Mit einer Werkgruppe von Objekten aus 2015 und einer räumlichen Installation ist die Münchner Künstlerin Veronika Veit zu Gast in der Galerie Straihammer und Seidenschwann, zusammen mit dem Wiener Fotografen Leo Kandl, der aus seinem inzwischen schon klassisch gewordenen Konvolut von Gewandfotos eine konzise Auswahl präsentiert. „Trans-Forming“ steht als Titel über der Schau, die von Margit Zuckriegl kuratiert und erläutert wird: „Das Unwillkürliche, oft Unbemerkte in Veränderungsprozessen ist gerade in den heutigen Zeiten der Fakes und Realitätskonstrukte ein interessantes Phänomen. Das Nicht-Festgelegte von Formen und das Durchlässige von Materialität reflektieren im Kunstkontext die aktuellen Kontingenzdebatten in Soziologie, Ökonomie, Politik.“ Trans-Forming meint damit einen Veränderungsprozess, der aus ehedem als fix und konstant erkannten Formen, neue, flüssige Formanalogien entstehen lässt.Veronika Veit hat in der Serie „turning“ die Präsenz von menschlichen Figuren in ein Ensemble aus abstrakten Hüllenobjekten gewandelt. Aus der Anwesenheit wurde eine Abwesenheit – manifestiert durch die Spuren der eliminierten Person: Kleidung, Hülle, Objekte, Taschen, Schuhe in Zusammenprall mit Kugeln, Schläuchen, Leitungen, Ständern. Erschrocken blickt der Betrachter auf vermeintlich alltägliche Dinge, deren Eigenleben und Kombinationswille Irritation und Interesse auslösen. Kopfüber stürzen sich die Figurinen aus einem Rock in eine Halskrause, fragen insektenäugige Glatzkopfreplikantinnen nach ihrer Daseinsberechtigung: sind wir das Ergebnis eines Tests?
Für Leo Kandl steht außer Frage, dass das Gewand dem Menschen zum Spiel mit Identitäten dient. Die Kleidungsstücke in seinen Fotografien übernehmen die Rolle der Träger und mutieren zu eigenen Gegenständen mit Zeichencharakter und skulpturaler Qualität. Kandl zeigt also nicht: bekleidete Körper - sondern Hüllen, die sich zu einer eigenen Form emanzipiert haben und Leibhaftigkeit angenommen haben. In dieser „Wesensdifferenz“ ist Raum für Interpretation und Assoziation: am Unterschied von Wahrnehmung und Imagination hat der Philosoph Hans Blumenberg seine Ding-Phänomenologie festgemacht: „Zu den Sachen und zurück“ hatte er seine Publikation der 1980er Jahre genannt und der Kunst eine Sphäre des Nicht-Anschaulichen der Dinge attestiert. Diese gehören auch zum Reich des Phantastischen, der Unsicherheit, der Mutationen und der Veränderungen. Veronika Veit und Leo Kandl arbeiten in diesen Zwischenbereichen und sind dem Unwillkürlichen, Unvermuteten solcher Wandlungsprozesse von Dingen und auf der Spur.
Kuratorin: Margit Zuckriegl