bedeutende Almanach „Der Blaue Reiter“ (Taxe: €.35.000).
Daneben glänzt die erste Ausgabe des vollständigen und unbeschnittenen Exemplars von Albertus Sebas berühmten vierbändigen Thesaurus „Locupletissimi Rerum Naturalium Thesauri“. Das 1734-65 entstandene Werk des aus Ostfriesland stammenden Amsterdamer Apothekers und Naturaliensammlers beschreibt erstmals umfassend den Artenreichtum der Erde und kommt mit einer Schätzung von € 20.000 zum Aufruf.
Mit € 18.000 angesetzt ist Immanuel Kants Hauptwerk „Kritik der reinen Vernunft“. Die 1781 in Riga erschienene erste Ausgabe eines der bedeutendsten Werke der philosophischen Weltliteratur stammt aus der Sammlung des Schweizer Unternehmers und Schriftstellers Emanuel Stickelberger. Passend dazu kommt das Profil des Philosophen in Form eines seltenen Scherenschnittes zum Aufruf, der mit € 3.000 bewertet ist. Das bedeutende ikonographische Dokument zeigt in einer Art Porträt-Galerie neben Immanuel Kant zehn der wichtigsten und teils berühmten Professoren der Königsberger Universität.
Abgerundet wird die Offerte neben der berühmten Platon-Edition von Marsilio Ficino in einem zeitgenössischen Schweinsledereinband des Tübinger Buchbinders Johannes Zoll (Taxe: € 25.000) und der ersten Ausgabe von 1473 der „Pantheologia, sive summa theologiae universae“ von Rainerius de Pisis (Taxe: € 15.000) u.a. von einem eigenhändigen Empfehlungsschreiben für Hans Christian Andersen von Charles Dickens (Taxe: € 6.000) und einem Originalmanuskript mit zum Teil illustrierten Gedichten von Hermann Hesse (Taxe: € 10.000) sowie einem äußerst seltenen vollständigen Exemplar der Vorzugsausgabe von Marie de la Hires Ausstellungskatalog zu Francis Picabia (Taxe: € 6.000).
Neben Wertvollen Büchern, Manuskripten, Autographen und Dekorativer Graphik werden auch Arbeiten der Maritimen und Norddeutschen Kunst angeboten. Während letztere u.a. mit Werken von Eduard Bargheer („Blick aus dem Fenster“, Taxe: € 3.500), Dorothea Maetzel-Johannsen („Mutter mit Kind am Busen“, Taxe: € 3.000) und Udo Peters („Kinder auf einer Brücke in Worpswede“, Taxe: € 3.000) aufwartet, kommen im Bereich der Maritimen Kunst z.B. Claus Bergens „Besatzung eines U-Bootes grüßt auslaufende Schlacht- kreuzer“ (Taxe: € 5.000) sowie Johannes Holsts „Amerikanischer Klipper im Sturm“ und sein „Dreimaster auf bewegter See“ (Taxe je: € 3.500) zum Aufruf.