Sonntag den 25. Juni kommt der französische Fotograf Stéphan Gladieu für einen Artist Talk ins Museum Fünf Kontinente nach München. Gemeinsam mit dem Kurator Dr. Stefan Eisenhofer wird er durch unsere Sonderausstellung From Mystic to Plastic führen. Bei dieser Gelegenheit wird Stéphan Gladieu nicht nur über seinen fotografischen Ansatz sprechen, sondern auch Hintergründe zur Aufnahmesituation und den Dargestellten in seinen beiden Porträtserien Egungun (2018–2020 aufgenommen in der Republik Bénin) und Homo Détritus (2020/2021 aufgenommen in Kinshasa, Demokratische Republik Kongo) vermitteln.Die Sonderausstellung vereint eine Auswahl von circa 50 Arbeiten dieser beiden Zyklen unter dem Aspekt der zentralen Bedeutung von Maskenperformances für den afrikanischen Kontext. Sie läuft noch bis zum 6. August 2023. From Mystic to Plastic. Afrikanische Masken. Fotografien von Stéphan Gladieu
Afrikanische Maskenperformances stehen im Fokus zweier Serien des international renommierten französischen Fotografen Stéphan Gladieu.
Der Zyklus Egungun (2018–2020) zeigt Fotografien der imposanten Egungun-Maskenkostüme aus der Republik Bénin. Diese Kostüme finden bei Maskenauftritten Verwendung, die im Rahmen der Ahnenverehrung durchgeführt werden. Die Tänzer in ihren eindrucksvollen Kostümen sind von Ahnengeistern besessen, die zur Gemeinschaft der Lebenden zurückkehren, um dort bei der Bewältigung von Herausforderungen des Lebens zu helfen.
Homo Détritus (2020/21) präsentiert Fotografien von Maskenkostüm-Neuschöpfungen des Künstler:innen-Kollektivs Ndaku Ya (Das Leben ist schön) aus Kinshasa (DR Kongo). Grundgedanke dabei ist, dass die DR Kongo durch ihre Bodenschätze eines der reichsten Länder der Erde ist. Gleichzeitig profitiert der allergrößte Teil der kongolesischen Bevölkerung von diesem Reichtum aber überhaupt nicht, weil dieser durch rücksichtslose Ausbeutung außer Landes geschafft wird. Zurück gelangt der Reichtum bestenfalls als Secondhandware oder gleich als Sondermüll.
Die beiden Foto-Serien werden erstmals gleichzeitig in einem Museum gezeigt. Der verbindende Titel From Mystic to Plastic verweist auf die gemeinsame Idee der zentralen Bedeutung von Maskentänzen, bei denen nicht nur in afrikanischen Gesellschaften Vergangenheit und Gegenwart verknüpft und aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen aufgegriffen werden. Gladieus Fotografien sind aber vor allem auch imposante Dokumente der Vielschichtigkeit afrikanischer Lebenswirklichkeiten jenseits eurozentrischer Klischees.
Stéphan Gladieu, geboren 1969, lebt in Paris. Seine Laufbahn begann der Fotograf als Autodidakt mit der Dokumentation von welterschütternden Konflikten wie dem Sturz des rumänischen Diktators Ceausescu oder den gesellschaftlichen Folgen von Hurrikan Katrina in New Orleans. Danach entwickelte er einen Stil, der hauptsächlich auf Porträtaufnahmen basiert. Mit seinem charakteristischen ikonischen Porträtstil, in dem er künstlerische Ästhetik mit dokumentarischen Aspekten verbindet, setzt er sich mit ethnologischen und soziologischen, aber auch mit politischen und ökologischen Fragen auseinander.
Publikation:Homo Détritus: Stéphan Gladieu, mit Texten von Wilfried N’Sondé und Stéphan Gladieu, englisch/französisch, Actes Sud 2022.