Goldscheider Keramik im Zeichen der Goldenen ZwanzigerIn der Herbstauktion „Europäisches Kunstgewerbe“ kommen feinste Keramikfiguren des Wiener Traditionsunternehmens Goldscheider bei Van Ham zum Aufruf. Diese hessische Privatsammlung mit 18 kostbaren Art Déco-Kunstwerken ist wohl die hochwertigste und umfangreichste Offerte an Goldscheider-Figuren der letzten Jahre auf dem internationalen Auktionsmarkt. Die Modelle bilden Posen von Tanz über Maskerade ab und verkörpern die emanzipierte und moderne Frau der 1920er Jahre.Friedrich Goldscheider handelte bis zum Jahr 1885 mit Karlsbader Porzellan, bevor er in Wien die „Goldscheider’sche Porzellan-Manufactur und Majolica-Fabrik“ gründete. In kürzester Zeit konnte sich das Unternehmen international beweisen und Dependancen in Paris, Florenz, Leipzig und Berlin eröffnen. Künstlerisch sah man sich in Konkurrenz zur Wiener Werkstätte und anderen auf Unikate spezialisierten Ateliers. Während viele dieser Firmen in eine wirtschaftliche Krise steuerten, konnte sich die Manufaktur Goldscheider mit künstlerisch anspruchsvollen und dennoch wirtschaftlich reproduzierbaren Modellen erfolgreich am Weltmarkt durchsetzen.
Es entstanden serielle Produktionen, wobei jedoch stets der hohe Anspruch galt, den individuellen, schöpferischen Charakter eines Kunstwerks zu erhalten.
Der „Maskentanz“ nach einem Entwurf von Stephan Dakon (Schätzpreis: 20.000 – 25.000 Euro) ist ein Abbild der Tänzerin Rita Zabelkow in einem eng anliegenden Kostüm mit gesengtem Blick. Zu ihren Füßen befinden sich zwei leuchtend rote Masken. Die zarten Details ihrer Robe und die kontrastreiche Farbgebung zeugen von den beindruckenden künstlerischen Standards der Manufaktur Goldscheider.
Die wunderbaren Figuren verkörpern zudem den Zeitgeist der 1920er Jahre. Zeitschriften, Zeitungen und das Cinema kreierten ein Bewusstsein für Mode und Trend. Extravaganz, Luxus und dekorativ figürlicher Raumschmuck brachten den Glanz der mondänen Welt in die eigenen vier Wände. Aber auch der gesellschaftliche Wandel, mit dem sich auch ein neues Bild der Frau etablierte, lässt sich wunderbar an den Art Déco-Figuren der kommenden Van Ham Auktion erkennen. Wie die verspielte Figur „Pyjama“ von Stephan Dakon (Schätzpreis: 2.500 – 3.500 Euro). Die freche Pose der Theater- und Filmschauspielerin Emmy Sturm und der hoch modische Bubikopf bringen den Lebenshunger der jungen Generation der 20er Jahre sowie das neu gefundene Selbstvertrauen der Frau hervorragend zum Ausdruck.
Mit einem neuen Dekorationsstil, der durch den Einsatz einer Spritztechnik mit Aerographen erfolgte, hob sich die Manufaktur erfolgreich von der Konkurrenz ab. Die Harmonie aus künstlerischem Modell, Ausarbeitung und Dekoration stärkte den weltweiten Erfolg und manifestierte den Begriff „Wiener Fayence“ mit Goldscheider Erzeugnissen. Dank dieses Verfahrens entstand auch eines der imposantesten Fayence-Modelle: der „Gefangene Vogel“ nach einem Modell von Josef Lorenzl (Schätzpreis: 1.500 – 2.500 Euro). Sorgfältig ausgearbeitete Schmetterlinge und Käfer auf dem Cape der höchstkonzentrierten Tänzerin Niddy Impekoven unterstreichen dieses phantasievolles Highlight der Herbstauktion. Das Modell wurde weltweit vertrieben und findet noch heute in unterschiedlichsten Varianten großen Anklang bei internationalen Sammlern von Art Déco-Keramik.
VeranstaltungshinweisDonnerstag, 7. November 2019, ab 18 Uhr„Goldscheider – Glanz und Spannung der 20er Jahre“Der Goldscheider-Nachfahre und Werkverzeichnisverfasser Dr. Filipp Goldscheider wird im Rahmen der Vorbesichtigung bei Van Ham die Zeit der Goldenen Zwanziger beleuchten und die herausragenden Objekte der Hessischen Privatsammlung präsentieren. Zu diesem Abend laden wir Sie herzlich ein.