Die Galerie Thaddaeus Ropac freut sich, ihre dritte Einzelausstellung mit Werken des österreichischen Künstlers Nick Oberthaler ankündigen zu dürfen. Unter dem Titel SEQUEL werden fünf großformatige, vertikal ausgerichtete Leinwände, die in den letzten zwei Jahren entstanden, im Annex der Galerie gezeigt. Der Künstler versteht den Titel SEQUEL [Fortsetzung] als Aufeinanderfolge: weniger als Darstellung einer Art von Zeitlichkeit oder eines bestimmten Narrativs, sondern vielmehr als Fortsetzung malerischer Konzepte und deren Deklination innerhalb einer visuellen Systematik auf der Leinwand.Oberthaler beschäftigt sich in seiner Kunst mit der geometrischen Abstraktion, ihrer Geschichte, ihrem Vokabular und ihrer Lesart, wodurch man von einer Malerei über Malerei sprechen kann. Wie bei der Kunst der Digital Natives üblich, dominiert bei Oberthaler ein technoider Look. Für seine Malerei macht er sich zeitgenössische Reproduktionstechniken zu nutze, collagiert geometrische Formen, kombiniert sie mit Schrift, gegenständlichen Motiven oder verbindet diese mit gestischen und pastosen Elementen. Er markiert Flächen durch Schraffuren, einzelne Stellen durch ein X oder deutet mittels Pfeilen Lese- und Bewegungsrichtungen auf der Leinwand an. Die vom Künstler bevorzugten Farben erinnern entfernt an die Softeis-Farben eines Jonathan Laskers oder die Chroma-Keying-Farben von Heimo Zobernig, wie Christoph Bruckner in seinem Essay, das anlässlich der Ausstellung SEQUEL von Nick Oberthaler entstand, schreibt:
Stresstest. Zur künstlerischen Arbeit von Nick OberthalerDie Beschäftigung mit der gesamtgesellschaftlichen Durchsetzung und Optimierung des Vokabulars der geometrischen Abstraktion, die so ubiquitär ist, dass sie schon gar nicht mehr auffällt, scheint, zumindest diskursiv, immer noch ein gangbarer Weg zu sein. Im größtenteils unbesetzten Raum zwischen dieser Ultima Ratio und der stilistischen Verwaltung des Erbes der Konkreten Kunst bewegt sich die Arbeit des österreichischen Künstlers Nick Oberthaler (*1981), der sich einer Vielzahl von Strategien bedient, um nicht von der Historizität der geometrischen Abstraktion erdrückt zu werden. Eine davon ist es, die geometrische Abstraktion nicht von einem imaginierten historischen Zentrum her zu denken, sondern von ihren Rändern. (Der Künstler besitzt ein breites abstraktionsgeschichtliches Wissen, das von der französischen Supports/Surfaces-Gruppe bis zur belgischen Malerin Marthe Wéry, auch obskure und randständige Positionen umfasst.)
Oberthaler unterzieht die reinen Formen der Abstraktionsgeschichte einem Stresstest, er verbindet sie mit gegenständlichen Motiven, gestischen und pastosen Elementen, rückt sie aber auch in die Nähe zeitgenössischer Reproduktionstechniken, collagiert sie, verwendet sie kontextuell oder in Verbindungen mit funktionalen Gegenständen oder kombiniert sie mit typographischen Elementen. Er interessiert sich nicht so sehr für Abstraktion als Stil, obwohl Stilistisches in der geometrischen Abstraktion sich generell nicht vermeiden lässt, dazu ist das semantische Feld in diesem Bereich zu breit, sondern als exportierbarer Modus und stellt sich so gegen jene, die bloß ein formales Erbe verwalten. Auch entgeht er der Gefahr, das ehemals Konkrete als neuen Naturalismus zu behandeln. Die vom Künstler bevorzugten artifiziellen Farben, die entfernt an die Softeis-Farben eines Jonathan Laskers oder die Chroma-Keying- Farben von Heimo Zobernig erinnern, zeugen davon. Antiessentialistisch und antinaturalistisch ist auch die Tatsache, dass Oberthaler in seinen Werken über geometrische Abstraktion spricht, wobei auch all jene Elemente ins Bild kommen, die mittlerweile zur visuellen DNA westlicher Industriegesellschaften gehören. Er markiert Flächen durch Schraffuren oder dadurch, dass er sie durchstreicht, markiert einzelne Stellen durch ein X oder deutet durch Pfeile Lese- und Bewegungsrichtungen an. Diese Malerei über Malerei ist natürlich quintessentiell eine postmoderne Beschäftigung, unterscheidet sich aber ästhetisch von der Malerei der Neo-Geo-Bewegung, die, abgesehen von den Arbeiten Peter Halleys, eine recht intime, und im Vergleich zu Oberthalers Abstraktion im Zeitalter der Post-Internet Kunst, eine recht malerische war.
Wie bei der Kunst der Digital Natives üblich, dominiert bei Oberthaler ein technoider Look. Bei seinen Arbeiten auf Papier, die oft auf Laserdrucken basieren beziehungsweise deren Technik verwenden, intensivieren sich diese hier ansatzweise dargestellten Zusammenhänge. Medienspezifische Widerstände der Malerei fallen weg zugunsten einer inhärenten Beweglichkeit. Oberthalers Papierarbeiten lassen sich weder auf eine Entwurfsfunktion oder eine nachträgliche Reproduktionsfunktion reduzieren, sondern stellen einen eigenständigen Bereich seines Werkentwurfs dar, der sich allerdings nicht ohne Übersetzungsverluste auf seine meist großformatigen Malereien übertragen lässt.
Text von Christoph Bruckner 2019
BIOGRAPHIENick Oberthaler wurde 1981 in Bad Ischl geboren und studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und der Ecole Supérieure des Beaux-Arts in Genf. Heute lebt und arbeitet der Künstler in Wien und Hamburg. Seine Werke sind in bedeutenden Sammlungen, wie der des 21er Haus/Belvedere Wien, der Landesgalerie Linz und der Caldic Collection/Museum Voorlinden Rotterdam vertreten. Nick Oberthalers Werke wurden international in Ausstellungen gezeigt, wie im Adelaïde in Marseille (Distinct Oscillations Revisited, in Zusammenarbeit mit Wilfrid Almendra, 2018), dem Institut d’Art Contemporain Villeurbanne/Rhône-Alpes (RIDEAUX/blinds, kuratiert von Marie de Brugerolle, 2015), dem Centre d’Art Bastille in Grenoble (The Blackbird Must be Flying, in Zusammenarbeit mit Thomas Julier, 2014/15), dem Museo Hendrik Christian Andersen/ Galleria Nazionale d'Arte Moderna in Rom (Calculated Reserve, kuratiert von Pier Paolo Pancotto, 2014) sowie im Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam (Minimal Myth, kuratiert von Francesco Stocchi, 2012).