Künstler*innen: Martina Bacigalupo, Sammy Baloji, Oladélé Ajiboyé Bamgboyé, Yto Barrada, Bernd und Hilla Becher, Jodi Bieber, Edson Chagas, Mimi Cherono Ng’ok, Kudzanai Chiurai, Alfred Martin Duggan-Cronin, Theo Eshetu, Em’kal Eyongakpa, Rotimi Fani-Kayode, Sa-muel Fosso, François-Xavier Gbré, David Goldblatt, Kay Hassan, Délio Jasse, Seydou Keïta, Lebohang Kganye, Sabelo Mlangeni, Santu Mofokeng, S.J. Moodley, Zanele Muholi, Mwan-giHutter, Mame-Diarra Niang, Grace Ndiritu, J.D. 'Okhai Ojeikere, Dawit L. Petros, Jo Ractliffe, August Sander, Berni Searle, Malick Sidibé, Penny Siopis, Mikhael Subotzky, Guy Tillim, Hentie van der Merwe, Nontsikelelo Veleko, Sue Williamson und mit historischen Stu-dioaufnahmen u. a. von Samuel Baylis Barnard, Kimberley Studio, W. Rausch und zahlrei-chen namentlich bekannten oder nicht identifizierten Fotograf*innen.Wie spiegeln sich historische und kulturelle Transformationsprozesse im Medium der Foto-grafie? Mit mehr als 500 fotografischen Werken aus Afrika, seiner Diaspora und Europa zeichnet die Ausstellung „Dialoge im Wandel. Fotografien aus The Walther Collection“ die Entwicklung der Fotografie als eine Geschichte transnationaler Parallelen und Widersprüche nach. Sie zeigt die Bezüge zwischen den Anfängen ethnografischer Dispositive während der Kolonialzeit, der selbstbestimmten Studiofotografie ab den 1940er Jahren und dem visuellen Aktivismus zeitgenössischer Künstler*innen. Systematisch decken die hier zusammenge-stellten Fotografien und Medienkunstwerke das ambivalente – und sich wandelnde – Ver-hältnis zwischen Bild und Selbstbild, Porträt und sozialer Identität, Darstellung und Inszenie-rung auf.
Ein wichtiger Bezugspunkt ist die von Okwui Enwezor (1963–2019) kuratierte Gruppenaus-stellung „Momente des Selbst: Porträtfotografie und soziale Identität“ 2010 in der TheWalther Collection. Enwezor, einer der einflussreichsten Kuratoren der letzten Jahrzehnte, zeigte am Beispiel der Porträtfotografie, dass die Möglichkeiten der fotografischen Bildpro-duktion geografisch und historisch nicht gleichförmig verlaufen, sondern von Brüchen und Gegensätzen – sowie auch von Dialogen – geprägt seien. Mit seiner Präsentation versuchte er „die konzeptionelle und komparative Beziehung zwischen Traditionen des Bildermachens“ und die „Veränderungen der afrikanischen Identität und afrikanischen Subjektivitäten aufdem Weg von der kolonialen zur postkolonialen Moderne“ nachvollziehbar werden zu lass
Ein gutes Jahrzehnt später würdigt die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen die wegwei-sende Pionierleistung Okwui Enwezors sowie das außergewöhnliche Engagement desSammlers Artur Walther. Dank ihrer fundierten Beiträge zur Erweiterung der Kulturgeschichte der Fotografie ist es uns heute möglich, bahnbrechende Bildprojekte vorzustellen, die in den Diskursen dieses Museums bisher kaum berücksichtigt wurden.
Wie 2010 in „Momente des Selbst“ und der 2013 von Tamar Garb kuratierten Ausstellung „Distance and Desire“, markieren auch im K21 dialogische Gegenüberstellungen mitSeydou Keïta und August Sander; Malick Sidibé, J.D. 'Okhai Ojeikere und Bernd & Hilla Becher; Santu Mofokeng und Alfred Martin Duggan-Cronin als konzentrierte Zeitkapseln den Rund-gang. Sie skizzieren die komplexen und sich wandelnden Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Veränderungen, sozialen Identitätsprozessen und künstlerischen Bildpro-duktionen. Sichtbar werden die dokumentarischen Möglichkeiten der Porträtdarstellung, die Bedeutung typologischer, taxonomischer und serieller Strukturen für das Medium der Foto-grafie sowie die Macht und Ambivalenz des fotografischen Blicks.
Die historischen Dialoge werden begleitet von queer-performativen Porträts von Rotimi Fani-Kayode (1955–1989) sowie seriell angelegten Werkzyklen künstlerisch-konzeptuell arbei-tender Fotograf*innen wie Yto Barrada, Samuel Fosso, Sabelo Mlangeni, Zanele Muholi, MwangiHutter, Grace Ndiritu oder Berni Searle. Geprägt von visuellem Aktivismus und sub-versiver Agenda stellen die vorwiegend in den frühen 2000er Jahren entstandenen Arbeiten binäre Körperkonzepte in Frage, brechen mit konventionellen Geschlechterrollen und fech-ten kulturelle Aneignung und strukturellen Rassismus an.
In den fotografischen Arbeiten von Theo Eshetu, David Goldblatt, Santu Mofokeng, Jo Ractliffe, Mikhael Subotzky und Guy Tillim steht der Lebensraum des Menschen im Fokus: Der bebaute Raum, die verdichteten Strukturen der Großstädte oder die weite, leere Land-schaft. In diese haben sich die Spuren (post)kolonialer und (post)industrieller Auseinander-setzungen ebenso eingeschrieben wie die Zeugnisse von Spiritualität, Trauma und kollekti-ver Erinnerung.
Die Stimmen jüngerer Künstler*innen sind vertreten durch neu erworbene Werke von Edson Chagas, Em’kal Eyongakpa, François-Xavier Gbré, Délio Jasse, Lebohang Kganye, Mimi Cherono Ng’ok, Mame-Diarra Niang und Dawit L. Petros. Ihre Werke stehen für einen zeit-genössischen Paradigmenwechsel in post- und dekolonialen Gegenwartsdiskursen und ge-ben Einblick in die gegenwärtigen Möglichkeiten und komplexen thematischen Verdichtun-gen einer vielstimmigen, subjektiven und engagierten Fotografie aus afro-diasporischer Perspektive.
Die Ausstellung wird von Maria Müller-Schareck und Vivien Trommer kuratiert, in Zusam-menarbeit mit The Walther Collection konzipiert und kuratorisch begleitet von Renée Mussai.
Beratung durch Contemporary And (C&)