Wie stellt man einen Künstler aus, der sich selbst als Bildkritiker bezeichnet und vergleichsweise wenige bildnerische Werke hinterlassen hat, der den meisten vor allem durch seine Auftritte als Performer und Musiker im Gedächtnis geblieben ist? Die Kunstvilla antwortet auf diese Frage mit der Ausstellung „Du sollst Dir kein Bild machen“, die anlässlich des fünften Todestags des Nürnberger Ausnahmekünstlers Giorgio Hupfer vom 26. 10. 2017 bis zum 8. 4. 2018 in der Kunstvilla zu sehen sein wird.In Archiven als „Person zu neuen Formen der Kunst“ geführt, lässt sich das Schaffen von Giorgio Hupfer (1958 – 2012) nur schwerlich auf einen Nenner bringen. Er selbst bezeichnete seinen Arbeitsansatz als „grundsätzlich inhaltlich“. Für seine „Ideen- und Gedankensysteme“ habe er sich „zahlreiche Möglichkeiten in Wort, Bild und Ton erarbeitet“, hielt Hupfer 2006 fest.
Wie viele Künstler seiner Generation zweifelte Giorgio Hupfer am überlieferten Begriff des Bildes als Bedeutungsträger. Als Meisterschüler und Assistent von Georg Karl Pfahler entwickelte Hupfer indes früh ein Interesse an Farbtheorien und begann zunächst mit großformatigen informellen Leinwänden. Anfang der 1990er-Jahre kam es zu einem Bruch in seinem Schaffen, in dessen Folge Hupfer fast sein gesamtes Frühwerk vernichtete. Der Rest wurde größtenteils überarbeitet, woraus eine schwer zu durchdringende Mehrschichtigkeit entstand. Später konzentrierte sich Hupfer auf monochrom eingefärbte Büttenpapiere, deren Farbbezeich- nungen er etwa in Performances erzählerisch assoziierte. Als Zeichner schuf Hupfer GEDÄCHTNISPROTOKOLLE, mit deren ornamentalen Strukturen er das alttestamentarische Bilderverbot umging. Seit den 1980er-Jahren erprobte Hupfer daneben ein Rollenspiel, das ihn verschiedene Identitäten annehmen ließ. Angefangen mit der Umbenennung seines Geburtsnamens Georg in Giorgio über Joe Hopper und Elias Hopper – stets standen seine wechselnden Namen auch für unterschiedliche Identifikationsmöglichkeiten, die er vor allem in seinen Auftritten erprobte. Als Erzähler, Dichter und Sänger spielte er auf der Klaviatur menschlicher Höhen und Tiefen, konnte einen trägen Nachmittag in Italien genauso einfühlsam schildern wie sexuelle Begierde drastisch.
Die Ausstellung „Du sollst Dir kein Bild machen“ zeigt rund 40 Bildwerke. Sie stellt bekannte ebenso wie unveröffentlichte Werke vor. Neben Hupfers großen Rauminstallationen JEWELS und VON DER ANHÖHE beeindrucken das titelgebende Triptychon ROMA oder DU SOLLST DIR KEIN BILD MACHEN und die zarten INDIAN FLOWERS. Aus dem Nachlass wurden Werke ausgewählt, die Hupfers Werdegang vom Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bis zu seinem Spätwerk anschaulich machen. Eine Hörstation gibt einen Eindruck von Hupfers musikalischem Œuvre, während eine Filmrolle Ausschnitte aus seinen Performances, Konzerten und Filmen zeigt. Sein Hauptwerk, die Performance HERZ ODER STERN aus dem Jahr 2008, wird mittels einer Projektion wieder zum Leben erweckt.
Als besonderes Highlight konnte im Vorfeld der Ausstellung der 1989 fertig gestellte Film THE ROLE, den Hupfer drei Jahre lang gemeinsam mit Christoph Gerling und Max Baumer realisierte, neu digitalisiert und mithilfe von im Nachlass aufgefundenen Tonspuren synchronisiert werden. Das Filmhaus Nürnberg zeigt das an bekannten Nürnberger Schauplätzen gedrehte cineastische Kleinod, an dem zahlreiche Nürnberger Kunstschaffende vor und hinter der Kamera mitwirkten, vom 24. bis 29. 11. 2017 in der Abendvorstellung.
„Du sollst Dir kein Bild machen“: Ein Gesamtkunstwerk für einen vernetzt denkenden, multimedial arbeitenden Künstler.
Zur Ausstellung erscheint ein Begleitband als Bd. 10 der Schriftenreihe der Kunstvilla im KunstKulturQuartier (128 S., durchgängig farbig bebildert, mit Texten von Andrea Dippel, Volker Koch und Christian Mückl, 19 Euro in der Ausstellung, 29 Euro im Buchhandel)