Der Kosmos des Werkes, des für seine Malerei und Bildhauerei weltweit anerkannten Künstlers Markus Lüpertz (25. April 1941 in Liberec, Böhmen) unterliegt keiner stilbindenden Theorie, sondern folgt einzig und allein den Überlegungen des Künstlers. Er verschlingt die Welt in allen möglichen künstlerischen Medien, als Maler, Bildhauer, Zeichner, Grafiker, Texter oder Jazz-Musiker. Folgerichtig führen ihn daher seine Werke zu immer neuen Bildthemen: von der Landschaft zum Menschen, von der freien Einzelfigur zu Figuren der Religionen, vom Text zu den großen Mythen unserer Zeit. Er versteht es dabei wie kein anderes sich in neue Gedankenbilder einzulesen und ihnen eine neue formale und gedankliche Vision zu geben. Ihn interessiert die Grafik als Prozess. Durch die Druckgrafik entwickelt Markus Lüpertz seine Themen, in zahllosen Druckplatten behandelt er ihren Gegenstand. Die Einzelblätter und Reihen, die so entstehen, sind die Ergebnisse einer ewigen Suche nach Vollendung. Jede Technik, ob Holz- oder Linolschnitt, Radierung oder Lithografie, wählt Lüpertz bewusst als Mittel, um tiefer in die Gestalt seiner künstlerischen Idee einzugreifen. Die Grenzen der druckgrafischen Verfahren sind ihm dabei kein Hindernis, er überschreitet sie, indem er den technischen Forderungen habhaft wird und zu Eigenschaften des eigenen Ausdrucks transformiert. Jede Linie, jede Fläche nutzt er als Charakter stiftendes Element. Markus Lüpertz haucht seinen Figuren den Lebensatem ein.Die zurückhaltende Farbigkeit sowie das reduzierte Spiel der Formen in den Holzschnitten „Mykenisches Lächeln“ stellen die Gesichter in den Mittelpunkt. Der Ästhetikprofessor Bazon Brock meint dazu: „Wird das mykenische Lächeln, wie hier bei Lüpertz, mit geschlossenen Augen kombiniert, verstehen wir den Gesichtsausdruck als Hinweis auf ein innerlich geschautes, ein Vorstellungsbild, wie es Träumenden oder ‚friedlich Entschlafenen‘ ablesbar ist“. Zumindest verleihen sie den silhouettenhaften Köpfen einen erhabenen, fast der Welt entrückten Ausdruck.
Die weitreichende Bedeutung des Pferdes fasziniert Markus Lüpertz und inspirierte ihn dazu, sich künstlerisch mit dem Tier auseinanderzusetzen. Er nähert sich dem Pferd als Sujet aus dieser mythologischen Perspektive und nutzt die Optionen der Geschichte, das edle Tier sowohl in seiner ästhetischen als auch spirituellen Erscheinung zu visualisieren. Für die 2019 erschienen Farblithografien „Troja“ hat Markus Lüpertz das mythologische Arkadien als Schauplatz gewählt. Damit löst sich der Künstler von den rationalen Vorstellungen über das Leben und zeichnet das Pferd in seiner schönen Erscheinung in einen paradiesischen Ort auf Erden ein. Hier kann es sich in seiner freien Wesensart entfalten, was der Künstler durch die malerische Geste und pastellzarte Farbgebung vermittelt.
Durch seine Kunst vermittelt Markus Lüpertz sein unbedingtes Streben nach einem möglichst vollumfänglichen Bild über die menschliche Existenz. Mit jedem Werk taucht er tiefer in die Geschichte der Menschwerdung und die damit entstandenen mythischen Welten ein. In diesen spielt das Pferd eine herausragende Rolle, berichten doch antike Sagen von der griechischen Eroberung Trojas mit Hilfe eines hölzernen Pferdes oder von Zentauren, die halb Mann, halb Hengst, in den Gebirgen Arkadiens leben.
In der Ausstellung sind auch die 2018 entstandenen Skulpturen und Grafiken der zwölf Sternzeichen zu sehen. Der Künstler bezieht sich ganz bewusst auf die Weissagungen, die man seit jeher in den Geburtskonstellationen der Sterne in einem der zwölf Abschnitte des Jahres sucht. Die Skulpturen sind typische Plastiken eines Malers, der versucht soviel haptische Kraft in die Figuren hineinzulegen wie möglich.
„Kunst ist Sehen, Kunst ist Fühlen. Sie kreiert Atmosphäre, sie ordnet sich in eine Ära ein, sie ist Illustration Inhalt und Thema zugleich, sie ist der Kern der Ästhetik, sie bewegt den menschlichen Geist und erweitert die Existenz eines jeden einzelnen. Ohne Kunst ist das wirkliche Leben nicht vorstellbar.“