Hamburg, 16. April 2024 – „Bis hierhin lief’s noch gut“ – so lautet der Titel der Einzelausstellung der international bekannten Illustratorin und Comiczeichnerin Anna Haifisch (* 1986), die vom 6. Juni bis 20. Oktober 2024 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) präsentiert wird. Mit rund 300 Werken gibt die Ausstellung einen umfassenden Einblick in das vielfältige kreative Schaffen von Anna Haifisch: Zu sehen sind Illustrationen, Drucke, Comics und Zeichnungen sowie von ihr gestaltete Designprodukte. Im Fokus der Zusammenschau von freien und angewandten Arbeiten stehen der künstlerische Entstehungsprozess und die Präsentation neuer Werke wie die Serie „Ready America“ sowie eine zur Ausstellung entstandene Neuproduktion.Charakteristisch für Anna Haifischs Gestaltung ist das Zusammenspiel von expressiver Farbgebung und fragilem Strich. Ihre Erzählungen zeichnen sich durch den humorvollen wie virtuosen Umgang mit popkulturellen Versatzstücken aus. Haifisch sieht sich in der internationalen Tradition der sogenannten Funny Animals wie Snoopy aus Charles M. Schulz‘ „Peanuts“ oder der Zeichentrickserie „Looney Tunes“, die ihr als Inspirationsquelle dienen. In ihren Zeichnungen blicken menschenähnliche, vordergründig harmlose Tierfiguren allegorisch auf die Absurditäten des Lebens. Die scheinbare Albernheit kippt dabei mitunter in eine düstere Melancholie. Die Künstlerin spielt mit visuellen und narrativen Codes aus Design, Comic- und Kunstgeschichte und erschafft somit eine eigenständige Gestaltungssprache.
Der erste Teil der Ausstellung macht den künstlerischen Prozess in Haifischs Schaffen sichtbar: Unter dem Motto „Lauf der Dinge“ stehen rund 170 Tuschezeichnungen im Dialog mit den digital kolorierten finalen Fassungen. Ausgestellt sind unter anderem Auszüge aus „Schappi“ (2019) und die mehrteilige Comicreihe „The Artist“ (seit 2016), bei denen tierähnliche Figuren im Mittelpunkt der Erzählung stehen. Die Künstlerin blickt darin auf die Sensibilität von Kunstschaffenden zwischen Größenwahn und Nervenzusammenbruch und entwickelt so ironische Miniaturen des internationalen Kunstbetriebs. Parallel dazu entwickelt Haifisch stilistisch verwandte Designprodukte wie Porzellanschalen für KPM Berlin (2023) und Badetücher für die Süddeutsche Zeitung (2022), freie Druckgrafikserien und Poster sowie vielfältige Illustrationen, die für renommierte nationale und internationale Medien, darunter DIE ZEIT und The New Yorker entstehen. Zusätzlich lädt die gemeinsam mit der Grafikdesignerin Anja Kaiser gestaltete raumgreifende Wandgrafik dazu ein, tiefer in Anna Haifischs künstlerische Praxis einzutauchen. In den selbstverfassten Kommentaren gibt Haifisch Einblick in ihr Schaffen, verweist auf Inspirationsquellen und erzählt humorvolle Anekdoten.
Der zweite Ausstellungsbereich spiegelt Anna Haifischs Rezeption US-amerikanischer Kultur sowie ihre eigenen Erfahrungen in den Vereinigten Staaten wider. In zweigeteilten Buntstiftzeichnungen der neuen Serie „Ready America“ (2022) kombiniert die Künstlerin urbane Momentaufnahmen mit großformatigen Werbeflächen und typografischem Durcheinander. Der kommerzielle Überfluss paart sich dabei mit popkulturellen Fragmenten und der Visualisierung von Existenzängsten. Die farbintensiven Risografien mit poetischen Textfragmenten des Kunstbuchs „Drifter“ (2017) erinnern an den Amerikanischen Realismus des 20. Jahrhunderts und vermitteln Erlebnisse eines von der Metropole überstimulierten Außenseiterdaseins. Die Zeichnungen und Drucke der Serien „Santa Fe“ (2023) und „New Mexico“ (2023) erkunden ikonische amerikanische Landschaften, die in der Comic- und Cartoongeschichte eine wichtige Rolle spielen. In der eigens für die Ausstellung geschaffenen großformatigen Arbeit führen Anna Haifisch und Anja Kaiser die Ästhetik amerikanischer Werbeflächen mit dem Funny Animals-Motiv zusammen – natürlich mit einem Augenzwinkern.
BIOGRAFIEAnna Haifisch (* 1986 in Leipzig) studierte Illustration an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 2015 erschien ihr erstes Buch „Von Spatz“, 2016 und 2017 folgen die ersten Bände der Comicreihe „The Artist“. Zuletzt veröffentlichte sie gemeinsam mit Stefanie Leinhos „Gnocchi Gnocchi – who’s there?“ (2020), „Residenz Fahrenbühl“ (2021), „The Artist: Ode an die Feder (2021) sowie „Chez Schnabel“ (2022). Ihre Publikationen werden international in mehreren Sprachen verlegt.
Haifisch zeichnete zudem Comicserien für das New Yorker Museum of Modern Art und die US-amerikanische Website VICE.com. Ihre Illustrationen erscheinen zum Beispiel in Texte zur Kunst, The New Yorker, The Guardian, Süddeutsche Zeitung Magazin, Le Monde, Die Zeit und GUD. Glossary of Undisciplined Design. 2020 wurde Anna Haifisch mit dem Max und Moritz Preis als „Beste deutschsprachige Comickünstlerin“ ausgezeichnet. 2022 erhielt sie für „Chez Schnabel“ die Silbermedaille als „best book design from all over the world“ der Stiftung Buchkunst.
Anna Haifischs Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen ausgestellt, unter anderem im Kunstverein Erlangen, der Kunsthalle Osnabrück, im Museum der bildenden Künste Leipzig, im Musée Tomi Ungerer – Centre international de l’illustration in Straßburg, im Museum Folkwang Essen und im Sprengel Museum Hannover. Im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg waren ihre Arbeiten in den Ausstellungen „Tiere. Respekt/Harmonie/Unterwerfung“ (2018) und „Sesamstraße. 50 Jahre Wer, Wie, Was!“ (2023) zu sehen.