Gewohnt vielseitig und umfangreich präsentiert sich Nagels Spezialauktion 721 Sammlerteppiche und Ethnologica am 24. März 2015 in Stuttgart und wartet dabei mit einer ganzen Reihe interessanter Einzel- und Sammlungseinlieferungen spannender Provenienzen auf.Insgesamt gelangen rund 200 Knüpfteppiche und Flachgewebe sowie diverse Afrikana, Orientalika und Ausgrabungsobjekte aus den unterschiedlichsten Sammelgebieten und Kulturregionen zur Versteigerung.
Zu den außerordentlichen Höhepunkten der Offerte zählen rund 25 ausgezeichnete Sammlerteppiche aus der über Jahrzehnte hinweg zusammengetragenen Privatsammlung des ehemaligen Stuttgarter Landgerichtsrates Burkhardt. Herausragendes Exponat der Kollektion ist ein bislang marktunbekannter Tekke aus der seltenen Teppichgruppe der Tier-Baum-Asmalyks (Lot 25: Turkmenistan, 18./19. Jahrhundert, 91 x 140 cm). Das als Kamelschmuckbehang auf Hochzeiten eingesetzte Knüpfwerk zeigt das Feldmuster schön als wabenartiges Gitterwerk mit gezackten Blättern, welches in rautenförmiger Anordnung einen Baum und zwei flankierende Vierbeiner einfasst. Von den lediglich 14 bekannten Exemplaren dieses Typus befinden sich die meisten im Bestand namhafter Sammlungen und Museen, wie der Eremitage in St. Petersburg. Für zwei weitere Ausfertigungen konnte im vergangenen Jahr auf Auktionen jeweils zwischen 70.000 € und umgerechnet 90.000 € erzielt werden. Die vorliegende Arbeit kommt zu einem attraktiven Schätzpreis von nur 20.000 € zum Aufruf.
Ein westanatolischer Uschak Lotto-Teppich im ornamentalen Stil ist ein weiterer nennenswerter Blickfang der Kollektion (Lot 1: 16./17. Jahrhundert, 154 x 111 cm, Schätzpreis 6.000€). Die sogenannten Lotto-Teppiche – benannt nach dem italienischen Maler Lorenzo Lotto (1480-1557), in dessen Gemälden Teppiche dieses besonderen Typus dargestellt sind – fallen durch ihr markantes goldfarbenes Gitterarabeskenmuster auf rotem Fond auf. Dieses Muster ist als unendlicher Rapport zu verstehen. Das Innenfeld gibt gewissermaßen nur einen Ausschnitt auf das fortlaufende Muster frei, und je nach Ausschnitt kann das Muster in asymmetrischer oder, wie bei dem vorliegendem Exemplar, in symmetrischer Anordnung zu sehen sein. Anders als das Innenfeld kann die Bordüre bei den Lotto-Teppichen variieren. Neben sogenannten Wellenrankenbordüren, wie hier, auf blauem Grund, finden sich auch Wolkenbandbordüren oder Kartuschenbordüren.
Ehemals aus der Sammlung Orler, Venedig stammt ein ausgesprochen schöner Kasak im prägnanten Swastika Design, der mit sechs nachtblauen und einem tiefblauen Blütenornament geschmückt ist (Lot 31: Kaukasus, Ende 19. Jahrhundert, 260 x 196 cm). Titelbild des ebenfalls beiliegenden Sammlungskataloges wird er zu 12.000 € aus italienischem Privatbesitz aufgerufen.
Zwei weitere interessante Stücke kommen aus einer spannenden süddeutschen Teppichsammlung zur Versteigerung. 35.000 € werden hierbei für einen prächtigen indischen Moghul-Tierteppich aus dem 17./18. Jahrhundert erwartet (Lot 49: 279 x145 cm). Ein rubinrot gezeichnetes Hauptfeld bildet den imposanten Hintergrund einer mit entzückenden Detaildarstellungen einer am Bach trinkenden Gazelle, eines kletternden Bären, einer vom Baum fressende Giraffe, jagender Raubkatzen und zahlreichen Vögeln versehnen Hügellandschaft mit Bachlauf und üppiger Flora unter einem Himmel mit bizarren Wolkenformationen. Schon ab außerordentlich attraktiven 3.000 € ist hingegen ein Seidentextil aus dem 16. Jahrhundert mit feiner Darstellung eines safavidischen Prinzen auf einem Pferd bei der Gefangennahme eines georgischen Mannes mit Kind zu haben (Lot 66: Persien, 53 x 38 cm). Eine beinahe identische Arbeit befindet sich im Metropolitan Museum of Art, New York (Anschaffungsnummer 52.20.12).
Sehr bedeutenden Vorbildern nachempfunden ist ferner ein ausnehmend schöner Täbris Medaillonteppich mit allerlei Tieren und Fabelwesen wie Drache, Phönix und Quilin in einer idyllischen Paradieslandschaft mit Zypressenbäumen (Lot 78: Persien, Mitte 20. Jahrhundert, 500 x 280 cm, Schätzpreis 4.000 €). Das safavidische Original war im 16. Jahrhundert in zweifacher Ausführung angefertigt worden. Eine Ausführung wurde durch Wilhelm von Bode für das Berliner Museum erworben, im 2. Weltkrieg jedoch fast vollständig zerstört. Die andere Ausführung, auch bekannt als „Coronation Carpet“, war 1902 für die Krönung des englischen Königs Edwards VII. in der Westminster Abbey ausgelegt und gehört seit 1949 zum Bestand des Los Angeles County Museum of Art. Repliken dieser Teppiche wurden von der deutschen Firma PETAG im Zeitraum 1911 bis zum 2. Weltkrieg zur Knüpfung in Persien in Auftrag gegeben.
Im Bereich Ethnologica sticht neben Holz-, Bronze-, Keramik- und diversen grafischen Arbeiten nicht zuletzt eine Stuttgarter Privatsammlung von über 50 ungemein attraktiv geschätzten antiken Gläsern heraus. Hier gehören etwa eine türkiesfarbene Rippenschale mit zarter regenbogenfarbener Irisierung (Lot 309: Römisch/Östliches Mittelmeergebiet, 1. Jahrhundert n. Chr., D. 14,5 cm, Schätzpreis 700 €), dunkelblaue islamische Langhalsflasche (Lot 302: H. 18 cm, Schätzpreis 500 €) sowie eine Miniatur-Oinochoe mit marmoriertem Zickzackmuster (Lot 303: Griechenland 4. – 6. Jahrhundert v. Chr., H. 8,7 cm, Schätzpreis 1.200 €) zu den schönsten Beispielen.
Alle angebotenen Objekte können vom 21. bis 24. März 2015 bei Nagel Auktionen in Stuttgart besichtigt werden.