Die Frühjahrsauktionen im Hause Dr. Jürgen Fischer werden traditionell mit dem Spezialgebiet der gläsernen Kunst eröffnet. Die Experten trugen für die Auktion "Europäisches Glas & Studioglas" wieder einmal erlesene Stücke in ihrer ganzenVielfalt vom 16. bis zum 20. Jahrhundert zusammen.In der Sparte des alten Glases finden sich gerade für Sammler ausgewählte Stücke des äußerst zerbrechlichen Materials, die die Jahrhunderte unbeschadet überdauerten. Beispielsweise steht die venezianische Glaskunst bis heute für ausgesprochene Qualität – ein Belegstück dafür ist die über dreihundert Jahre alte Deckeldose mit netzartig eingeschmolzenen Milchglasfäden und Luftblasen, auch „vetro a reticello“ genannt, die in keiner Sammlung fehlen sollte (Taxe 1.500-2.000 €). Ein ausgefallenes Zeugnis handwerklicher Glasfertigung ist ein Zwischengoldbecher, der in Böhmen um 1730 entstand, und zwischen Glasschichten in feinster Lackmalerei auf Silberfolie mehrere Szenen mit musizierenden Nonnen zeigt (Taxe 1.000-1.500 €). Mit 2.400 € hingegen ist ein Lauensteiner Jagdpokal angesetzt, datiert zwischen 1750 bis 1760, der mit einer üppig geschnittenen Landschaft- und Tierwelt besticht.
Durch und durch fürstlich darf ein Becher mit dem transparent gemalten Kurfürstenwappen von Friedrich II. von Württemberg bezeichnet werden, der der meisterlichen Hand Johann Georg Bühlers 1803 entsprang und auf 900 bis 1.200 € geschätzt ist. Ebenfalls mit feinster Transparentemailbemalung besticht der im Wien um 1820 entstandene Zylinderbecher des bekannten Anton Kothagsser, dessen Signatur das Glas zweifellos als eine Arbeit seiner Hand identifiziert und den Startpreis von 2.500 € mehr als rechtfertigt. Ein weiteres Highlight des alten Glases ist der Steinglasbecher von Friedrich Egermann, dessen ausgewogener Dekor mit Farblasuren und Gold ebenfalls eine Taxierung ab 2.500 € veranlasst.
Die eigene Jugendstilsammlung zu erweitern...dazu verführt gewiss die sowohl qualitativ als auch quantitativ hochwertige Offerte der begehrten Glassparte. Daum Frères, Emile Gallé, Verreries Schneider oder Gabriel Argy-Rousseau zählen zu den bedeutenden Manufakturen des französischen Jugendstilglases! So würde eine bedeutende Tischlampe mit Margeriten von Emile Gallé, hergestellt um 1905 zu 11.000 - 13.000 € mit Sicherheit jeder Glassammlung gefühlt den Sommer ins Hause bringen. Wer dagegen lieber ein Meeresrauschen beim Anblick seiner Glaslieblinge hört, sollte sich die Pâte de verre - Vase von Argy-Rousseau mit Krabbendekor vormerken, die für mindestens 10.000 € einen neuen Besitzer finden kann. Des Weiteren runden gläserne Schätze der Fachschule Steinschönau, Loetz Wwe. Poschinger oder Moser das vierhundert Stück starke Jugendstil-Angebot ab. Exemplarisch ist besonders die vierkantige Schalenvase mit gewellter Mündung und expressivem Wellendekor von Loetz Wwe. hervorzuheben, deren seltene Form- und Farbkombination sicherlich zahlreiche Interessierte auf den Plan rufen wird (Taxe: 8.000-10.000 €).
Die italienischen Klassiker der 1950er Jahre waren bereits in den letztjährigen Glasauktionen sehr begehrt und werden auch diesmal in breiter Auswahl angeboten, so beispielsweise eine Murrineschale im antizipierten Memphis-Look von Carlo Scarpa für Venini, moderat taxiert auf 12.000 - 15.000 € oder eine "Scozzese" von Fulvio Bianconi & Paolo Venini (Entwurf) für Venini, die um 1957 entstand und bereits im Venini Museum zahlreichen Besuchern Freude bereitete. (Taxe 6.500 - 7.500 €). Farbenfroh und humorvoll sind Dino Martens in Murano umgesetzte Entwürfe, wie die mit dem weiblichen Vornamen "Geltrude" titulierte Vase mit einem Startpreis vom 20.000 € bestens deutlich macht: zwischen bunten Glasplatten findet sich erst auf den zweiten Blick das zum Namen passende Gesicht. Otto Dix', einer der wichtigsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts, wendete seine der Neuen Sachlichkeit verpflichtete Formensprache nicht nur in der Malerei an, sondern erprobte seine künstlerische Fertigkeit auch auf dem Gebiet des Glases. Das 1959 geschaffene Glasfenster mit dem biblischen Sujet "David vor Saul" wird sicherlich jeden Dix' Kenner begeistern (Taxe 12.000-15.000 €). Ein Unikum ist Dale Chihulys Zylindervase nicht nur in hinsichtlich ihres Design: Sie wurde von dem amerikanischen Künstler tatsächlich nur einmal im Jahre 1978 gefertigt und zählt damit zu einem der Highlights der Studioglas-Sparte (Taxe 3.000-3.500).