Die Ausstellung Welche Moderne? ermöglicht eine neue Lesart der Avantgarden der Moderne und stellt ihren Kanon von »In«- und »Outsidern« zur Diskussion. Mit einer hochkarätigen Auswahl von rund 100 Werken erzählt sie in sprechen- den Gegenüberstellungen von Beziehungen, Netzwerken und gegenseitigen Einflussnahmen bekannter Protagonist:innen der Klassischen Moderne und we- niger bekannten Autodidakt:innen naiver Kunst.Feststeht:SoverkanntundunbekanntwarendienaivenKünstler:inneninihrer Zeit nicht – man denke nur an Henri Rousseau. Den Ausgangspunkt der Ausstel- lung bildet ein historischer Rückblick auf eine Schau, die 1937 im Schatten der Pariser Weltausstellung stattfand: Les Maitres populaires de la realité. Ihr Organi- sator war das Musèe de Grenoble. Dessen Direktor wollte Protagonist:innen der in Frankreich beliebten »naiven Malerei« auf der Weltausstellung zeigen. Dazu zählten Künstler:innen wie André Bauchant, Camille Bombois, Adolf Dietrich, Se- raphineLouis,HenriRousseau,LouisVivinundvielemehr.ErdurftedieseAus- stellung allerdings nicht auf dem Gelände der Weltausstellung ausrichten, und hatte daher den Saal der Revue de la Renaissance an der Rue Royale in Paris ge- wählt. Später wanderte die Ausstellung in jeweils veränderter Zusammensetzung nach Zürich, London und New York.
Sich selbst hatten die Künstler:innen nie als einheitliche Gruppe verstanden, galten jedoch als populäre Gegenbewegung zu anderen Stilen, zu deren Vertre- ter:innen sie wiederum in engem Austausch standen. Erst mit den ideologischen Verfemungen von Nationalsozialismus und Stalinismus wurde es um sie stiller, und die meisten der gezeigten Künstler:innen gerieten zunächst in Vergessen- heit.
Welche Moderne? In- und Outsider der Avantgarde veranschaulicht zudem, dass eindeutige Zuordnungen in bestimmte Kategorien und –ismen nicht so einfach sind . »Naiv-sein« war ein gewählter Stil, der nichts über die Qualität oder Ausbil- dung der Künstler:innen aussagt. Auch viele Künstler:innen der »klassischen« Avantgarden setzten ihn ein. Ebenso finden sich stilistische Elemente des Kubis- mus, Surrealismus und der Neuen Sachlichkeit bei Vertreter:innnen der naiven Kunst. In Deutschland gilt etwa Adalbert Trillhaase als wichtigster Vertreter der naiven Kunst seiner Zeit. Ihm ist ein eigener Raum in der Ausstellung gewidmet.
Die Ausstellung, nach einer Idee von Manja Wilkens, entstand in enger Koopera- tion der Kunstsammlungen Chemnitz mit dem Sprengel Museum Hannover. Zahl- reiche Werke der Ausstellung stammen aus dem Besitz der beiden Museen. Ergänzt werden sie von exquisiten nationalen und internationalen Leihgaben und insbesondere einem umfangreichen Konvolut aus der privaten Sammlung Zander. Realisiert wurde die Ausstellung dank der großzügigen Unterstützungder Ostdeutschen Sparkassenstiftung, zusammen mit der Sparkasse Chemnitz und der Rudolf-August Oetker-Stiftung.
Zur Ausstellung ist ein Katalog im Distanz Verlag erschienen. Die Publikation zur Ausstellungwurde von der Ernst von Siemens Kunststiftung-gefördert.
Eine Ausstellung mit Werken von:André Bauchant, Max Beckmann, Camille Bombois, Heinrich Campendonk, Marc Chagall, Edith Dettmann, Adolf Dietrich, Otto Dix, Max Ernst, Kurt Günther, Alexander Kanoldt, Fernand Léger, Séraphine Louis, Jean Lurçat, August Macke, René Magritte, Max Peiffer-Watenphul, Pablo Picasso, Dominique Peyronnet, Henri Rousseau, Felix Nussbaum, Christian Schad, Georg Schrimpf, Karl Schwe- sig, Richard Seewald, Adalbert Trillhaase, Maurice Utrillo, Louis Vivin, Gustav Wunderwald und anderen.