Zum ersten Mal wird in der lichtdurchfluteten Rotunde der Pinakothek der Moderne eine künstlerische Installation präsentiert, bei der die Sonne in den Mittelpunkt gestellt wird. Ab Mitte April 2022 wird die Rotation der Erde um die Sonne zum Protagonisten einer ephemeren Lichtzeichnung – Olafur Eliassons Rotunden-Kunstwerk Sonnenenergie 22.Licht spielt in Eliassons künstlerischem Werk, das Installationen, Gemälde, Skulpturen, Fotografie und Film umfasst, seit Jahrzehnten eine fundamentale Rolle. Für Sonnenenergie 22 hat Eliasson eine raumgreifende kreisförmige Projektionsfläche diagonal in der Rotunde installiert. Eine Reihe kreisförmiger, verzerrender Spiegel und spezieller Farbeffektfilter an der Nordseite der verglasten Rotundendecke werfen das Sonnenlicht auf die Projektionsfläche und frei hängende Ringe aus reflektierendem Glas und Farbfiltern fügen polytonale Komplexität hinzu, indem sie Lichtkreise und -bögen auf die Leinwand reflektieren. Die bewegten, dynamischen Projektionen des Sonnenlichts machen die Rotation der Erde für uns auf der Leinwand sichtbar. Sonnenenergie 22 nutzt ausschließlich das Sonnenlicht als Energiequelle, um das zu schaffen, was Eliasson einen „analogen Film" nennt; an bewölkten Tagen und in der Nacht, wenn kein direktes Sonnenlicht einfällt, bleibt der Bildschirm dunkel und das Kunstwerk ruht.
„Von Frühling bis Herbst 2022 arbeiten die Sonne und die Erde zusammen, um Sonnenenergie 22 zu schaffen. Während sich die Position der Erde im Verhältnis zur Sonne verändert, entwickelt sich das Drehbuch weiter und gestaltet das Kunstwerk ständig neu. Die sich entfaltende Erzählung hebt die Bewegung der Erde hervor, so dass die unsichtbare Bewegung sichtbar wird. Wenn man dem Kunstwerk an einem sonnigen Tag begegnet, ist es die eigene Bewegung, die man sieht, während man auf diesem Raumschiff Erde durch die Weiten des Weltraums reist", so Olafur Eliasson.
„Sonnenenergie 22 verwandelt das Zentrum der Pinakothek der Moderne in ein energetisches Sonnenobservatorium im Kunstraum. Wenn sich die Besuchenden vom Erdgeschoss in die oberen Stockwerke der Rotunde begeben, wird das Lichtbild aus neuen Perspektiven wahrnehmbar und die Mechanismen, welche für die Reflexionen verantwortlich sind, werden sichtbar. Mit einfachen Mitteln, den Spiegeln und einer überdimensionalen Projektionsfläche gelingt es dem Künstler, den umgebenden Raum eindrucksvoll in Bewegung zu setzen und uns in Beziehung zum Blauen Planeten und dem dahinter entstehenden Universum zu setzen – eine erhabene und zugleich berührende Installation, die zum Verweilen in der Rotunde, zum Gedankenaustausch oder zum Träumen einlädt. Wie in anderen groß angelegten Projekten des Künstlers – insbesondere „The weather project“, der künstliche Sonnenuntergang in der Tate Modern im Jahr 2003 und „Beauty“, 1993, ein schimmernder Regenbogen in einem abgedunkelten Raum – zielt Sonnenenergie 22 auf den Reichtum unserer emotionalen Erfahrung und unseren intellektuellen Wissensdurst, beides konstitutive Aspekte seiner Kunst. Der Titel des Werkes weist auf die zentrale Bedeutung alternativer Energien in unserer Zeit hin", so Dr. Michael Hering.
„Ich habe mich in meiner Arbeit immer mit ephemeren und atmosphärischen Räumen beschäftigt. Die Kunst erlaubt uns, die Wirklichkeit in Atmosphären zu sehen. Das sind einfache Konstrukte – aber mit der Vorstellung, dass eine atmosphärische Realität eine verhandelbare Realität ist, gewinnen wir Verantwortung zurück. Für mich bringt die Fähigkeit, unsere Beziehung zur Umwelt zu verhandeln, eine Art von Freiheit mit sich – die Freiheit, unsere eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft neu zu interpretieren." (Auszug aus einem Gespräch zwischen Olafur Eliasson und Michael Hering, Berlin 2018)