Das Belvedere würdigt im Herbst dieses Jahres den Bildhauer des Spätbarock Johann Georg Pinsel mit einer Ausstellung im Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen. Bis heute gibt dieser Künstler der Forschung Rätsel auf: Über sein Leben, seine Herkunft und seine Ausbildung ist wenig überliefert. Seine Vornamen sind erst vor wenigen Jahren identifiziert worden, und Geburtsdatum und -ort liegen gänzlich im Dunkeln. Pinsel war im Gebiet um Lemberg tätig, das heute Teil der Ukraine ist und zu seinen Lebzeiten noch zu Polen gehörte. Vergleichsweise gut bekannt ist das Œuvre des Bildhauers. An der Seite des Architekten Bernard Meretyn stattete er vor allem Kirchen zwischen Lemberg und Butschatsch (poln. Buczacz) mit ausdrucksstarken Skulpturen aus Holz und Stein aus. Mit seinen expressiven Bildwerken, die nachweislich in einem kurzen Zeitraum von gut einem Jahrzehnt entstanden sind, sollte er die Bildhauerei in der Region in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entscheidend prägen.Die enorme Expressivität seiner Figuren beruht nicht allein auf deren Mimik und Gestik, sondern vor allem auch auf der oft ausufernden Gestaltung der Gewänder. Mit seiner dramatischen Formensprache wurde Pinsel zur zentralen Figur der Lemberger Barockskulptur, die zwischen 1740 und 1790 ein ausgesprochen hohes künstlerisches Niveau und eine erstaunliche stilistische Geschlossenheit erreichte.
Unter sowjetischer Herrschaft wurden viele von Pinsels Werken aus Sakralbauten entfernt oder zerstört. Während die einen dem Verfall preisgegeben wurden, konnten andere gerettet werden und gelangten in museale Obhut. Die Ausstellung stellt den Bildhauer erstmals in Österreich vor. Neben über zwanzig Exponaten von Pinsel und seiner Werkstatt werden auch Werke österreichischer Maler des Spätbarock wie Franz Anton Maulbertsch und Paul Troger aus dem Bestand des Belvedere zu sehen sein. In den Räumlichkeiten des Winterpalais wird sich ein barockes Spektakel expressiver Mal- und Schnitzkunst entfalten.