NATUR-VERNETZT Raubwanze "Knappe", Spilostethus saxatilis (Scopoli 1763); Naturwissenschaftliche Sammlungen, TLMF  © TLM NATUR-VERNETZT Raubwanze "Knappe", Spilostethus saxatilis (Scopoli 1763); Naturwissenschaftliche Sammlungen, TLMF © TLM - Mit freundlicher Genehmigung von: TirolerLandesmuseen

Wer: TirolerLandesmuseen

Was: Ausstellung

Wann: 20.03.2015 - 11.10.2015

Warum schluckt ein Birkhuhn Steinchen? Wie profitiert eine Zirbe von einem Zirbenhäher? Was haben eine Raupe und ein Braunbär gemeinsam? Die Ausstellung „Natur-Vernetzt“ im Museum im Zeughaus gibt Antworten auf Zusammenhänge wie diese. Aufgezeigt wird die Vernetzung zwischen den naturwissenschaftlichen Fachgebieten wie Botanik und Zoologie sowie anderen Disziplinen wie…
Warum schluckt ein Birkhuhn Steinchen? Wie profitiert eine Zirbe von einem Zirbenhäher? Was haben eine Raupe und ein Braunbär gemeinsam? Die Ausstellung „Natur-Vernetzt“ im Museum im Zeughaus gibt Antworten auf Zusammenhänge wie diese. Aufgezeigt wird die Vernetzung zwischen den naturwissenschaftlichen Fachgebieten wie Botanik und Zoologie sowie anderen Disziplinen wie Kunst und Geschichte. Tier- und Insektenpräparate, Pflanzenbelege, Federkarten, bibliophile Kostbarkeiten, Bilder und Kunstgegenstände lassen die Besucherinnen und Besucher in teils unbekannte Verknüpfungen im Netz der Natur eintauchen.

Netzwerk, World Wide Web und Social Network sind Begriffe, die aus unserem täglichen Sprachgebrauch, aber auch aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. Unser Dasein ist von Vernetzungen bestimmt. Alle Organismen sind Teile von Kreisläufen, die unser Leben beeinflussen. Die Verquickungen sind uns oft aber gar nicht bewusst. Der Tannenhäher wird z. B. gerne als „Gärtner des Zirbenwaldes“ bezeichnet. Er vergräbt Zirbennüsse als Wintervorrat im Boden. Mehr als 80 Prozent der Depots findet er auch bei hoher Schneelage wieder. Aus den restlichen Nüssen keimen Zirben, die für die Verjüngung des Baumbestandes wichtig sind. Ohne Tannenhäher gäbe es daher keine Zirben, ohne Zirben keinen Schutz vor Lawinen, ohne Zirben aber auch keine Krippenfiguren, die meist aus Zirbenholz geschnitzt werden. Und keinen Zirbenschnaps.

Die Ausstellung „Natur-Vernetzt“ zeigt Vernetzungen sowohl innerhalb der Wissensgebiete der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Tiroler Landesmuseen als auch zwischen Biologie, Kunst und Geschichte auf. „Mit ihren vielfältigen Sammlungsbeständen sind die Tiroler Landesmuseen ein Universalmuseum. In dieser Ausstellung zeigen wir von den Naturwissenschaflichen Sammlungen ausgehend auf, wie wichtig das interdisziplinäre Forschen ist – und insofern auch die fächerübergreifende Aufbereitung von Themen für unsere Besucherinnen und Besucher“, hält PD Dr. Wolfgang Meighörner, Direktor der Tiroler Landesmuseen, fest. Peter Morass, Kurator der Ausstellung, ergänzt: „Es war ein spannender Prozess, Objekte und Informationen aus den verschiedenen Fachgebieten zusammenzutragen und wie Puzzlesteine zusammenzufügen. Mit der Ausstellung wollen wir zum Teil wenig bekannte Vernetzungen zwischen Biologie, Mineralogie, Chemie, Medizin, Kunst, Soziologie und Geschichte verdeutlichen.“

Universalgenie ScopoliDas Wirken des berühmten Arztes und Naturforschers Johann Anton Scopoli zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung. Der Alttiroler wurde 1723 in Cavalese im Fleimstal/Südtirol geboren. Seine Büste auf der Fassade des Ferdinandeum signalisiert, dass er zu den wichtigsten Persönlichkeiten in der Tiroler Kulturgeschichte zählt. An der Universität Innsbruck erlangte Scopoli den medizinischen Abschluss. Als Arzt praktizierte er in Cavalese und Venedig, ab 1754 in einem Quecksilberbergwerk in der Region Krain. Er legte umfangreiche Pflanzen- und Insektensammlungen an. Sein Interesse für die Naturwissenschaften brachte ihm jedoch wiederholt den Vorwurf ein, er würde seine Tätigkeit als Arzt vernachlässigen.

Scopoli publizierte bedeutende botanische Werke wie die „Flora carniolica“, die „Entomologica carniolica“, ein Hauptwerk der Insektenkunde, die „Crystallographia Hungarica“, ein Standardwerk der Mineralogie, sowie die „Elementi di chimica e di farmacia“, die seinem Wirken als Arzt Rechnung tragen. Eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen wurde von Scopoli erstbeschrieben. In der Ausstellung wird das Werk des Universalgenies durch Schmetterlings-, Insekten- und Herbarbelege, Vogelpräparate, wissenschaftliche Bücher und Bilder greifbar.

Vom Halsbandsittich zum Vogel Strauß1769 bestimmte Scopoli den Halsbandsittich „Psittacula krameri“, dessen ursprüngliches Verbreitungsgebiet Zentralafrika und der indische Subkontinent war. Vor mehr als 2.300 Jahren brachte Alexander der Große den Sittich nach Griechenland („Kleiner Alexandersittich“). Aus entflohenen Käfigvögeln bildeten sich weltweit in Städten Freilandpopulationen. In Innsbruck nistete in den 1980er Jahren eine Kolonie in Platanen im Hofgarten. Sie zählte zeitweilig fast 40 Individuen. Ausgehend von einer Dermoplastik des Halsbandsittichs, dem Herbarbeleg des Baums und dem in Platanen lebenden Käfer „Eremit“ stellt die Ausstellung über Fresken im Schloss Maretsch bei Bozen einen Zusammenhang vom Sittich zum Afrikanischen Strauß her. Letzterer wird heute, nachdem er beinahe ausgerottet wurde, wegen seiner begehrten Federn, seines wertvollen Leders und seines wohlschmeckenden, fettarmen Fleisches auf Farmen gezüchtet. Dass Leder nicht nur für die Erzeugung von Taschen und Schuhen wichtig ist, sondern auch für das kulturelle Leben, symbolisiert in der Ausstellung eine alte Schützentrommel.

Der Bär als Insekt, Pflanze, Säugetier und Kulturbotschafter Eine weitere Tierart, die Scopoli bereits 1763 beschrieb, ist der Wegerichbär „Parasemia alpicola“. Es handelt sich dabei um einen Schmetterling, dessen Raupen stark behaart sind. In der Pflanzenwelt ist der „Bär“ ebenso präsent: Die Blätter des Riesenbärenklaus erinnern an den Fußabdruck des Tiers. Die über drei Meter hohe Pflanze stammt ursprünglich aus dem Kaukasus, wurde bei uns als Zierpflanze eingeschleppt und breitete sich sehr stark aus. Schon die bloße Berührung der Pflanze im Sonnenlicht führt zu starken Hautschäden und Verbrennungen zweiten Grades. Im Gegensatz dazu ist die in der Ausstellung vertretene Dermoplastik eines Braunbären zum Streicheln gedacht. Der „Ursus arctos“ wurde 1758 von Carl von Linne (Linnaeus) beschrieben. Briefe aus der Bibliothek des Ferdinandeum belegen einen regen Schriftwechsel zwischen diesem berühmten Taxonom und Scopoli. Der Braunbär hinterließ auch im Tiroler Volksglauben seine Spuren. So wurden Bärenpfoten zur Abwehr von bösen Geistern an der Haustür oder am Scheunentor angebracht. Krallen und Zähne des Bären fungierten schon in frühester Zeit als Schmuck und Statussymbol. Aus der Spätbronzezeit ist ein Zahnanhänger erhalten. Er wurde als Beigabe im Brandgrab 91 der Nekropole Vomp - Fiecht-Au gefunden. Tierzähne als Amulette sollten die Kraft, den Mut und die Ausdauer des erlegten Tieres auf den Träger übertragen und ihn schützen. Einer der „schwarzen Mander“ in der Hofkirche, das Standbild von Graf Albrecht IV. von Habsburg, hat in seine Rüstung ein Bärenkrallenamulett eingearbeitet.

Bergkristalle als GastrolithenWeitere Zusammenhänge stellt die Ausstellung etwa zwischen Birkhuhn, Heidelbeere, Bergkristall und medizinischen Anwendungen her. Die Besucherinnen und Besucher erfahren, dass das Birkhuhn zur besseren Verdauung der rein pflanzlichen Kost kleine Steinchen aufnimmt, die im Muskelmagen ähnlich wie ein Mühlstein fungieren. Durch die Losung von Tieren kann man Aussagen treffen bezüglich ihres Bestands, ihrer Verbreitung, Nahrung und Lebensart. Für den Tiroler Künstler Lois Weinberger ist die Losung des Fischotters Arbeitsmaterial, um das Verhältnis zwischen Natur- und Zivilisationsraum sowie das in der Natur vorkommende Netzwerk des Nehmens und Gebens zu thematisieren. Für die Schau im Zeughaus hat er eine Leihgabe zur Verfügung gestellt.

BioOffice – Datenbank der Naturwissenschaftlichen Sammlungen Die Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Tiroler Landesmuseen verfügen über rund zwei Millionen Einzelobjekte. Mit ca. einer Million Exemplare ist die Sammlung alpiner Schmetterlinge weltweit die umfangreichste ihrer Art. Aber auch Mineralien, Fossilien, Herbarien, Mollusken, Käfer und andere Insekten sowie die Wirbeltiersammlung sind für die Scientific Community von großer Bedeutung. Die biologischen Sammlungs- und Verbreitungsdaten werden in einer museumseigenen Datenbank, dem BioOffice, erfasst, ausgewertet und kartografisch dargestellt. Die Informationen werden weltweit Universitäten und Forschungsinstituten, die sich u. a. mit Klimamodelling, Biomodelling und Prognosen von Umweltszenarien beschäftigen, zur Verfügung gestellt. Interessierte können in der Ausstellung im BioOffice Daten abrufen bzw. an Veranstaltungen, in denen Mitarbeiter der Naturwissenschaftlichen Sammlungen die Datenbank vorstellen, teilnehmen.

Führungen, Exkursionen und WerkstättenNeben einem spannenden Angebot für Kindergärten und Schulen gibt es auch bei einem individuellen Museumsbesuch diverse Möglichkeiten, sich mit dem Thema „Natur-Vernetzt“ auseinanderzusetzen. Dem Bergkristall, der Heidelbeere, dem Bär, Wolf und Luchs sind Themenführungen gewidmet. In einer Exkursion sowie durch eine Vogel- und Nachtfalterbeobachtung lernen NaturliebhaberInnen das Areal rund ums Zeughaus besser kennen (Anmeldung erforderlich). Für die jungen MuseumsbesucherInnen wurden die Kinder-Führung „Der Natur auf der Spur“ sowie die Kinder-Werkstatt „Entdecke, erforsche, erlebe!“ entwickelt.

Innsbrucker Institutionen im NetzwerkNicht nur die Tiroler Landesmuseen, sondern auch das Schloss Ambras und das Audioversum beschäftigen sich dieses Jahr mit dem Thema Natur. Unter dem Titel „Echt tierisch! Die Menagerie des Fürsten“ erzählt das Schloss Ambras mit Kunstkammerstücken, Gemälden und außergewöhnlichen Tierstudien erstaunliche Geschichten über die Welt der Tiere und ihre herausragende Bedeutung in der Renaissance (18.6. – 4.10.). Die interaktive Ausstellung „So hören Tiere“ im Audioversum zeigt auf, wie gut Tiere im Vergleich zum Menschen hören (ab 27.03.). Gemeinsam mit dem Alpenzoo Innsbruck gewähren das Museum im Zeughaus, Schloss Ambras und das Audioversum ihren Gästen bei wechselseitigem Besuch einen ermäßigten Eintritt. Mit einem vollen Stempelpass kann man an einem Gewinnspiel teilnehmen.

Tags: Botanik, Geschichte, Kunst, Natur, Tiere

Museum im Zeughaus, Di – So, 9 – 17 Uhr
EINTRITTSPREISEKombiticket für alle Häuser der Tiroler Landesmuseen: € 10 / erm. € 7 Führungsbeitrag: € 2Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahren, Schulklassen, Museumsvereinsmitglieder und mit Innsbruck Card Ermäßigter Eintritt für StudentInnen, SeniorInnen, Gruppen ab 10 Personen, JUFF-Familienpass InhaberInnen, Ö1- Clubmitglieder, ÖBB Vorteilscard …