Nur wenige Tage nach seinem 70. Geburtstag widmet die Galerie Thomas Fuchs dem deutschen Künstler Rainer Fetting (*1949 in Wilhelmshafen, DE) seine vierte Einzelausstellung in ihren Stuttgarter Räumen. Parallel dazu werden im Februar seine Arbeiten auf der art Karlsruhe präsentiert.Rainer Fetting studierte von 1972 bis 1978 an der Hochschule für Künste in Berlin. International bekannt wurde der Künstler Ende der 70er- / Anfang der 80er-Jahre als einer der wichtigsten Protagonisten der sogenannten "Jungen Wilden": einer Gruppe junger deutscher Maler in Westberlin, die sich mit einer expressiv-figurativen Malerei gegen die damals vorherrschenden abstrakten und konzeptuellen Tendenzen in der Kunst wandte. In dieser Zeit entstanden die ersten wichtigen Werkserien des Künstlers, die Dusch- und Mauer-Bilder. Fetting wurde 1981 in der von Norman Rosenthal und Christos M. Joachimides organisierten Werkschau "New Spirit in Painting" an der Royal Academy of Arts in London ausgestellt und nahm 1982 an der Zeitgeist-Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau teil. Heute befinden sich Fettings Werke in bedeutenden Museumssammlungen wie dem Städel Museum in Frankfurt am Main und der Neuen Nationalgalerie in Berlin.
Prägend für Fettings Malerei war besonders die Begegnung mit den Werken verschiedener Künstler der New York School. Vor allem die künstlerischen Prinzipien wie beispielsweise Willem De Koonings ausdrucksstarke malerische Gesten oder Jackson Pollocks berühmte Farb-Drippings macht sich Fetting für seinen expressiven Umgang mit figurativen Motiven zunutze. Zwar konzentriert sich Fetting in seiner Malerei nicht, wie Mark Rothkos berühmte Farbfeldmalereien, rein auf die Wirkung von Farbe, jedoch spielt auch er in seinen Kompositionen oft mit der vermittelten Emotionalität des gewählten Kolorits.
Auch wenn sich wiederkehrende Motive - beispielsweise malt er sein Modell Desmond seit 1984 regelmäßig - ausmachen lassen, so gelingt es Fetting doch immer, neue Wege zu gehen und dabei seine Frische und Kreativität beizubehalten. Während in den 80er- und frühen 90er-Jahren seine beiden Wohnsitze Berlin und New York die Motive des Künstlers bestimmen, gibt Fetting Mitte der 90er seinen New Yorker Wohnsitz auf und pendelt seitdem zwischen der deutschen Hauptstadt und der Insel Sylt. Dort inspiriert ihn vor allem die Landschaft. Die enorme Dynamik der erlebten Natur hält Fetting mit seinem expressiven Pinselduktus und seinem Gespür für Farben fest.
Der kreative Anspruch des Künstlers, Grenzen zu überschreiten, mit Konventionen zu brechen und allgemein angestammte Pfade zu verlassen, zeigt sich in den über vier Jahrzehnten seiner künstlerischen Karriere bereits in der Wahl seiner Sujets. Er thematisierte u.a. früh und mit Selbstverständlichkeit die Erotik des männlichen Körpers, machte Schwarze zu seinem Motiv, zeigte sich selbst in Frauenkleidern und malte Obdachlose in New York. In Westberlin lebend rückte er die Berliner Mauer farbgewaltig ins Bild und setzte der pulsierenden Metropole New York mit seiner bekannten Serie der Yellow Cabs ein Denkmal. Nach der Maueröffnung malte Fetting Rapsfelder im Berliner Umland und Baukrähne über Berlin als Ausdruck von Aufbruch und Internationalität.
Auch seine Bildsprache und der Umgang mit dem Medium Malerei befinden sich im stetigen Wandel. Die ersten Gemälde malte Fetting mit Dispersion, später in Öl. In den letzten Jahren entstehen neben Ölgemälden insbesondere in Sylt vielfach Arbeiten in Acryl auf Leinwand. In einer früheren Serie montierte Fetting am Pier des Hudson Rivers in New York gesammelte Holzbretter auf seine Leinwände und integrierte diese in seine Kompositionen. In den letzten Jahren kommt nun eine andere Strategie zum Einsatz, um über das klassische Leinwandformat hinauszugehen und den Motiven der Gemälden eine zusätzliche Dynamik zu verleihen: Das rechteckige Format wird durch stellenweises Andocken kleinerer Leinwände erweitert, auf denen das Motiv dann energiegeladen fortgesetzt wird.
Rainer Fetting ist auch für sein bildhauerisches Werk bekannt. Ein Großteil der deutschen Öffentlichkeit dürfte die bronzene Willy-Brandt-Statue in der SPD-Parteizentrale kennen, die der Künstler Mitte der 90er-Jahre als Auftragsarbeit schuf. Wie seine Malerei sind auch Fettings Plastiken mit ihren gefurchten Oberflächen und verdrehten Posen von expressiver Kraft geprägt. Die Ausstellung in der Galerie Thomas Fuchs wird auch drei Bronzeplastiken Fettings umfassen.
Neben der Präsenz seiner Werke in renommierten Sammlungen, von denen viele auch eine räumliche Nähe zu Stuttgart besitzen (z.B. Sammlung Würth in Künzelsau, Museum Art.Plus in Donaueschingen), ist Rainer Fetting in musealen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten. Viele in der Region Stuttgart werden sich an seine große Einzelausstellung in der Kunsthalle Tübingen im Jahr 2010 erinnern. Im ersten Halbjahr 2020 wird Fetting in einer Gruppenausstellung der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden mit dem Titel „Körper. Blicke. Macht. Eine Kulturgeschichte des Bades“ vertreten sein. Zudem zeigt das Museum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf von April bis Oktober 2020 eine umfassende Retrospektive des Künstlers.