In der japanischen Dichtung wird der Himmel bisweilen als ‚grün’, das Gras hingegen als ‚blau’ beschrieben. Der davon inspirierte Ausstellungstitel „Grüner Himmel, Blaues Gras. Farben ordnen Welten“ irritiert und möchte zum Nachdenken anregen. Zugleich verweist er auf die komplexen Zusammenhänge, denen man bei einer Betrachtung von Farbe als einem kulturellen Phänomen gegenübersteht.Denn unsere Welt ist voller Farbe, aber sehen alle Kulturen auch das Gleiche? Während die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Farbwahrnehmung bei allen Menschen dieselben sind, bestimmen die Wellenlängen des Lichtes noch lange nicht, wie wir Farbeindrücke benennen, in wie viele (und was für) Kategorien wir sie einteilen und welche Bedeutungen und Assoziationen wir diesen Farben zuschreiben. Dies alles kann sprach- und kulturabhängig mitunter sehr unterschiedlich sein.
Anhand von rund 200 Objekten aus den Sammlungen des Weltkulturen Museums u. a. aus Neuguinea, Polynesien, dem Amazonas-Gebiet, Ostafrika, Tibet und Java setzt sich die Ausstellung mit den vielseitigen Bedeutungszusammenhängen von Farbe als einem kulturellen Phänomen auseinander. Bei der Auswahl der Objekte aus den museumseigenen Sammlungen waren es neben imposanten Ahnenfiguren, prachtvollem Federschmuck und wirkmächtigen Palmblattscheidenmalereien auch die kleinen Dinge, die Anlass zum Staunen und Nachdenken gaben. Rote Muscheln, farbige Glasperlen oder schillernde Federn waren wie Mosaiksteine, die einzeln genommen unscheinbar wirkten, zusammengesetzt aber Stück für Stück ein vielfarbiges Ganzes ergaben. Ein Leitmotiv dieser Ausstellung sind die vielseitigen kulturellen Farbkonzepte, denn Farben ordnen Welten: Mit ihnen sind oft vielfältige gesellschaftliche und kosmologische Vorstellungen verbunden, die dabei helfen, sich in der Welt zu orientieren, dieser Sinn abzuringen und das Zusammenleben zu ordnen. Sich mit den Bedeutungen der verschiedenen Farbwelten zu beschäftigen heißt daher, kulturelle Zusammenhänge in einem neuen Licht zu sehen und sich so andere Weltanschauungen zu erschließen.
Kuratorische Leitung: Matthias Claudius Hofmann Co-Kurator*innen: Tomi Bartole, Roger Erb, Vanessa von Gliszczynski, Arno Holl