Es entwickelt sich eine internationale Bewegung, die seit dem Jahr 2000 mit einer gemeinsamen Website – gigposters.com – auftritt und aus der die Flatstock Poster Convention hervorgeht: Am Rande von großen Rockmusik-Festivals treffen sich die Siebdrucker und bieten ihre Arbeiten an. 2002 findet die erste Flatstock Poster Convention in San Francisco statt. Ein neues Zentrum der Bewegung wird Austin, Texas, wo auf dem South by Southwest Festival (SXSW) alljährlich die größten Treffen stattfinden. Hier hat auch das American Poster Institut seinen Sitz, das die Zusammenkünfte koordiniert und organisiert. Nach der 50. in Chicago und der 51. in Seattle folgt vom 23. bis 26. September 2015 das 52. Treffen im Rahmen des Reeperbahn Festivals in Hamburg, wo auch 2006 die erste nichtamerikanische Flatstock Poster Convention überhaupt veranstaltet wurde. Die Ausstellung gibt Einblick in die Geschichte der Bewegung und in die Hamburger Entwicklung, stellt typische Plakate aus den USA und Europa sowie deren grafisch-künstlerischen Anspruch vor, zeigt bespielhaft Plakate für die Bands Sonic Youth und The Melvins und widmet den wichtigsten Künstler je ein Kapitel: Art Chantry, Coop (Chris Cooper), Mat Daly, Justin Hampton, Derek Hess, Frank Kozik, Dan MacAdam aka Crosshair, Tara McPherson, Jay Ryan, Fort Thunder (Künstlerkollektiv). Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit der Hamburger Galerie Feinkunst Krüger, der Flatstock Poster Convention und dem Reeperbahn Festival.
Die Bewegung beginnt vor gut 25 Jahren im Südwesten und Westen der USA. Die Westküste ist nach wie vor ein Zentrum neuer Musikströmungen, vor allem aber gibt es hier in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die sogenannten West Coast Rock Poster. Künstler wie Victor Moscoso, Rick Griffin, Stanley Mouse oder Wes Wilson entwerfen Plakate für die örtlichen Veranstalter in einer eigenwilligen, vom Jugendstil beeinflussten Formensprache. Die fast unleserliche Schrift zieht sich verwirrend über das halbe Blatt und umspielt die Motive, die einem Alfons Mucha-Plakat hätten entsprungen sein können. Man spricht von psychedelischen Plakaten und findet rasch Anhänger und Sammler. Als gut zwanzig Jahre später eine neue Generation von Künstlern mit Konzertplakaten beginnt, bezieht sie sich direkt auf dieses Vorbild. Zunächst sind es Einzelgänger wie Frank Kozik oder Art Chantry, die mit frechen Motiven und einer dem Comic nahestehenden Zeichnung schon bald Erfolg haben. Derek Hess, Coop (Chris Cooper), Jay Ryan und viele andere stoßen im Laufe der 1990er Jahre hinzu. Schon bald setzen sich Regeln für die Gig-Poster durch: Sie dürfen ausschließlich in Absprache mit den Bands oder den Veranstaltern entstehen. Und sie werben tatsächlich für ein bestimmtes Konzert. Allerdings werden diese Plakate nur in seltenen Fällen tatsächlich plakatiert – das ließen der aufwändige Druck und die kleine Auflage nicht zu. Vielmehr haben sie eher den Charakter von Fan-Artikeln und werden wie diese im Anschluss an die Konzerte verkauft.
Auch wenn es bereits in den 1990er Jahren eine größere Zahl von Künstlern gibt, die sich auf diese Siebdruckplakate spezialisiert haben, kann noch nicht von einer einheitlichen Bewegung gesprochen werden. Dazu kommt es erst, als im Jahr 2000 eine Website eingerichtet wird, die sich schnell zu einer gemeinsamen Plattform entwickelt. gigposters.com versammelt mittlerweile mehrere tausend Künstler aus aller Welt und bietet hunderttausende von Abbildungen, die man sich, nach Künstlern oder nach Bands geordnet anschauen kann. Die Website zeigt den Umfang und den Reichtum der Bewegung auf. Es kommt zu einer neuen Entwicklung: Künstler finden sich zusammen und treten am Rande von großen Rockfestivals als Gruppe auf, die ihre Werke den Konzertbesuchern anbietet. Dabei kommen nur Festivals in Städten infrage, denn bei Veranstaltungen auf der grünen Wiese landet der Siebdruck beim nächsten Regen oft im Schlamm. In Austin, Texas, wurde das American Poster Institute (API) gegründet, das die Flatstock Conventions organisiert und auf das Einhalten der Regeln achtet. Das Wort Flatstock leitet sich ab vom englischen Wort für Druckstock und bezieht sich zugleich auf das legendäre „Woodstock-Festival“ im August 1969. Austin bleibt bis heute das Zentrum der Bewegung, da hier, mit dem South by South West Festival (SXSW), alljährlich das weltweit größte innerstädtische Rock-Festival organisiert wird. Andere Festival-Städte wie San Francisco, Seattle oder Chicago kommen hinzu und seither finden in den USA jährlich drei bis vier Flatstock Conventions statt. Es entwickelt sich eine fortlaufende Zählung.
Seit 2006 gehört Hamburg mit seinem Reeperbahn Festival zu den Austragungsorten der Flatstock Convention, zunächst als einzige Stadt außerhalb der USA. 2013 kommt Barcelona hinzu. Anfänglich gibt es in Hamburg eine getrennte Zählung der Flatstock Conventions – man spricht von „Flatstock Europe 1“. Inzwischen ist die Zählung vereinheitlicht: Die zehnte Hamburger Flatstock Convention, die in diesem September begangen wird, ist die 52. insgesamt. Viele der Künstler, die mit Gig Postern begannen, sind heute weltweit bekannt und als Illustratoren und Designer in vielen Bereichen tätig. Stars wie Tara McPherson oder Frank Kozik entwickeln eigene Produktlinien oder entwerfen große Werbekampagnen.
Eine entscheidende Eigenschaft der Gig Poster ist ihre Drucktechnik. Bis auf ganz wenige Ausnahmen handelt es sich um Siebdrucke. Der Siebdruck ist ein vergleichsweise einfaches Druckverfahren, das in einer kleinen Werkstatt und von Hand betrieben werden kann. Die Farbe wird durch ein feinmaschiges Gitternetz mit einer Rakel auf das Blatt gepresst. Dort, wo das Sieb beschichtet ist, gelangt keine Farbe hindurch. Die Zeichnung oder das Motiv werden mit fotografischen oder einfacheren Kopier-Techniken auf das Sieb aufgebracht. Die Anzahl der Farben bestimmt die Zahl der Druckvorgänge, die für jedes Blatt benötigt werden. Von Vorteil ist die starke Leuchtkraft der Farben, die der Siebdruck ermöglicht. Künstler wie Frank Kozik wählen darüber hinaus häufig Leuchtfarben, das sogenannte „Dayglow“, so dass die Drucke an Signalwirkung kaum zu übertreffen sind. Schon bald gehen die Künstler dazu über, ihre Plakate zu signieren und nummerieren. Die Auflage eines Druckes wird wie bei der für den Kunstmarkt bestimmten Grafik limitiert, die einzelnen Abzüge gelten damit als Kunstobjekt.
Öffnungszeiten: Di –So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 UhrEintrittspreise: 10 € / 7 €, Do ab 17 Uhr 7 €, bis 17 Jahre frei
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