Am 2. Juni 2017 eröffnet die neue Ausstellung Mario Testino: Undressed / Helmut Newton: Unseen / Jean Pigozzi: Pool Party in der Berliner Helmut Newton Stiftung.Helmut Newton hatte bei der Gründung seiner Stiftung im Jahr 2003 verfügt, parallel zu seinem eigenen Werk anderen Fotografen hier ebenfalls ein Forum zu bieten. Dieser Wunsch wird auch posthum umgesetzt, und diesmal sind es zwei ungewöhnliche Projekte befreundeter Kollegen: Mario Testino und Jean Pigozzi.
Testinos „Undressed“ ist eine ortsspezifische, für die Helmut Newton Stiftung exklusiv konzipierte Installation aus Mode- und Aktaufnahmen, darunter zahlreiche unveröffentlichte Studioporträts. Bei dieser Bildauswahl geht es um die Visualisierung und Materialisierung des „Ausziehens“ und fußt auf einer Analyse der Übergänge von Mode, Erotik und Anatomie, welche tief in Testinos Archive und Arbeitsmethodik blicken lässt. 50 überlebensgroße Bildmotive werden direkt auf die Wände der drei Ausstellungssäle geklebt, wobei die Bilder selbst bis in die Ecken und hoch zur Decke reichen. Durch diese aussergewöhnliche Präsentationsform, die in Testinos Werk und in der Ausstellungshistorie der Stiftung ohne Vergleich und Vorbild ist, entsteht der Eindruck eines begehbaren Magazins oder aufklappbaren Buches. Die abgelichteten Menschen – Frauen und Männer in ihren Zwanzigern und Dreißigern – sind teilweise unbekleidet und großflächig tätowiert; ihre Nackheit wird jedoch so natürlich dargestellt, dass es niemals obszön oder pornografisch wirkt. Manche der Protagonisten werden in dieser Präsentation zur bloßen Form, zum Torso, und die Intimität der Darstellung wird durch die schiere Körpergröße paraphrasiert. Dieser Aspekt sowie der obsessive Blick für den menschlichen Körper verbindet sein Werk formal und inhaltlich mit demjenigen Newtons. Viele der Aufnahmen entstanden als Editorial für die französische, deutsche und italienische Vogue und für den Pirelli-Kalender; alles Publikationen, für die auch Newton bereits seit den 1970ern gearbeitet hatte.
Von Helmut Newton selbst wurden Originalabzüge unterschiedlicher Formate aus dem Stiftungsarchiv ausgewählt, die bislang überwiegend noch nicht gezeigt wurden. Sie ergänzen das bekannte Werk Newtons, darunter Porträts von Jeremy Irons im Londoner Hotel Ritz oder von Michael Gross in einem Dortmunder Schwimmstadium, sowie Aktaufnahmen in einem italienischen Weingut oder für ein Ballett von Jan Fabre. Newton kombinierte bekanntlich Nacktheit und Mode sehr subtil – und macht uns Bildbetrachter bis heute unweigerlich zu Voyeuren. So begleiten und kommentieren Newtons Aufnahmen den Wandel der Rolle der Frau in der westlichen Gesellschaft jener Zeit. Dieser Aspekt ist für sein gesamtes Werk voller zeitloser Eleganz zu konstatieren – und das Gleiche gilt für Mario Testino.
In June ́s Room zeigt die Stiftung „Pool Party“ von Jean Pigozzi; eine ebenfalls installative Präsentation von kleinformatigen, schnappschussartigen Aufnahmen rund um Pigozzis Swimming Pool am Cap d’Antibes, wo sich neben Helmut und June Newton auch zahlreiche andere Prominente entspannten oder ausgelassen feierten. Jean Pigozzi, Kunstsammler und internationaler Geschäftsmann, war bereits 2008 mit Porträts und Selbstporträts in der Paparazzi-Ausstellung der Helmut Newton Stiftung vertreten. Wieder sind es spontane und private Freundschaftsbilder; sie entstanden am Pool, nahe der von Ettore Sottsass 1953 für Pigozzis Vater Henri erbauten Villa Dorane. Wir begegnen in den Aufnahmen u.a. Mick Jagger und Bono, Liz Taylor und Naomi Campbell, also vielen Modellen, die auch Newton porträtierte.
Zur Ausstellung erscheint der begleitende Katalog „Mario Testino. Undressed“ im TASCHEN-Verlag. Die Publikation „Johnny Pigozzi. Pool Party“ erschien 2016 im New Yorker Rizzoli Verlag.