Aus aktuellem Anlass wird Lempertz in diesem Frühjahr keine Kunstwerke aus China versteigern; diese Auktion ist in den Herbst verschoben worden. Die jetzige Offerte umfasst Kunst aus Indien, Südostasien und Japan. Darüber hinaus wird die bedeutende Netsuke-Sammlung aus dem Nachlass von Albert Brockhaus versteigert.INDIEN / SÜDOSTASIENAn der Spitze dieser Offerte steht eine sehr große Figur eines bekrönten und geschmückten Buddha aus Pagan, Birma. Das wohl im 12./13. Jh. in Teakholz gearbeitete, 189,9 cm große Bildnis des gekrönten und geschmückten Buddhas wird unterschiedlich interpretiert: Es kann sich hier nicht um den historischen Buddha Shakyamuni handeln, der reiche Schmuck legt die Vermutung nahe, dass Maitreya dargestellt ist, der Buddha der Zukunft, der als geschmückter bodhisattva auf seine Wiedergeburt hofft. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Figuren auch um Idealportraits verstorbener Könige und Adeliger in Pagan. Denn einige von ihnen hinterließen Schriften, aus denen hervorgeht, dass sie sich für erleuchtete buddhistische Herrscher hielten, die in ihren Leben außerordentliche Verdienste angehäuft hatten und daher die Chance hatten, als Buddha wiedergeboren zu werden. Oder es handelt sich um eine Kombination dieser Möglichkeiten: Die Darstellung eines historischen Königs, der als Maitreya wiedergeboren wird (Lot 29, € 30/50.000).
JAPANAn der Spitze der japanischen Kunst steht Morita Shiryû (1912 – 1998) mit seinem 80 x 160 cm messenden Schriftzeichen "ju" (Baum, Holz) aus dem Jahr 1989. Zu seinem Stil hat Morita um 1960 gefunden: temperamentvoll gemalte Zeichen, in breiten Bahnen und zu Spritzern explodierend. Bewegung wird zur Gestalt. Der Gehalt und die tiefe Bedeutung eines Schriftzeichens waren für ihn Ausgangspunkt. Mitte der 1960er-Jahre begann er (bis in die 1980er-Jahre) mit neuen Materialien zu experimentieren, mit Aluminiumpaste auf mehreren Schichten schwarzen Papiers. Die Fläche wurde anschließend mit Naturlack überfangen, dessen gelbliche Tönung den Zeichen einen Goldton verlieh. Die notwendigerweise pastos wirkende Aluminiumpaste ließ die Pinselbewegung deutlich zum Ausdruck kommen. Sie bewirkt eine Steigerung der Linie und fügt Räumlichkeit hinzu (Lot 173, € 70/90.000).
Aus der wie stets umfangreichen Holzschnittofferte ragt Katsushika Hokusai (1760–1849) Ôban, yokoe mit dem Titel Sanka haku-u (Gewitter am Fuße des Fuji) aus der Serie Fugaku sanjûrokkei heraus (Lot 212, € 18/25.000).
Ein weiteres bemerkenswertes Lot sind zwei in Holz gearbeitete, 115,6 cm große Niô mit Resten alter Fassung aus dem 18./19. Jh. (Edo-Periode). Die fast immer überlebensgroß dargestellten Zwei Könige (Niô), auch Kongô Rikishi genannt, halten mit furchterregenden und abwehrenden Gebärden zu beiden Seiten eines buddhistischen Tempeleingangs Wache. Durch ein Gitter sind sie in den Nischen vor dem Zugriff der Besucher geschützt. Sie gewähren Gesundheit und Körperkraft und wurden von Postkurieren verehrt, die ihre ausgedienten Strohsandalen an die Gitter hingen (Lot 37, € 15/20.000). Das reguläre Netsuke-Angebot wird von einer feinen, 3,5 cm großen Elfenbeinarbeit eines Shishi mit Ball aus dem 19. Jh. überragt (Lot 318, € 11/13.000).
NACHLASS DER NETSUKE-SAMMLUNG ALBERT BROCKHAUSDie insgesamt 200 und allesamt marktfrischen Stücke aus dem Nachlass des bedeutenden Leipziger Enzyklopädie-Verlegers spiegeln nicht nur die Leidenschaft von Albert Brockhaus (1855–1921) für das Sammeln wider, sondern auch dessen Anspruch an enzyklopädischer Vollständigkeit, die das Bedürfnis des Sammlers zeigen, das gesamte Spektrum an göttlichen und menschlichen Gestalten, Tieren, Pflanzen und Gegenständen zu dokumentieren.. Die mit großem Motiv- und Materialreichtum und teils über 100 Jahre alten Provenienzen zusammengetragenen Stücke bilden den Kern des Netsuke-Angebotes unserer kommenden Auktion. Einer der Höhepunkte der Sammlung ist das von Mitsuharu Kyoto signierte, 6,5 cm große Netsuke eines Pferdes aus der Mitte des 18. Jh. Die kräftig modellierte Arbeit mit sehr feinen Details ist mit € 18/25.000 bewertet (Lot 536).