FREDERIC LEIGHTON FLAMING JUNE, 1895 Ö L AUF LEINWAND 119,1 X 119,1 CM COLLECTION MUSEO DE ARTE DE PONCE. THE LUIS A. FERRÉ FOUNDATION, INC., PONCE, PUERTO RICO. FOTO : JOHN BETANCOURT FREDERIC LEIGHTON FLAMING JUNE, 1895 Ö L AUF LEINWAND 119,1 X 119,1 CM COLLECTION MUSEO DE ARTE DE PONCE. THE LUIS A. FERRÉ FOUNDATION, INC., PONCE, PUERTO RICO. FOTO : JOHN BETANCOURT - Mit freundlicher Genehmigung von: belvedere

Was: Ausstellung

Wann: 16.06.2010 - 03.10.2010

Flaming June, eines der bekanntesten Gemälde der Kunstgeschichte, das der englische Maler Frederic Leighton um 1895 geschaffen hat, sowie fünf teils monumentale Hauptwerke von Edward Burne-Jones bilden die Höhepunkte der Sommerausstellung im Unteren Belvedere. Die Schau Schlafende Schönheit erschließt eine in Österreich bislang weitgehend unbekannte Bildwelt der beginnenden…
Flaming June, eines der bekanntesten Gemälde der Kunstgeschichte, das der englische Maler Frederic Leighton um 1895 geschaffen hat, sowie fünf teils monumentale Hauptwerke von Edward Burne-Jones bilden die Höhepunkte der Sommerausstellung im Unteren Belvedere. Die Schau Schlafende Schönheit erschließt eine in Österreich bislang weitgehend unbekannte Bildwelt der beginnenden Moderne und ermöglicht einen visuellen Streifzug durch das Kunstschaffen in England ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die 1848 in London gegründete Künstlergemeinschaft der Präraffaeliten verfolgte die Erneuerung der Künste gegenüber der offiziellen viktorianischen Kunst. Die ideologische Ausrichtung der Gruppe basierte auf den Inhalten der englischen Literatur und der Historie des Landes sowie auf religiösen Themen mit einem bis dahin unbekannten Alltagsbezug.

Einem bis dahin unbekannten Alltagsbezug. Mithilfe von Werkanalysen und Vergleichsbeispielen werden der kunsthistorische Kontext der gezeigten Bilder von unter anderen Frederic Leighton, Edward Burne-Jones, Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais und William Holman Hunt und deren Bezug zur österreichischen Kunst der Jahrhundertwende veranschaulicht. Die Ausstellung Schlafende Schönheit bildet den Auftakt zu einer intensivierten Auseinandersetzung mit der viktorianischen Kunst im Belvedere, dem Sonderpräsentationen zum europäischen Symbolismus und zur Kunst der Präraffaeliten folgen werden.

Der Großteil der Exponate stammt aus dem vom Industriellen Don Luis Alberto Ferré Aguayo 1959 gegründeten Museo de Arte de Ponce auf Puerto Rico, das derzeit baulich erweitert wird. Die Ausstellung im Belvedere bietet nach London, Madrid, Den Haag und Stuttgart die letzte Gelegenheit, diese außergewöhnlichen Gemälde vor ihrer Rückkehr nach Puerto Rico zu sehen.

DDie Schau orientiert sich am Bestand der karibischen Sammlung und ist in vier Kapitel gegliedert. Das erste veranschaulicht die hohe Qualität der von Ferré in kürzester Zeit zusammengetragenen Gemälde. Eines der Hauptwerke ist zweifellos John Everett Millais’ 1857 gemaltes Bild The Escape of a Heretic.

Die drei weiteren Ausstellungskapitel zeigen, wie unterschiedliche Motive des Schlafes die Bildwelten der Künstler bestimmten. Mythologie und Märchen boten ihnen eine beachtliche Anzahl von Bezugspunkten. So zeigt das Belvedere Burne-Jones’ gemalte Illustrationen des Grimm- Märchens Dornröschen (Sleeping Beauty), das er in seiner Bildwelt zu Briar Rose verwandelte. Von ihm stammt auch das knapp 20 m2 große Gemälde The Sleep of Arthur in Avalon. Schlusspunkt der Ausstellung ist das unter didaktischen Grundsätzen konzipierte Kapitel über Flaming June, das unumstrittene Hauptwerk Frederic Leightons. Betrachtet wird die formale Genese ebenso wie die Auseinandersetzung mit dem im prüden viktorianischen England Aufsehen erregenden Bildthema, die nach klassischen Gesichtspunkten konzipierte Ästhetik, die erotischen Elemente bis hin zur Klärung der bislang offenen Frage nach dem Modell.

Museo de Arte de Ponce Das Museo de Arte de Ponce (MAP) wurde 1959 in einer alten Kolonialvilla in der puerto- ricanischen Stadt Ponce eröffnet. Don Luis Alberto Ferré Aguayo (1904–2003) stattete dieses erste Kunstmuseum der Insel mit 71 Gemälden aus, die er ab etwa 1950 eigens zu diesem Zweck erworben hatte. Die Eröffnungsschau bot einen vielfältigen Überblick über die westliche Kunst von der Renaissance bis in die 1950er–Jahre und etablierte das MAP als wichtiges Zentrum europäischer Kultur im karibischen und amerikanischen Raum. Ein besonderer Schwerpunkt der Sammlung des MAP liegt auf der viktorianischen Kunst. Im Jahr 1959 erwarb Ferré in der New Yorker John Nicholson Gallery sein erstes präraffaelitisches Gemälde, das von Thomas Seddon gemalte Léhon from Mont Parnasse, Brittany. Im selben Jahr konnte er die Briar Rose Series von Edward Burne-Jones für seine Sammlung gewinnen, und kurze Zeit später erwarb Ferré mit The Sleep of Arthur in Avalon ein weiteres Hauptwerk von Burne-Jones. 1963 sicherte er sich schließlich das berühmteste Werk der Sammlung, Frederic Leightons Flaming June.

Agustín Arteaga, Direktor des Museo de Arte de Ponce: „Es ist dem Museo de Arte de Ponce eine große Freude, dem Belvedere seine weltbekannte Sammlung viktorianischer Gemälde und Zeichnungen als Leihgabe für die Ausstellung Schlafende Schönheit zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich hierbei um die umfangreichste Präsentation der viktorianischen Kunstsammlung unseres Museums außerhalb Puerto Ricos. Die Gegenüberstellung von Werken der Präraffaeliten und Frederic Leightons Hauptwerk Flaming June mit Arbeiten von etwa zeitgleich in Österreich wirkenden Künstlern eröffnet neue und eindrucksvolle Blickwinkel auf das Schaffen der britischen Künstler, sodass sich daraus unweigerlich Anregungen für weitere Forschungen ergeben. Zu danken ist die Kooperation zwischen dem Museo de Arte de Ponce in Puerto Rico und dem Wiener Belvedere der derzeitigen umfassenden Renovierung und Erweiterung unseres Museums, dessen Neueröffnung im November 2010 stattfinden wird. In den vergangenen zwei Jahren ist eine Werkauswahl aus der Sammlung des Museo de Arte de Ponce durch Europa, Südamerika und die Vereinigten Staaten gereist, wo sie von über zwei Millionen Besuchern gesehen wurde. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wird das Belvedere unserem Museum eine Auswahl aus seinen Beständen für eine Ausstellung zum Symbolismus im Jahr 2012 leihen.“

THEMEN DER AUSSTELLUNG

Nazarener und Präraffaeliten

Das Interesse österreichischer Künstler für die Schöpfungen der viktorianischen Präraffaeliten und Neoklassizisten geht auf gemeinsame Wurzeln zurück. Der Ruf der 1692 vom Kaiserhaus urkundlich anerkannten Akademie der bildenden Künste in Wien war um 1800 weit über die Reichsgrenzen hinaus verbreitet. Das führte unter anderem dazu, dass sich 1804 Friedrich Overbeck von den Professoren dieses Instituts unterrichten ließ. Bei der Wahl der Themen orientierte man sich an den Idealen des Klassizismus und arbeitete streng nach antiken Vorbildern. 1809 gründete eine Gruppe um Overbeck in Wien den Orden des Lukasbundes und fand im Einklang mit den romantischen und pietistischen Idealen der Zeit ihre Verwirklichung in vorwiegend religiösen und romantischen Themen. Die wohl aufgrund der unterschiedlichen Kunstauffassung erfolgte Ablehnung der jährlich zu erneuernden Aufnahme in die Akademie führte zur Abwanderung Overbecks nach Rom, wo er gemeinsam mit seinen Freunden italienische Vorbilder studieren konnte. Bald stellte sich großer Erfolg ein und der Kunststil der sogenannten Nazarener verbreitete sich schließlich über ganz Europa.

Im viktorianischen England griff besonders die von den Malern Dante Gabriel Rossetti, John Everett Millais und William Holman Hunt 1848 mitbegründete Bruderschaft der Präraffaeliten die Ideen der Nazarener auf. Auch diese Künstlergruppierung strebte zu Beginn nach einer religiös- seelischen Vertiefung in der Kunst und erkannte in der italienischen Frührenaissance ihre Vorbilder. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verloren die Nazarener zunehmend an Bedeutung, ihr Kunstideal verkam allmählich zur Schablone. Auch in Österreich gerieten sie schließlich in Vergessenheit. Nur eine kleine Künstlerschar, der auch der religiöse Bruder von Gustav Klimt, Ernst Klimt, angehörte, fühlte in der Kunst der Nazarener eine gewisse Wesensverwandtschaft.

Les Belles Dames

Schon lange vor den Impressionisten malten die Mitglieder der 1848 gegründeten Pre-Raphaelite Brotherhood direkt nach der Natur. Auf das zunächst stark ausgeprägte Interesse an religiösen Bildinhalten folgte bald eine Hinwendung zum symbolistisch geprägten Bildnis. Mit dem 1874 entstandenen Porträt der römischen Witwe Papiria Gemina folgte Dante Gabriel Rossetti der Tradition der großen Porträtisten der Renaissancezeit wie Piero della Francesca, Pisanello, Perugino oder Botticelli und Agnolo Bronzino. In der Blütezeit der italienischen Malerei war es vor allem Raffael und Tizian gelungen, dem Porträt die Bedeutung eines Charakterbildes zu geben, in welchem das ganze Wesen des Dargestellten zum Ausdruck gelangte. Diese Wirkung wussten sie darüber hinaus durch stimmungsvolles Kolorit und bedeutungstragende Hintergründe noch zu steigern. Die meist floralen Bildhintergründe der Präraffaeliten zeichnen sich weniger durch naturalistische Virtuosität als durch den Drang zu einer ornamentierten, flächenhaften Hintergrundgestaltung aus. Das Spiel mit der symbolistischen Verschlüsselung der Persönlichkeit der dargestellten Frauen durch Blumen und Accessoires auf der einen und die Ausbildung der Hintergründe auf der anderen Seite interessierten nicht nur Rossettis und Anthony Frederick Augustus Sandys’ viktorianische Zeitgenossen, sondern auch Maler auf dem europäischen Festland wie etwa Gustav Klimt in Wien. In seiner Bildniskunst ist vor allem zwischen 1896 und 1898 eine intensive Beschäftigung mit der viktorianischen Malerei festzustellen. Seine diesbezüglichen Bemühungen gipfeln im 1898 entstandenen Porträt der Sonja Knips.

Buchillustration

Ein wesentliches Charakteristikum der präraffaelitischen Bewegung war die intensive Auseinandersetzung der Künstler mit dem Kunstgewerbe. Besonders William Morris widmete sich als Mitbegründer des Arts and Crafts Movement der Erneuerung des Kunstgewerbes. Mit der Gründung der Kelmscott Press 1891 versuchte er, sein Ideal des Buches als literarisch-ästhetisches Gesamtkunstwerk, also die Harmonie von Papier, Einband, Typografie und Bildschmuck, zu verwirklichen. Mit dem Holzschnitt als bevorzugter Illustrationstechnik und der Vorliebe für mittelalterliche Stoffe wandten sich die Präraffaeliten in der Buchkunst bewusst vergangenen Traditionen zu. Walter Crane, einer der bedeutendsten englischen Illustratoren und Buchgestalter des 19. Jahrhunderts, griff in seinen Werken für die erwachsene Leserschaft ebenfalls bevorzugt auf historische Themen wie mittelalterliche Sagenstoffe oder die Dramen Shakespeares zurück. Besonderen Raum in Cranes Schaffen nehmen jedoch seine Kinderbücher ein, mit denen er beim Publikum großen Anklang fand. Das präraffaelitische Kunstgewerbe beeinflusste die Buchkunst des Jugendstils nachhaltig, was an der kunstvollen Ausstattung von Zeitschriften wie Jugend oder Ver Sacrum, aber auch an den liebevoll illustrierten Kinderbüchern von Gerlachs Jugendbücherei veranschaulicht wird.

Landschaftsmalerei

Thomas Seddons Léhon, from Mont Parnasse, Brittany ist ein charakteristisches Werk für die präraffaelitische Landschaftsmalerei und zeigt deren Gestaltungsprinzipien deutlich. Über Jahrhunderte hatten die Künstler darum gerungen, die gesehene Landschaft möglichst naturalistisch wiederzugeben und die Tiefenerstreckung überzeugend darzustellen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erreichte man darin ein sehr hohes Niveau, wie die Landschaft bei Kalksburg von Johann Christian Brand veranschaulicht. Präraffaeliten wie auch Nazarener brachen mit den Errungenschaften. Ziel war es nun nicht mehr, größtmögliche Tiefe und Weite zu illusionieren, sondern möglichst viele Details präzise festzuhalten. Dadurch erscheinen die einzelnen Teile der Landschaft enger zusammengerückt. Auch der weitgehende Verzicht auf die Luftperspektive lässt die Landschaften von Thomas Seddon, Josef Anton Koch und Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld weniger räumlich erscheinen als etwa Johann Christian Brands Gemälde.

The Sleeping Beauty

Fast sein halbes Künstlerleben beschäftigte Edward Burne-Jones sich mit der Darstellung des Dornröschenstoffes, wodurch drei komplette Gemäldezyklen, zahlreiche Einzelstudien und Vorzeichnungen entstanden, in denen sich seine künstlerische Suche nach der idealen Darstellungsweise widerspiegelt. Die literarischen Vorlagen der Dornröschenzyklen liegen in dem Märchen La belle au bois dormant und den 1694 bzw. 1697 erschienenen Histoires ou contes du temps passé von Charles Perrault sowie in den Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm, deren erster Band 1812 publiziert und 1823 von Edgar Taylor ins Englische übersetzt wurde. Schließlich orientierte Burne-Jones sich auch an dem von Alfred Tennyson 1842 verfassten Gedicht The Day Dream. Zwischen 1871 und 1873 malte er an einem Dornröschenzyklus für den Industriellen William Graham. Dieser umfasst drei Tafeln, die sich seit 1959 in der Sammlung des MAP befinden und nun erstmals in Wien zu sehen sind. Die Bilder beschreiben drei Episoden aus der Dornröschengeschichte: Das erste Bild zeigt, wie der Prinz am linken Bildrand eine Lichtung des Dornenwaldes betritt. Vor ihm liegen die kunstvoll ineinander verschlungenen Leiber von vier Rittern, die ergebnislos versucht hatten, den Dornenwald zu durchdringen. Das nächste Bild führt dem Betrachter den am rechten Bildrand auf dem Thron schlafenden König mit seinem ebenfalls im Schlaf versunkenen Hofstaat vor. Das letzte Bild zeigt uns die schlafende Prinzessin mit drei ihrer Dienerinnen, die um die Ruhestätte kauern.

Ernst Klimt und Frederic Leighton

Ernst Klimt, der jüngere Bruder von Gustav Klimt, interessierte sich in besonderem Maße für die Kunst der Nazarener, der Präraffaeliten und der Neoklassizisten. Frederic Leightons Werke waren in Wien damals allseits bekannt und wurden häufig reproduziert. Sein Einfluss auf die Werke der Brüder Klimt lässt sich erstmals in den Burgtheaterbildern (1886–1888) feststellen. Ein weiterer Hinweis auf Leighton findet sich in Ernst Klimts Gemälde Der Juwelenhändler aus dem Wien Museum. Cupid and Doves lieferte Ernst Klimt möglicherweise die Idee für das Format und den Goldhintergrund. Das 1864 von Leighton gemalte Bild Golden Hours ist ein weiteres Gemälde, das Ernst Klimts gegenständliche Darstellung beeinflusste. Der Künstler verstand es, als aufmerksamer Beobachter formale wie inhaltliche Bezüge geschickt zu einem neuen, eigenständigen Bild zu verbinden, das in diesem Fall vor allem durch die reiche, kunstgewerblich aufgefasste Ornamentierung des Goldgrundes besticht. Im Gegensatz zur auch stofflich sehr bewegten Szene in Leightons Golden Hours wirken die Silhouetten der vor dem Hintergrund sich abzeichnenden Akteure Ernst Klimts in ihren Bewegungsmotiven allerdings verhältnismäßig steif und starr.

„The Sleep of Arthur in Avalon is my chief dream now.“

„The Sleep of Arthur in Avalon is my chief dream now.“ Mit einem passenderen Werk hätte der letzte Romantiker der viktorianischen Ära, Edward Burne-Jones, sein künstlerisches Schaffen kaum beenden können. Das monumentale und zugleich elegisch-ruhige Gemälde vereint alles, was dem Künstler vom Beginn seiner Karriere in den 1850er–Jahren bis an sein Lebensende künstlerisches und ideelles Ziel war. 17 Jahre lang (1881–1898) – beinahe die gesamte zweite Hälfte seines Schaffens – arbeitete er an jenem mit seinem Tod unvollendet gebliebenen Bild, das heute als eines seiner großen Meisterwerke gilt. Eine zentrale Idee der Artuslegende seit dem frühen 12. Jahrhundert ist der Glaube an die Unsterblichkeit des Königs. Sein Rückzug auf die Insel Avalon wird nicht als endgültiger Abschied gedeutet, sondern als zeitlich begrenzter Schlaf, so lange, bis die Zeit reif für seine Wiederkunft ist. Burne-Jones zeigt den König schlafend, in einem Zustand völliger Ruhe und Geborgenheit. Als Formen des Übergangs zwischen Realität und Unbewusstem übten Schlaf und Traum eine besondere Faszination auf die Künstler des Symbolismus aus. Auch Burne-Jones erkannte die Indifferenz des Schlafes als geeigneten Ausdruck seiner Gedanken und machte ihn zum beherrschenden Thema seiner Interpretation von Artus’ Rückzug in eine andere Welt. Es ist ein Werk, das von den künstlerischen Zielen, den enttäuschten Hoffnungen und den persönlichen Wünschen und Ängsten des letzten großen Romantikers erzählt. Die zahlreichen Figuren- und Draperiestudien sowie verschiedene Kompositionsentwürfe begleiten die akribische Suche des Künstlers nach künstlerischer Perfektion und Vollkommenheit im Ausdruck.

Eine prächtige Extravaganz

Darstellungen von schlafenden Frauen in der Landschaft wurden vor allem in der Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Thema. Das Motiv wurde in der auf Ästhetizismus ausgerichteten klassizistischen englischen Malerei zunehmend mit den Themen des Schlafes, der unergründlichen Welten des Traumes und damit der zeitlichen Entrückung verknüpft. Diese wiederum bereiteten den Weg für symbolistische Anspielungen auf den Tod und das Unbewusste ebenso wie für die Anreicherung der Malerei mit erotischen Momenten.

Im viktorianischen England fand der gemalte weibliche Akt seine gesellschaftliche Akzeptanz ausschließlich im Zusammenhang mit klassischen Motiven und der Darstellung von Odalisken und schwülstigen Haremsfantasien. Den Zeitgenossen der streng protestantischen viktorianischen Epoche galt jede naturalistische Darstellung des nackten Körpers als moralisch gefährdend, dennoch bot gerade die Malerei eine immer stärker werdende Möglichkeit zur Abgrenzung von einer repressiven Gesellschaft. Die grundsätzliche Komposition und die formale Bildidee von Leightons Flaming June lassen sich direkt auf Michelangelos verloren gegangenes Gemälde Leda und seine skulptierte Vorstellung der Allegorie der Nacht zurückführen. Nach Michelangelo beschäftigte sich eine große Zahl von Künstlern mit dem spezifischen Motiv des nahsichtigen Schenkels, so zum Beispiel der österreichische Maler Franz Schrotzberg, der die Bildidee zur Leda wohl von einer 1837 unternommenen Italienreise mit nach Wien brachte, und vor allem der auch Leighton inspirierende Künstler Albert Joseph Moore.

Ernst und Gustav Klimt, Pan tröstet Psyche (1892)

Ernst und Gustav Klimt, Pan tröstet Psyche (1892) In Zusammenhang mit den Recherchen für die Sommerausstellung des Belvedere wurde die bislang unbekannte Autorschaft Gustav Klimts am Gemälde Pan tröstet Psyche (1892) entdeckt. Das 121 x 88 cm große Staffeleibild, für dessen ungewöhnliches Thema der gleichnamige Zyklus von Edward Burne-Jones Vorbild war, galt bislang als Arbeit des Bruders Ernst Klimt. Tatsächlich ist das Gemälde aber unter Mitwirkung von Gustav Klimt entstanden, der die Komposition seines Bruders nach dessen frühem Tod vollendete. Es ist schriftlich überliefert, dass Gustav die junge Witwe unterstützte, indem er Gemälde Ernsts fertigstellte, die anschließend veräußert werden konnten. Wohl dürften in diesem Fall die Landschaft im Hintergrund sowie die Position der mythologischen Figuren von Ernst angelegt worden sein, die detailreiche Ausführung der Protagonisten selbst stammt aber von Gustav. Dies belegen unter anderem zwei Studien aus Gustavs Lehrzeit an der Kunstgewerbeschule. Aufgrund dieser Forschungsergebnisse wird das Werk nunmehr eindeutig beiden Klimt-Brüdern zugeschrieben.

 

Kunstvermittlungsprogramm zur AusstellungSCHLAFENDE SCHÖNHEITMeisterwerke viktorianischer Malerei aus dem Museo de Arte de Ponce

 

ÜBERBLICKSFÜHRUNGENAnhand ausgewählter Werkbeispiele werden die Höhepunkte der Sonderausstellung präsentiert.Jeden Samstag, Sonntag, Feiertag um 15 UhrDauer: 1 Stunde, Führungsbeitrag: € 4

IM VISIERSchlafende Schönheit: Traum und TräumerThemenführung mit Angelika Katzlberger, BelvedereMittwoch, 30. Juni und 21. Juli, 19 UhrDauer: 1 Stunde, kostenlos mit gültigem Ticket, Anmeldung erforderlich

BELVEDERE SPEZIAL Summer Lecture 7. 7. 7 pm Der Schlafenden Schönheit zugehört Alfred Weidinger präsentiert die Ausstellung aus seinem Blickwinkel als Kurator der Schau. Mit Geschichten und Gedichten von und zu den Präraffaeliten entführt die österreichische Schauspielerin Franziska Weisz - teilweise in englischer Originalsprache - in die Gedankenwelt der Künstler. Mittwoch, 7. Juli, 19 Uhr Dauer: 1 Stunde, Teilnahme kostenlos (freiwillige Spende für die Anschaffung von Vermittlungsmaterialien für Kinder mit Sehbehinderungen), Anmeldung erforderlich

KUNST & KULINARIK Frühstück im Grünen Erfrischende Wasserspiele, barocke Skulpturen und üppiges Grün bilden den Rahmen für ein Frühstück der besonderen Art mit anschließender Führung durch die Ausstellung Schlafende Schönheit. 19. Juni bis 19. September, jeweils Samstag und Sonntag 10 bis 11.30 Uhr: Sektfrühstück (Gartenterrasse; bei Schlechtwetter in der B-Lounge) 11.30 bis 12.30 Uhr: Führung durch die Ausstellung Schlafende Schönheit Veranstaltungsbeitrag: € 27 (inkl. Eintritt, Sektfrühstück und Führung), Anmeldung erforderlich

Für alle Termine gilt: Treffpunkt Unteres Belvedere, KassaBelvedereKunstvermittlungT + 43 1 795 57-134public@belvedere.at

 

 

 

 

 

John Everett Millais The Escape of a Heretic 1559, 1857 Öl auf Leinwand 109,3 x 79,1 cm Collection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico.Foto : John Betancourt John Everett Millais The Escape of a Heretic 1559, 1857 Öl auf Leinwand 109,3 x 79,1 cm Collection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico.Foto : John Betancourt - Mit freundlicher Genehmigung von: belvedere / Österreichische Galerie Belvedere Dante Gabriel Rossetti Roman Widow (Dîs Manibus), 1874 Öl auf Leinwand 104,8 x 93,3 cmCollection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico.Foto : John Betancourt Dante Gabriel Rossetti Roman Widow (Dîs Manibus), 1874 Öl auf Leinwand 104,8 x 93,3 cmCollection Museo de Arte de Ponce. The Luis A. Ferré Foundation, Inc., Ponce, Puerto Rico.Foto : John Betancourt - Mit freundlicher Genehmigung von: belvedere / Österreichische Galerie Belvedere
Tags: Dante Gabriel Rossetti, Flaming June, Franz Schrotzberg, Gustav Klimt, Malerei, Märchen, Viktorianisches Zeitalter

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