Die Ausstellung Zwischen Avantgarde und Repression widmet sich der tschechi- schen Fotografie der Nachkriegszeit und damit einem international bedeuten- den, gleichwohl hierzulande noch relativ unbekannten Kapitel der Fotogeschichte unseres Nachbarlandes.Die Jahre nach dem sozialistischen Februarumsturz 1948 in der Tschechoslowa- kei waren von drastischen staatlichen Repressionen und einer rigiden, dem Ge- bot des Sozialistischen Realismus verpflichteten Kulturpolitik bestimmt. Die fol- gende, vergleichsweise kurze, jedoch international ausstrahlende Phase der Liberalisierung fand mit der Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 ein jähes Ende. Ungeachtet der tiefgreifenden staatlichen Einflussnahme kam es in diesen Jahren aber auch zu einer bemerkenswerten künstlerischen Blüte. So erlebte die offiziell negierte Tradition der Avantgardefotografie der Zwi- schenkriegszeit – insbesondere des Surrealismus – eine breite und qualitativ hochwertige Fortsetzung. Charakteristisch ist zudem der enge Austausch zwi- schen Fotograf:innen und bildenden Künstler:innen.
In der Ausstellung wird dieser außergewöhnliche künstlerische Reichtum anhand von fünf ausgewählten Positionen erlebbar: Josef Sudek, Vilém Reichmann, E- mila Medková, Jan Svoboda und Josef Koudelka zählen zu den bedeutenden europäischen Fotograf:innen ihrer Zeit. Die Leihgaben aus dem Kunstgewerbe- museum Prag, der Mährischen Galerie Brünn und der Sammlung Siegert (Mün- chen) betten ihre Hauptwerke in den Zusammenhang der jeweiligen Werkgrup- pen ein. Neben poetischen, das jeweilige Motiv künstlerisch abstrahierenden Fotografien finden sich eindringliche Dokumente der Zeitgeschichte wie Josef Koudelkas Aufnahmen vom Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in Prag 1968. In der Zusammenschau offenbart sich die grafische Qualität der doku- mentarischen Bilder. Zugleich wird deutlich, wie auch die scheinbar rein poetischen Arbeiten beiten durch die gesellschaftspolitischen Umstände ihrer Entste- hung geprägt wurden. Ausgewählte Zeitschriften und Fotobücher dieser Jahre vermitteln einen Eindruck vom zeitgenössischen Erscheinungsbild des Mediums. Insgesamt ergibt sich so ein vielfältiges und überraschendes Bild der tschechischen Fotografie nach dem Zweiten Weltkrieg.
Zwischen Avantgarde und Repression ist nach Paris 1930 der zweite Teil einer Ausstellungsreihe, in der sich die Kunstsammlungen am Theaterplatz mit wichti- gen Epochen und Schauplätzen der Fotogeschichte auseinandersetzen. Die Ausstellungskataloge zu dieser Reihe bieten stets auch ein Forum für die aktuelle fotohistorische Forschung des jeweiligen Gastlandes. So umfasst die aktuelle Publikation, die im Sandstein Verlag Dresden erscheint, neben einem umfangrei- chen Bildteil sechs Beiträge von tschechischen und deutschen Fotohistoriker:in- nen, in denen die Entstehungsbedingungen der Werke anschaulich werden.
KatalogAnlässlich der Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog mit zahlreichen Illustrationen und sechs wissenschaftlichen Aufsätzen im Sandstein Verlag Dresden