Auktion 1199 │ PhotographieSpitzenstück der Photo-Auktion am 1. Juni ist Willi Ruges 1931 entstandenes, spektaku- läres „Selbstfoto im Moment des Abspringens“, das den Photographen beim Absprung mit dem Fallschirm über dem Berliner Umland zeigt (Lot 529, € 30/40.000). Vielfach publiziert, ist das Bild Teil jener Reportage, mit der Willi Ruge seinen international größten Erfolg feierte. Der hier zum Aufruf kommende Vintage-Abzug stammt aus dem Archiv der argentinischen Wochenzeitschrift 'Caras y Caretas'. Die eindrückliche Nahaufnahme mit ihren starken Schwarz-Weiß-Kontrasten und intensiven innerbildlichen Dynamik kann heute als Sinnbild für eine Epoche gedeutet werden, die von der Faszination an technischem Fortschritt, Tempo und optischen Sensationen geprägt war. Ein identischer Vintage-Abzug unseres Motivs wird aktuell in der vielbeachteten Ausstellung 'Masterworks of Modern Photography 1900 – 1940. The Thomas Walther Collection at The Museum of Modern Art, New York' mit Stationen in Lugano, Paris und Turin gezeigt. Auf einer Auktion kommt diese Aufnahme, von der nach heutigem Kenntnisstand neben dem hier angebotenen Abzug nur ein Exemplar im Museum of Modern Art in New York nachgewiesen ist, erstmals zum Aufruf.László Moholy-Nagys Portrait seines Bauhaus-Schülers Xanti Schawinsky (Lot 523, € 12/15.000) stammt aus dem Nachlass des Dargestellten und entstand 1927 während eines gemeinsamen Aufenthaltes in Ascona am sommerlichen Badestrand. “Sonnenanbeter bei der Beschwörung eines Sonnengottes", betitelte Moholy-Nagy das nahsichtige Porträt in seinen Aufzeichnungen. Publiziert wurde es 1933 als Hochformat unter der Bezeichnung "Unter der Douche" auf der Titelseite der 'Basler Illustrierten’, was den freimütigen Umgang der damaligen Bildredaktionen mit ihrem Material illustriert, zugleich aber als Beleg für Moholy- Nagys bekanntes Postulat gelten kann, dass eine gute Photographie aus verschiedenen Ansichten zu 'funktionieren' habe.
Obgleich einige Jahre vor dem eigentlichen Beginn seiner Karriere entstanden, weist Irving Penns frühe Arbeit „Fish made of Fish“ bereits jene Merkmale auf, die später seinen Ruf als einer der anerkanntesten Photographen des 20. Jahrhunderts begründen sollten: Die visuell prägnante, auf das Wesentliche reduzierte Komposition des Stilllebens geht hier Hand in Hand mit der für Penn typischen, hochgradigen technischen Präzision (Lot 560, € 12./15.000). Von seinem Landsmann Man Ray stammt das elegante Portrait en profil der mondänen Karin Kluth (Lot 545, € 8/10.000). Es entstand 1929 in Paris, wo die aus Deutschland stammende Künstlerin im selben Jahr ihre Arbeiten in der Galerie Georges Bernheim präsentierte. Gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann, dem niederländischen Künstler Ernst van Leyden, verkehrte die selbstbewusste junge Frau in den Künstlerkreisen um Marc Chagall, Ossip Zadkine und Francis Picabia.
Vermutlich ebenfalls in Paris entstand Brassaïs nächtliche Aufnahme des nass-glänzenden Asphalts, der sich in engem Bildausschnitt in ein graphisch anmutendes Muster verwandelt (Lot 549, € 5/6.000). Mit Édouard Boubats Bild der im winterlichen „Jardin du Luxembourg“ ausgelassen spielenden Kinder (Lot 585, € 3.3.500), Robert Doisneaus sich im Regen drehender „Manège de Monsieur Barré“ (Lot 586, € 4/5.000) und Henri Cartier-Bressons ländlicher Idylle in „Beauce, France“ (Lot 589, € 3/3.500) kommen gleich mehrere bedeutende Arbeiten der französischen Photographes Humanistes zum Aufruf.
Die US-amerikanische Photographie ist mit mehreren Werken Helen Levitts (Lots 564/565 sowie 596/597, € 1.8/2.000 und € 4./5.000) sowie Lee Friedlanders berühmten, in „New York City“ aufgenommenen, sich auf dem bepelzten Kragen einer Dame als Schatten abzeichnenden Selbstportrait (Lot 599, € 5/6.000) prominent vertreten.
Im Bereich der Zeitgenössischen Photographie sticht Tracey Moffats „Something More #5“ hervor (Lot 649, € 8/10.000). Die hier vorliegende Aufnahme mit ihren übersatten Farben und der dramatischen Inszenierung der Personen – im roten Kleid die Photographin selbst – evoziert einen bedeutungsschwangeren, von unterschwelliger Gewalttätigkeit geprägten Moment einer vermeintlichen ‚Story‘. Moffat spielt mit den Sehgewohnheiten eines kinoerfahrenen Publikums. Mit ihrer Serie „Something More“ erlangte die australische Photographin internationale Aufmerksamkeit. Anton Corbijn ist mit drei Portraits bedeutender Persönlichkeiten aus der Musikbranche vertreten (Lots 642–644, € 5/6.000), darunter mit seinem berühmten Porträt des „U2“-Sängers Bono, das diesen mit seiner Frau Nassim zeigt und für das Cover des 1991 erschienenen Albums „Achtung Baby“ Verwendung fand.
Auktion 1200 │ Evening Sale und Auktion 1201 | Day Sale Photographisches Highlight des Evening Sales am 1. Juni ist Maurizio Cattelans großformatiges „Untitled“, das 1999 in Folge seiner Performance 'Project#65 – Maurizio Cattelan' im New Yorker MoMA entstand (Lot 44, € 100/150.000). Die Performance bestand aus einem Darsteller, der ein Kostüm und eine überdimensionale Kopfmaske mit den Zügen von Pablo Picasso in seinen späteren Jahren trug und sich als „Karikatur“ dieses größten aller modernen Künstler unter die Museumsbesucher mischte, wobei er sich pantomimisch mit ihnen unterhielt und für Fotos posierte. Candida Höfer ist mit einer imposanten Aufnahme der „Biblioteca universitaria di Bologna“ vertreten (Lot 90, € 30/40.000), von ihren Lehrern Bernd und Hilla Becher stammt eine Gruppe mit sechs Aufnahmen von Fördertürmen aus den 1970er Jahren (Lot 91, € 35/40.000). Weitere photographische Arbeiten kommen im Rahmen unseres Day Sales am 2. Juni zum Aufruf.
Auktionen 1199/1200/1201 Kataloge online / Live-Auktion1./2. Juni 2022, ab 18.00, Lempertz Köln
https://www.lempertz.com/de/auktionskataloge.html
Vorbesichtigung Köln 28. – 31. Mai