Die Kestner Gesellschaft präsentiert die Ausstellung der Berliner Künstlerin Nevin Aladağ (*1972 in Van, Türkei) mit dem Titel »Best Friends« in der Claussen-Halle. Nevin Aladağ setzt sich in ihren Werken mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen nach der Selbstbestimmung von Identität und der Hybridisierung kultureller Räume auseinander. Auf der documenta 14 wurde ihr Werk einem breiten Publikum vorgestellt. Mit der Ausstellung präsentiert die Kestner Gesellschaft ein experimentelles Format: In nur einem Raum wird sich die Schau über zwei Laufzeiten entfalten. Im ersten Teil der Ausstellung, der Ende August 2018 eröffnet, werden anhand der Fotoserie »Best Friends« (2012-2015) und der Videoarbeit »Hochparterre [Mezzanine]« (2009/2010) die Themen Freundschaft, Nachbarschaft und gesellschaftliches Zusammenleben verhandelt. Im zweiten Teil, der im Dezember 2018 startet, verändert sich die Ausstellung und wird durch neue Werke ergänzt.
Schauplatz der Filme, Fotografien, Installationen, Skulpturen und Performances von Nevin Aladağ ist oftmals der öffentliche Raum, in dem das Spannungsverhältnis zwischen Gemeinschaft und Individualität, zwischen Zugehörigkeit und Abgrenzung besonders deutlich wird.
»Best Friends« zeigt beste Freundinnen und Freunde, deren Verbindung sich durch Aussehen, Körpersprache und Kleidungsstil ausdrückt. Imitation und Angleichung, ob bewusst oder unbewusst, manifestiert die Freundschaft und lässt die Porträtierten zu einer Einheit werden. Für die Entstehung dieser Fotografien betreibt Aladağ Feldforschung etwa in den Straßen von Los Angeles, Dortmund oder Berlin. So können die Fotos auch als Porträts der Städte verstanden werden. Erstmals zeigt Nevin Aladağ die Bilder auf überlebensgroßen Bannern. Die Abbilder der Freundschaften werden dadurch für die Betrachterinnen und Betrachter auch körperlich erfahrbar gemacht.
Für das Video »Hochparterre [Mezzanine]« hat die Künstlerin zahlreiche Interviews mit Anwohnerinnen und Anwohnern der Großen Bergstraße in Hamburg-Altona geführt. Aladağ stellte den Menschen Fragen über das Zusammenleben in dieser diversen Nachbarschaft und befragte sie auch zu ihrer Meinung über die Entwicklungen in ihrer Stadt. Einzelne Passagen der Tonaufzeichnungen wurden zu einer Soundcollage zusammengefügt. Im Video werden die verschiedenen Stimmen von einer einzigen Schauspielerin lippensynchron wiedergegeben. Durch die Diskrepanz zwischen dem Gehörten und dem visuellen Eindruck ihrer Mimik und Gestik werden die Kriterien für die Zuschreibung von Identitäten herausgefordert. Das Video gehört zu einer dreiteiligen Serie, die auch die Hauptstädte Berlin und Wien in den Fokus nimmt.
Der architektonische Charakter der Claussen-Halle als ein von allen Seiten zugängliches Atrium spiegelt die Idee des offenen bzw. öffentlichen Raumes wider. Das experimentelle Ausstellungsformat gibt Gelegenheit zu einem intensiven Austausch über die gesellschaftsrelevanten Themen in Aladağs Arbeiten und wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet.
Nevin Aladağ wurde 1972 in Van (Türkei) geboren. Sie studierte von 1993 bis 2000 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste München bei Olaf Metzler. Seit 2002 lebt und arbeitet Aladağ in Berlin. 2018 gewann die Künstlerin den Ernst-Rietschel-Kunstpreis für Skulptur. Aladağ war unter anderen Teilnehmerin der documenta 14 in Athen und Kassel (2017), der 57. Biennale von Venedig (2017), der Sharjah Biennale (2013) und der 11. Istanbul Biennale (2009).
Ihre Arbeiten wurden weltweit in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt, darunter in der Kunsthalle Hamburg (2016/17); Kunstmuseum Linz (2016/17); Kunstmuseum Wolfsburg (2016); Marta Herford (2016); Kunsthalle Basel (2014/15); Schirn Kunsthalle Frankfurt (2014); Mathildenhöhe, Darmstadt (2012); Haus der Kunst München (2011); MOT – Museum of Contemporary Art Tokyo (2011); Hayward Gallery, London (2010); Kunsthaus Zürich (2008); und Museo Tamayo, Mexico City (2006).
Arbeiten von Nevin Aladağ sind in internationalen Sammlungen vertreten, unter anderen in der Pinakothek der Moderne, München; Kunstmuseum Stuttgart, Neue Nationalgalerie, Berlin; Sammlung für zeitgenössische Kunst der Bundesrepublik Deutschland, Bonn; Museum Tinguely, Basel; Centre Pompidou, Paris; Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Wien; K11 Art Foundation, Shanghai und Hong Kong.
Die Ausstellung wird unterstützt vom Förderkreis der Kestner Gesellschaft.
Kuratorin: Christina VéghKuratorische Assistentin: Lea Altner