Der Künstler und Grafiker Hendrik Nicolaas Werkman war eine der herausragenden Persönlichkeiten der niederländischen Avantgarde. In seinem Heimatland gilt er als einer der Wegbereiter der Moderne und Protagonist auf dem Feld experimenteller Druckgrafik. Zu seinem 70. Todestag im Jahr 2015 wurde Werkman mit einer großen Überblicksausstellung im Groninger Museum gefeiert. Diese Ausstellung wurde auch im Städtischen Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen gezeigt und kann nun im 100. Gründungsjahr der Groninger Künstler- vereinigung De Ploeg, zu der auch Werkman zählte, in Schwerin eröffnet werden. Die Schau fokussiert Werkmans druckgrafische Arbeiten und gibt Einblicke in die Rezeption seines Werks in der deutschen Kunst nach 1945.Werkman begann seinen Weg um 1900, zunächst als Druckerlehrling und Journalist. 1908 gründete er in Groningen seine eigene Druckerei. Als Drucker arbeitete Werkman sehr experimentell, seine typografisch eigenwilligen Drucke bilden den Kern seines Œuvres. Später erweiterte er seine Ausdrucksmittel um Schablonen-, Stempel- und Walztechniken.
Die Zeitschrift The Next Call, die Werkman ab 1926 herausgab, bot ihm ein internationales Podium für seine Kunst. Gerade in den 1920er und 1930er-Jahren waren Künstler-Zeitschriften ein wichtiges Medium zur internationalen Verbreitung der Avantgarde-Bewegungen. So wurden auch Theo van Doesburg und El Lissitzky auf Werkman aufmerksam.
Am 10. April 1945, wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde Werkman von den deutschen Besatzern erschossen. Lag der Grund für die Hinrichtung in der Herstellung illegaler Druckerzeugnisse? Stand der Künstler im Verdacht zum Widerstand zu zählen? Oder war er dem Chaos der letzten Kriegstage zum Opfer gefallen? Die Umstände seines Todes konnten nie geklärt werden.
Anerkennung und Popularität bei einem breiteren Publikum und außerhalb der europäischen Avantgarde-Bewegungen wurden Werkman erst nach dem Zweiten Weltkrieg und somit erst nach seinem Tode zuteil. Bereits im November 1945 organisierte das Stedelijk Museum Amsterdam die erste Werkman-Retrospektive. In Deutschland wurde Werkman in den 1960er-Jahren bekannt. HAP Grieshaber (1909-1981), einer der wichtigsten Grafiker der Nachkriegszeit, initiierte mehrere Ausstellungen und Publikationen. Neben Einzelausstellungen war Werkman 1964 auf der documenta III vertreten, ebenso in der 15. Europarat-Ausstellung Tendenzen der zwanziger Jahre 1977 in Berlin.
In Schwerin wird das Schaffen Werkmans in den wöchentlichen Rendezvous-Veranstaltungen unter vielfältigen Blickwinkeln betrachtet. Eine kleine Druckerei in der Ausstellung ermöglicht den Besuchern, unter Anleitung eigene Druckwerke herzustellen – inspiriert von den sie umgebenden Drucken Werkmans.
Ein umfangreicher Katalog, die erste deutschsprachige Publikation zu Werkman seit 1961, begleitet die Ausstellung.