EINVERNEHMLICHE LÖSUNG FÜR RESTITUTIONSBEGEHREN Ketterer Kunst versteigert Pechstein mit beeindruckender ProvenienzSeit 2011 hält Ketterer Kunst den Weltrekord für eine Arbeit von Hermann Max Pechstein. In seinem Evening Sale im Rahmen der Saalauktion am 9./10. Juni 2023 in München präsentiert Deutschlands führendes Auktionshaus für Kunst ab 1900 nun mit „Die Ruhende“ erneut ein außergewöhnliches Werk des deutschen Expressionisten. Wie auch Emil Noldes „Buchsbaumgarten“, der erst im Dezember 2021 bei Ketterer Kunst auf den Spitzenerlös von € 2.185.000 gehoben wurde, stammt auch Hermann Max Pechsteins „Die Ruhende“ aus der renommierten Sammlung Dr. Ismar Littmann. „Arbeiten dieser Qualität und Provenienz sorgen für Sternstunden auf dem Auktionsmarkt“, so Robert Ketterer, Auktionator und Inhaber von Ketterer Kunst. „Dass die Einlieferer ihr Vertrauen in unser Haus setzen, beflügelt unsere Motivation diesem Meisterwerk die gebührende internationale Bühne zu bieten. Dabei freut es mich besonders, dass mit der einvernehmlichen Restitution an die Erben nach Dr. Ismar Littman ein großes deutsches Museum eine Bankeneinlagerung als verfolgungsbedingten Verlust anerkennt. Das ist ein historisch starkes Zeichen für den verantwortungsbewussten Umgang mit Kunstwerken aus jüdischem Eigentum.“
DIE ENTSTEHUNG DES WERKESWas das Sujet betrifft, so dürften Edvard Munch und Paul Gauguin ihren deutschen Malerkollegen der Avantgarde Hermann Max Pechstein zu seinem bedeutenden Werk „Die Ruhende“ inspiriert haben. Es entsteht 1911, genau in der Phase seines künstlerischen Durchbruchs in Berlin, in einer Zeit, die der Künstler selbst als berauschend empfindet, ist sie doch geprägt von Charlotte Kaprolat. Er lernt „Lotte“ im Atelier seines Bildhauerkollegen Georg Kolbe kennen. Bald bezieht er mit ihr eine gemeinsame Wohnung und heiratet sie im Entstehungsjahr von „Die Ruhende“. Es ist Lottes ausdrucksstarke Persönlichkeit, die den Künstler zu ebensolchen malerischen Ausnahmewerken anspornt.
DIE HISTORIE DES WERKESBis zum 23. September 1934 befindet sich Pechsteins „Die Ruhende“ in der bedeutenden Sammlung von Dr. Ismar Littmann, die dieser ab den späten 1910er Jahren aufbaut. Sie enthält auch wichtige Werke von Otto Mueller, Käthe Kollwitz, Emil Nolde, Alexander Kanoldt und Lovis Corinth. Zu einigen der Genannten hat Littmann eine enge persönliche Verbindung. Gerade mit dem Ankauf von Werken des „Brücke“- Künstlers Max Pechstein zeigt sich sein Gespür für die Kunst seiner Zeit. Wegweisend für die folgenden Jahre erwirbt er schon früh Gemälde des Künstlers, als dieser von nur wenigen Privatsammlern gewürdigt wird.
Der Rechtsanwalt und Notar wird zur Ikone der Breslauer Kunstszene und seine Expressionismus-Kollektion eine der bedeutendsten des 20. Jahrhunderts. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten darf der wohlhabende Jurist und großzügige Mäzen und Förderer der modernen, progressiven Kunst seinen Beruf nicht mehr ausüben. Er gerät in große wirtschaftliche Schwierigkeiten. 1934 wird er in den Selbstmord getrieben. Seine Witwe und die vier Kinder werden wegen ihrer jüdischen Abstammung vom nationalsozialistischen Regime verfolgt und müssen ihre Kunstsammlung veräußern um die Flucht zu finanzieren.
Rund 200 Arbeiten aus der Sammlung Littmann werden im Februar 1935 im Berliner Auktionshaus Max Perl versteigert, darunter auch Sicherungsübereignungen der Familie an verschiedene Breslauer Banken, denn im Zuge der Weltwirtschaftskrise war Dr. Ismar Littmann gezwungen, Teile seiner Sammlung Breslauer Banken als Sicherheit für Kredite zu überlassen. Bis Mai 1933 gelingt es ihm immer wieder Gemälde auszu- lösen. Das Berufsverbot setzt dem jedoch ein Ende und viele Arbeiten verbleiben bei den Banken. So gelangt auch „Die Ruhende“ in die Sammelversteigerung bei Max Perl.
Das im Katalog auf 150 Reichsmark geschätzte Werk wird trotz dieses Schleuder- preises nicht verkauft und geht zurück an die Bank. Laut eines Kaufvertrags vom 15. August 1935 wird es Teil eines beispiellosen Kunstdeals: Das Land Preußen erwirbt en bloc von der Bank über 4000 Objekte, denen meist Kredite zugrunde liegen, deren Schuldner ab 1933 oft antisemitischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sind und damit die Kreditraten nicht bedienen können.
So gelangt „Die Ruhende“ als Glanzstück der Sammlung in die Nationalgalerie Berlin. Im Jahr 2022 wird sie, ebenso wie ein „Selbstbildnis“ vom Gründungsmitglied der „Novembergruppe“ und Vorreiter der Neuen Sachlichkeit Wilhelm Schmid aus derselben Kollektion, das ebenfalls im Rahmen der Juni-Auktionen bei Ketterer Kunst zum Aufruf kommt, in gegenseitigem Einvernehmen an die Erben nach Dr. Ismar Littmann restituiert. Damit wird vergangenes Unrecht nicht nur anerkannt, sondern es wurden auch die entsprechenden Konsequenzen gezogen.
Für Hermann Max Pechsteins Meisterwerk aus bester Provenienz beginnt mit der Juni- Auktion bei Ketterer Kunst ein neues Kapitel. Auktionator Robert Ketterer ist überzeugt: „Dieses fantastische Werk mit seiner bewegten Geschichte und den Stationen seiner Provenienz hat großes Potential in der Auktion und wird seinen spannenden Weg fortsetzen.“
Mit Paul Kleinschmidts „Schloss Burgau bei Wasserburg am Inn“ aus dem Jahr 1909 (Taxe: € 12.0000-15.000) sowie Wilhelm Schmids „Selbstbildnis“ (Taxe: € 10.000- 15.000), das um 1925 entstanden ist haben insgesamt drei Werke aus der Sammlung Dr. Ismar Littmann ihren Weg in die Auktion gefunden.
AUKTION IN MÜNCHEN09. Juni Contemporary Art / Evening Sale10. Juni 19th Century Art / Modern Art