Am 31. Oktober 2020 wäre Helmut Newton 100 Jahre alt geworden. Im Herbst 2003 wurde seine Stiftung in Berlin-Charlottenburg gegründet und im Sommer 2004 eröffnet; seitdem wurden hier mehr als 50 Ausstellungen präsentiert. Dieses besondere Jubiläum nimmt die Helmut Newton Stiftung zum Anlass, den Ausnahmefotografen zu ehren, indem sein legendäres und zeitlos innovatives Œuvre erstmals und frei zugänglich in einer großen Outdoor-Ausstellung im Berliner Stadtraum präsentiert wird.1920 als Sohn eines jüdischen Knopffabrikanten in Berlin-Schöneberg geboren, ließ sich Newton zwischen 1936 und 1938 von der renommierten Modefotografin Yva zum Fotografen ausbilden. In ihrem Studio in der Schlüterstraße entstanden seine ersten Selbstporträts, doch wenig später musste Newton aus Berlin fliehen. Eines der letzten Gebäude, die er beim Verlassen des Bahnhof Zoos in Richtung Triest sah, war das Militärkasino in der Jebensstraße. Dort sollte viele Jahre später seine Stiftung entstehen, sein Archiv lagern und sein eigenes Werk sowie das seiner Frau June (alias Alice Springs) in wechselnden Ausstellungen gezeigt werden. Trotz der tragischen Umstände, unter denen Newton Berlin verlassen musste, blieb Berlin in seinem Herzen, und er kehrte regelmäßig in seine Heimatstadt zurück. So produzierte er 1979 für die zweite Ausgabe der VOGUE Deutschland beispielsweise eine fotografische Hommage an die Orte seiner Jugend.
Als Erinnerung an Newtons Berliner Zeit und sein außergewöhnliches Werk präsentiert die Helmut Newton Stiftung eine große Outdoor-Ausstellung auf der 85m langen Wand am Kraftwerk in Berlin-Kreuzberg, Köpenicker Straße 70; zu sehen vom 26. Oktober bis 8. November 2020, rund um die Uhr. Etwa 30 Motive aus allen Schaffensperioden Newtons sind für die temporäre Präsentation HELMUT NEWTON ONE HUNDRED ausgewählt worden. So und in solchen Bildformaten war Helmut Newton noch nie in Berlin zu sehen. Parallel werden 250 City-Light-Plakate in ganz Berlin mit Newton-Motiven bespielt, mit großzügiger Unterstützung von WALL.
Die Bildserie „Naked and Dressed“ für die französische VOGUE, die den Übergang vom Mode- zum Aktbild markierte, sowie die „Big Nudes“ machten Newton Anfang der 1980er-Jahre auch über die Modewelt hinaus berühmt und inspirierten zahlreiche Kollegen und bildende Künstler zu Nachahmungen oder Neu-Interpretationen. Newton lotete auch danach das Wechselverhältnis zwischen Exhibitionismus und Voyeurismus raffiniert und subversiv aus und arbeitete für nahezu alle namhaften Magazine und Modelabels weltweit. Im Mittelpunkt stand selten ein bloßer Modeentwurf, sondern meist auch eine originelle Parallelgeschichte, die in einigen Fällen eine Spur Suspense wie von Alfred Hitchcock enthielt und in anderen surreale Vorläufer zu haben schien. Häufig war nicht klar, wo die Wirklichkeit endete und die Inszenierung begann; alles wurde zum verwirrenden Spiel um Macht und Verführung.
Newton schuf ein unvergleichliches Werk voll subtiler Verführung und zeitloser Eleganz. Mal zitierte er Szenen aus der Mythologie und Kunstgeschichte, etwa Leda und der Schwan, mal inszenierte er seine Fotografien als Reminiszenz seiner Jugend, darunter Motive wie Swimmingpools und exklusive Hotels. Letztlich begleiteten und kommentieren Newtons Aufnahmen den Wandel der Rolle der Frau in der westlichen Gesellschaft jener Zeit.
Im Rahmen von HELMUT NEWTON ONE HUNDRED wird im Erdgeschoss des Museums vom 31. Oktober bis 8. November 2020 ein Filmprogramm rund um das Werk von Newton gezeigt, darunter „Helmut by June“ (1995), die erweiterte Version von Julian Benedikts „SUMO“-Film sowie der Dokumentarfilm „Helmut Newton – The Bad and The Beautiful“ von Gero von Boehm, der Anfang Juli 2020 seine Welt-Premiere in Berlin feierte.