Die sehr qualitätsvolle Offerte wurde von Werken der Klassiker der Moderne aus Frankreich und Deutschland angeführt. Für Karl Hartung wurde mit € 605.000 ein internationaler Rekordpreis erreicht. Lovis Corinth stieg auf € 517.000 und Lyonel Feininger auf nicht weniger beeindruckende € 428.000. Ein bedeutendes Aquarell von George Grosz erreichte € 378.000. Eine kleine Leinwand Pierre Auguste Renoirs kam auf € 227.000, Gert Heinrich Wollheim auf den internationalen Rekord mit € 202.000 und ein Nolde-Aquarell auf € 113.000.Mit € 605.000 – einem Weltrekord für den Künstler – überstrahlte Karl Hartungs 223 cm lange Bronzeplastik „Große Liegende“ von 1951 die Auktion. Das Werk entstand in der Hochzeit seiner künstlerischen Entwicklung und zählt zu seinen bedeutendsten Arbeiten. Seit den 1920er Jahren verfolgte Hartung das Thema der liegenden Akte, anfangs noch inspiriert von Maillol, im Verlauf der folgenden Jahre in immer stärkerer Abstrahierung. In den 1940er Jahren, einer Zeit, in der sich Hartung in einem regelrechten Schaffensrausch befand, erarbeitete er – auch von Henry Moore inspiriert – eine große Werkgruppe von Akten, in denen er mit verschiedensten formalen Ausdrucksformen experimentierte. Gegen die hartnäckige Konkurrenz setzte sich schließlich eine Berliner Sammlung durch (Lot 7, € 150/170.000).
Eine norddeutsche Sammlung steigerte Lovis Corinths auf € 250/300.000 geschätzte pracht- vollen „Römische Blumen“ von 1914 auf den Spitzenpreis von € 517.000. Im April dieses Jahres brach der Maler zusammen mit seiner Frau Charlotte zu einer Reise nach Südfrankreich und Italien auf. Der in Aufsicht gezeigte Strauß entstand in ihrem Hotelzimmer in Rom. Die Blumenstillleben Corinths feiern die Opulenz der Natur in einer überreichen Pracht voller Farb- und Formenvielfalt. Vor dem Hintergrund der heraufziehenden Kriegsgefahr können sie gleichermaßen als Memento mori und als Ausdruck purer Lebensfülle gesehen werden (Lot 19).
Erst mit dem Einsatz von € 428.000 konnte eine rheinische Sammlung Lyonel Feiningers Gemälde „An der Seine“ von 1912, das sich lange Zeit als Dauerleihgabe im Kunstmuseum Moritzburg in Halle (Saale) befand, erobern. Dort wurde es umfangreichen kunstwissenschaft- lichen und technologischen Untersuchungen unterzogen, die die Entstehungsgeschichte des Werkes rekonstruierten. Das heutige Erscheinungsbild zeigt die vom Künstler über mehrere Jahre hinweg stark überarbeitete Version; eine Fotografie aus den 1910/20er Jahren gibt Aufschluss über den ursprünglichen Zustand. Als außergewöhnliches und rares Zeugnis von Feiningers künstlerischer Entwicklung stellt es ein Schlüsselwerk dar, das für den Maler selbst einen sehr besonderen persönlichen Stellenwert besaß und den maßgeblichen Wendepunkt seiner einzigartigen Künstlerkarriere repräsentiert (Lot 52, € 150/180.000).
Eine Berliner Sammlung hob das 1922 in Feder, Tusche und Aquarell auf Papier ausgeführte Blatt „Ganoven an der Theke“ von George Grosz auf € 378.000. Diese u.a. in der Royal Academy of Arts in London ausgestellte Papierarbeit gehört ohne Zweifel zu den bedeutendsten Blättern aus der besten Schaffenszeit des Künstlers, dessen Darstellungen des gesellschaftlichen Lebens um 1920 Ikonen der Moderne sind (Lot 26, € 250/300.000).
Schweizer Handel setzte € 227.000 für Pierre-Auguste Renoirs kleines, zartfarbiges Gemälde „Nu debout en pied“ aus dem Jahr 1879 ein, in dem die weibliche Figur wie eine Venus dargestellt ist, die sich aus dem dunklen Hintergrund erhebt. Das Bild gehörte einst zur Sammlung von Henri Fantin-Latour (Lot 41, € 180/220.000). Gert Heinrich Wollheims beeindruckende Leinwand „Dachgeister“ von 1922 entsteht während seiner sechs Jahre in Düsseldorf. Seinem brodelnden, anarchischen Temperament entsprechend lässt Wollheim in dem Gemälde zwei Dachgeister eine aus den Fugen geratene Welt bejubeln. Die Dachland- schaft weckt Erinnerungen an ein Schlachtfeld, aus dem Schornstein quillt zähflüssiger Rauch abwärts – verkehrte Welt. Zahlreiche Bieter stiegen in ein Bietgefecht ein und trieben das Bild von € 30.000 bis auf den internationalen Rekordpreis von € 212.000, die eine in Amerika beheimatete Sammlung einsetzte (Lot 8).
An der Spitze der Emil Nolde-Offerte lag mit € 113.000 das im Jahr 1946 entstandene und direkt von dem Künstler stammende Aquarell „Abendmeer mit Segelboot und Dampfer“ (Lot 4, 120/150.000). Auf € 76.000 kam das im November 1913 auf Noldes Südseereise während seines Aufenthalts in China entstandene Aquarell „Dschunken auf dem gelben Fluss“ (Lot 3, € 60/80.000). € 95.000 spielte Picassos Farblinolschnitt „Portrait de femme à la fraise et au chapeau“ aus dem Jahr 1962 ein (Lot 45, € 80/90.000). Ernst Ludwig Kirchners reizvolle Original-Lithographie „Tanzende Akte“ von 1914 kam auf € 88.000 (Lot 38, € 60/80.000), während Jean Léon Fautriers 1928 gemalte „Nature morte aux fleurs“ auf € 87.000 stiegen (Lot 70, € 40/60.000).