Innsbruck, am 11.4.2019 – Im 500. Todesjahr Kaiser Maximilians I. wird dessen größtes Waffendepot, das Innsbrucker Zeughaus, in den Fokus gerückt. Die Sonderausstellung thematisiert die bewegte Geschichte des Gebäudes und seiner Umgebung und gewährt Einblicke in Räumlichkeiten, die ansonsten verborgen bleiben.Kaiser Maximilian I. ist vor allem für seine ausgeklügelten, dynastischen Schachzüge und die zahlreichen Kunstwerke, die er in Auftrag gegeben hat, bekannt. Mit prunkvollen Gemälden seiner Person wollte er für immer in Erinnerung bleiben. Weniger bekannt ist oft, dass Maximilian als „erster Kanonier“ revolutionäre Methoden der Kriegstechnik übernommen hat. Schwarzpulver erweiterte an der Wende zur Neuzeit sein Kriegsmaterial und betrieb die Geschütze, die bei Belagerungen und in Feldschlachten eingesetzt wurden. Um das Rüstzeug zu lagern, wurden sogenannte Zeughäuser gebaut.
Immer stärker wurde der Bedarf nach diesen Waffendepots, als gegen Ende des 15. Jahrhunderts anstatt feudaler Ritterheere vermehrt bezahlte Landsknechte für die Herrscher in den Krieg zogen. Da er ihnen Waffen und Ausrüstung zur Verfügung stellen musste, war es in Maximilians Interesse, diese sicher zu lagern. Im heutigen Stadtteil Dreiheiligen gab er um 1500 den Bau des „Zeughauses an der Sill“ in Auftrag. „Das Zeughaus diente um 1500 als gewöhnliches Waffenlager. Heute beeindruckt der Bau nicht nur ob seiner mächtigen Architektur, sondern auch, weil er als wichtiger Zeuge der maximilianischen Zeit in Innsbruck gilt“, so PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen.
Das Waffenlager wurde damals bewusst außerhalb des mittelalterlichen Innsbruck errichtet, um das explosive Schwarzpulver zu verwahren. Es löste mit der Zeit das alte Lager bei der Innbrücke ab und avancierte zum umfangreichsten und bedeutendsten Arsenal des Habsburgerreiches unter Maximilian. Heute stellt es dessen größten vollständig erhaltenen Zweckbau dar, der nicht durch Zufall in Innsbruck liegt, hat Maximilian doch Tirol zu seinem herrschaftlichen Zentrum und Innsbruck als Residenzstadt auserkoren.
Eine Reise durch 500 Jahre
Die Sonderausstellung umfasst die Zeit von 1500 bis heute, von kaiserlichen Zeiten über die Eröffnung des Museums 1973 und das Hochwasser 1985 bis zum „Kino unter Sternen“ im Innenhof, das auch diesen Sommer wieder tausende Besucherinnen und Besucher anziehen wird. „Das Open-Air-Kino verdeutlicht, dass das Zeughaus ein Teil der Innsbrucker Identität ist und bis heute für die Bevölkerung relevant. Wenn auch zu anderem Zweck als in maximilianischen Zeiten“, so PD Dr.Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen. Ein Highlight der Ausstellung ist der terrestrische Laserscan des Zeughauses und seiner Innenräume. „Der 3D-Scan ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern eine spannende Auseinandersetzung mit dem spätmittelalterlichen Bau durch modernste Technologie. Wie auf einem Rundflug gelangt man durch die massiven Gemäuer des ehemaligen Waffenlagers in das gotische Turmzimmer und in den Dachboden“, so Dr. Claudia Sporer-Heis, Kustodin der Historischen Sammlungen und Kuratorin der Ausstellung. Das Turmzimmer und der Dachboden werden für die Ausstellung erstmals zugänglich gemacht.
In Reproduktionen der Zeugbücher, die im Original in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt sind, ist unter anderem das damals errichtete Gebäude mit Wassergraben, Zugbrücke, Palisadenzaun und Rondellen zu sehen. Darüber hinaus geben sie spannende Einblicke in die Kriegsausrüstung: Sie zeigen unter anderem Lanzen, Speere, Armbrüste und Gewehre sowie Maximilians Kanonen mit sprechenden Namen wie „die schöne Kattl“, „Schnurrhindurch“ oder „Leopard von Wilten“. Insgesamt konnte mit dem im Zeughaus verwahrten Material ein Heer von 30.000 Mann ausgerüstet werden. Die meisten der Kriegsgegenstände, die zum Teil aus wertvoller Bronze gegossen waren, wurden später eingeschmolzen, um daraus neue Modelle oder andere Objekte herzustellen – spätmittelalterliches Recycling sozusagen.
Fundstücke aus der Umgebung
Im Innsbrucker Zeughaus sind einzelne Prachtstücke auch noch im Original zu begutachten, wie etwa ein Brustharnisch und steinerne Kanonenkugeln. Es waren Kinder, die 1974 am Nachbargrundstück rund um ein abgerissenes Gebäude herumtollten und zahlreiche der in der Ausstellung gezeigten Kanonenkugeln aufspürten. Sie brachten diese dem damaligen Museumsleiter, der daraufhin den Fundort aufsuchte und im Keller des Nachbarhauses große Mengen ausfindig machen konnte. „Derzeit laufen Grabungen auf der Nordseite des Zeughauses und man hofft, mehr über die Umgebung des Gebäudes zu erfahren“, so Dr. Claudia Sporer-Heis.
Architektur: das Bauwerk im Fokus
Für die Gestaltung der Ausstellung wurde das ./studio3 - Institut für experimentelle Architektur der Architekturfakultät Innsbruck beauftragt. Das Ziel: das Bauwerk selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Dementsprechend reagiert das gestalterische Konzept auf die Architektur des Gebäudes und auf die Objekte und Inhalte, welche bei der Ausstellung präsentiert werden. Das Bauwerk, die darin vorhandenen Gegenstände und deren Lagerung wurden analysiert und in eine zeitgenössische Ausstellungarchitektur übersetzt. Zusätzlich wurden aus Darstellungen aus den „Zeugbüchern“ sowie der Bemalungen der Tore im Zeughaus gestalterische Codes entwickelt, die sich durch die gesamte Ausstellung ziehen. Wichtig war dabei, eine kritische Haltung zu transportieren, in der nicht nur Heldentum und Kriegsruhm, sondern auch Themen wie Zerstörung und Zerbrechlichkeit verdeutlicht werden. Unterschiedliche Stationen im Haus und vor dem Museum erzählen die Geschichte des Gebäudes und seiner Umgebung, der „Kohlstadt“. Für die kurze Entspannung zwischendurch sorgt ein kleines Pop-Up-Café.
Das Gedenkjahr zum 500. Todestag Kaiser Maximilians I. bietet auch den Anlass für eine genauere historische, bauanalytische und naturwissenschaftliche Untersuchung des Zeughauses, deren Ergebnisse im Rahmen einer Publikation am 3. Oktober 2019 präsentiert werden.