Über Herta Gebhart (1919-2017), die »Coco Chanel aus Westfalen«, hat das Schmuckmuseum Pforzheim eine Online-Fotoausstellung konzipiert. In unterschiedlichen virtuellen Räumen können sich Besucher in aufregenden zehn Minuten durch die multimedial inszenierte Schau bewegen, die sich von Raum zu Raum steigert. Die Kreationen der Modeschöpferin lassen sich eingehend betrachten. Raffiniert geschnittene Kleider sind passgenau mit Accessoires wie Taschen, Schirmen oder Hüten bis hin zu Perücken kombiniert, stets akzentuiert mit extravagantem Schmuck von Friedrich Gebhart, ihrem Lebens- und Arbeitspartner. »Als wir von der Familie umfangreiches Informationsmaterial über Herta Gebhart aus deren Nachlass erhielten, waren wir sofort Feuer und Flamme, es der Öffentlichkeit über eine Online-Fotoausstellung zugänglich zu machen«, erläutert die Leiterin des Schmuckmuseums Cornelie Holzach. Was Besucher des Schmuckmuseums vor Ort analog vorfinden, ist in diesem Projekt erstmals vollkommen digital - der Ort, die Exponate, die Präsentation und die Ausstellung als solche. Konzipiert haben die Schau, unter der Leitung von Cornelie Holzach, Katja Poljanac vom Schmuckmuseum und der Designer Kay Prühs, der die virtuellen Räume gestaltet hat.Über Herta GebhartHerta Gebhart war ein Multitalent. Ursprünglich Metallografin, gab sie diesen Beruf als junge Frau auf, um auf die Modeschule in Frankfurt zu gehen. Ihren Eltern gegenüber verschwieg sie diesen Schritt und finanzierte sich mit nächtlichen Näharbeiten. Nach dem Abschluss machte sie sich in Frankfurt zusammen mit ihrem Mann Friedrich Gebhart, einem Goldschmied, selbständig. Nach Jahren in Münster erlernte sie von ihrem Mann sogar noch das Goldschmieden. Das Künstlerpaar überzeugte mit anspruchsvollen Schmuckschauen und bei Ausstellungen im In- und Ausland. Es entstanden die formvollendeten Schmuck-Kleid-Kombinationen, ohne kommerzielle Zwänge, die Herta Gebhart sich auf den Leib schneiderte und für die sie später prämiert wurde. Sogar Taschen und Schirme entstanden in ihrem Atelier und erhielt auch dafür Auszeichnungen, so dass sie die »Coco Chanel aus Westfalen« genannt wurde.
Zu den virtuellen AusstellungsräumenDie virtuelle Ausstellung in futuristischer Anmutung atmet den Geist der 1960er und -70er Jahre. Sie besteht aus sechs polygonalen Räumen, einem Smaragdschliff nachempfunden und aneinandergereiht wie an einer Perlenkette, die die Betrachter über trapezförmige Gänge einen nach dem anderen durchschreiten können. Diese sechs Räume spiegeln sechs entscheidende Lebensphasen von Herta Gebhart wider, vom ersten Kontakt mit der Modewelt über den Besuch einer Modenschau in Paris, ihr Leben in Frankfurt, die Beziehung zu ihrem Mann und ihre Erfolge bis zu ihrer eigenen Einstellung zu Leben und Arbeit als Frau in der Modewelt.
Eigenheiten der AnimationDer Film hat keine sichtbaren Schnitte. Um das Leben Herta Gebharts auch stilistisch widerzuspiegeln, wird es im ersten Raum langsam hell, um Licht auf das Leben der Protagonistin zu werfen, das im letzten Raum unter einem leuchtenden Sternenhimmel, der eines Modestars würdig ist, wieder abdunkelt.
Herta Gebhart als Stimme aus dem OffAuf ihrem Rundgang durch die Ausstellung werden die Besucher von Herta Gebhart selbst geführt. Ihre Stimme aus dem Off, die einem WDR-Interview aus dem Jahr 2010 entstammt, wurde mit Hintergrundgeräuschen unterlegt, um einen auditiven Raum zu schaffen. So entstand beispielsweise durch das Geklapper einer mechanischen Schreibmaschine im ersten Raum ein Büro zu Kriegsende, im zweiten Raum mit dem Ankommen eines Zuges und einer französischen Durchsage ein Besuch in Paris etc. Die Geräusche im Hintergrund verleihen den Worten der Sprecherin ein imaginäres Bühnenbild und stellen ein Bindeglied zwischen ihren Erzählungen und den virtuellen Exponaten dar.
Vertiefende Information Wer mehr erfahren möchte, kann auf der Website zudem in einer Art Datenbank jedes Exponat in Augenschein nehmen.
Die Fotoausstellung ist über das Onlineportal des Schmuckmuseums zugänglich: www.schmuckmuseum-digital.de