Provenienzforschung Staatsgalerie Stuttgart Provenienzforschung Staatsgalerie Stuttgart - Mit freundlicher Genehmigung von: Staatsgalerie Stuttgart

Was: Presse

Wann: 20.08.2019

Bei den Zeichnungen, die sich aktuell im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart befinden, handelt es sich um Werke des schwäbischen Spätromantikers Theodor Christoph Schüz (1830-1900) und des niederländischen Malers und Radierers Samuel van Hoogstraten (1627-1678).

Sie gehörten zur Sammlung des jüdischen Juristen Dr. Michael Berolzheimer (1866-1942). Der angesehene…

Bei den Zeichnungen, die sich aktuell im Besitz der Staatsgalerie Stuttgart befinden, handelt es sich um Werke des schwäbischen Spätromantikers Theodor Christoph Schüz (1830-1900) und des niederländischen Malers und Radierers Samuel van Hoogstraten (1627-1678).

Sie gehörten zur Sammlung des jüdischen Juristen Dr. Michael Berolzheimer (1866-1942). Der angesehene Geschäftsmann und Kunstsammler sah sich und seine Familie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft gezwungen, Deutschland im Sommer 1938 zu verlassen. Ihnen gelang die Emigration in die USA. Die umfangreiche Kunstsammlung verblieb jedoch in Deutschland und wurde 1938 und 1939 im Auktionshaus Adolf Weinmüller in München versteigert. Die Familie Berolzheimer hatte keinerlei Zugriff auf die Verkaufserlöse.

Johanna Poltermann, Provenienzforscherin an der Staatsgalerie, ermittelte die Herkunft der Werke gemeinsam mit ihrer Vorgängerin Dr. Anja Heuß und konnte einen NS-verfolgungsbedingten Entzug zweifelsfrei nachweisen. Aufgrund eines 2018 erhaltenen Restitutionsanspruches aus den USA vom Holocaust Claims Processing Office (HCPO), welches die Erben vertritt, begannen die Recherchen, in deren Verlauf proaktiv eine zweite Zeichnung aus dem ehemaligen Eigentum von Michael Berolzheimer als NS-Raubgut identifiziert werden konnte.

Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst: „Ich freue mich, dass es der Staatsgalerie Stuttgart durch intensive Provenienzforschung gelungen ist, mit der Hoogstraten-Zeichnung ein weiteres geraubtes Werk aus der Sammlung Berolzheimer ausfindig zu machen, das wir nun ebenfalls zurückgeben können. Dies macht deutlich, dass die Staatsgalerie Stuttgart und das Land Baden-Württemberg die Rückgabe von NS-Raubgut umfassend und nachhaltig betreiben und nicht erst tätig werden, wenn entsprechende Anträge der Erben vorliegen.“

Christiane Lange, Direktorin der Staatsgalerie: „Es ist für uns selbstverständlich, auf Grundlage der Washingtoner Prinzipien von 1998 eine gerechte und faire Lösung im Einverständnis mit den Erben nach Michael Berolzheimer herbeizuführen. Ich danke daher sehr für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und das großzügige Entgegenkommen der Familie Berolzheimer.“

Linda A. Lacewell, Financial Services Superintendent: "Ich freue mich, dass das Holocaust Claims Processing Office des New York State Department of Financial Services (DFS) eine entscheidende Rolle bei der Rückgabe dieser Zeichnungen 80 Jahre nach ihrem Verlust durch die Verfolgung der Nationalsozialisten spielen konnte. Die lobenswerten Bemühungen der Staatsgalerie, gemeinsam mit der DFS diese Ansprüche zu klären, sind ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Gerechtigkeit für Holocaust-Opfer, und die DFS wird den Holocaust-Opfern und ihren Erben weiterhin tatkräftig helfen, verloren gegangene Vermögenswerte zurückzugewinnen."

Rückkauf geplantBei der Zeichnung von Theodor Christoph Schüz handelt es sich um eine Vorzeichnung zu dem Gemälde »Predigtzuhörer vor der Kirche« (um 1860) aus der Sammlung der Staatsgalerie. Um Vorstudie und Gemälde weiterhin zusammen präsentieren zu können, ist ein Rückkauf vorgesehen. Die Federzeichnung von Samuel van Hoogstraten wird der Familie Berolzheimer hingegen übereignet.

Provenienzforschung an der StaatsgalerieSeit 2009 wird an der Staatsgalerie Stuttgart Provenienzforschung betrieben. Die Stelle ist im Jahr 2015 durch das Land Baden-Württemberg verstetigt worden. Provenienzforschung beschäftigt sich mit der Herkunft der Kunstwerke und prüft, ob in der Zeit des Nationalsozialismus möglicherweise ein aus heutiger Sicht unrechtmäßiger Besitzwechsel stattgefunden hat. Untersucht werden die Werke, welche vor 1945 entstanden sind und seit 1933 erworben wurden. In der Staatsgalerie Stuttgart sind davon über 6.000 Gemälde, Skulpturen und Grafiken betroffen.

RestitutionenAufgrund der bereits durchgeführten Forschungen restituierte die Staatsgalerie Stuttgart seit 1998 insgesamt 12 Kunstwerke aus ihrem Besitz. Auch die Freunde der Staatsgalerie e.V. gaben in der Vergangenheit zwei Werke aus ihrem Besitz an rechtmäßige Erben zurück. Unter den 12 bereits restituierten Werken aus der Staatsgalerie befanden sich bereits 2014 zwei Zeichnungen, die an die Erben nach Michael Berolzheimer zurückgegeben wurden. Der Südwestdeutsche Rundfunk entschloss sich 2014 ebenfalls zur Rückgabe einer Zeichnung an die Familie Berolzheimer.

Die restituierten Werke aus der Sammlung Dr. Michael Berolzheimer:Theodor Christoph Schüz (1830-1900), Familie vor der offenen Kirchentür, der Predigt zuhörend (1858), Bleistift auf bräunlichem Papier, 49,2 x 40,1 cm

Samuel van Hoogstraten (1627-1678), Mann mit Fackel (ohne Datierung), Federzeichnung, 7,8 x 10 cm

Tags: Malerei, Restituiert

ÖffnungszeitenDi–So 10.00–18.00 UhrDo Abendöffnung bis 20.00 UhrDi, Mi Sonderöffnungen für angemeldete Schulklassen ab 9.00 Uhr, Anmeldung telefonisch unter 0711-47040-453 Sonderausstellung »Kunst & Textil«Eintrittspreise12,00 €, ermäßigt 10,00 €, inkl. SammlungSammlung inkl. Graphik-Kabinett7,00 € / 5,00 €, mittwochs freier Eintrittoder per E-Mail an fuehrungsservice@staatsgalerie.de
 
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