Die sieben Fotos der Ausstellung »Normative Models« sind zentrale Beispiele einer bestimmten Herangehensweise, die in Williams’ fotografischer Praxis zu finden ist: Exemplarische Bildtypen aus allen Lebensbereichen werden oft sehr direkt repliziert, allerdings mit einem erhöhten Produktionsaufwand und mit einer Genauigkeit und Aufmerksamkeit für Details, die eine längere Betrachtung weit mehr belohnt als die Bilder, die üblicherweise in der heutigen visuellen Kultur zu finden sind. Williams’ Fotografien zeigen alltägliche Sujets wie Autos, Kinder, Kochgeschirr, Tiere, Pflanzen und Möbel, die wohl jeder in der westlichen Konsumgesellschaft kennt. Die Art ihrer Präsentation und Gegenüberstellung macht jedoch die unterschiedlichen Kontexte offensichtlich, in denen Bilder und Kunstwerke verbreitet werden. Dazu gehören Display-Strukturen, Ausstellungsdesign, grafische Kommunikation, Publikationen und Pressematerial als Elemente innerhalb größerer diskursiver, gesellschaftlicher und politischer Zusammenhänge und Geschichten.
Die elf beweglichen Ausstellungswände sind fast exakte Nachbildungen einer Ausstellungswand, die Williams 2009 in einer von Christina Végh kuratierten Schau mit dem Künstler Mathias Poledna im Bonner Kunstverein benutzte. Die Nachbildung der Wände verbindet diese Ausstellungssituation mit Williams’ Nachahmung existierender fotografischer Modelle im Besonderen und mit dem Thema der Reproduzierbarkeit der Fotografie im Allgemeinen. Die »vervielfältigten« Wände betonen die Bedingungen des Sehens durch die Brille der Kultur- und Architekturgeschichte und des Erbes der Institutionskritik. Die Bewegungen und Blicke der Besucherinnen und Besucher werden dabei so geleitet, dass eine Analyse der kodierten Sehgewohnheiten und Erwartungen, welche durch die Nachbildung institutionell verwalteter, kultureller Orthodoxien normiert werden, möglich wird.
Anlässlich der Ausstellung erscheinen zwei Publikationen mit identischem Design und identischen Bildfolgen, aber jeweils mit einem anderen Text. Die erste enthält einen Essay des österreichischen Kunsthistorikers Helmut Draxler über die Ausstellung von Poledna und Williams 2009 im Bonner Kunstverein, die zweite einen Nachdruck von Bertolt Brechts Hörspiel »Das Verhör des Lukullus«, das während der NS-Zeit veröffentlicht wurde und zu großen Kontroversen während des Kalten Kriegs führte. Diese Varianten demonstrieren die komplexe Symbiose zwischen Bild, Kontext und Bedeutung – Themen, mit denen sich die Ausstellung wiederholt befasst. Dabei zeigt sich, dass fotografische Bilder und ihre Rezeption abhängige Elemente sind, die innerhalb der normativen Deutungssysteme von architektonischen, diskursiven und theatralischen Modellen inszeniert werden.
Christopher Williams ist 1956 in Los Angeles geboren. Seit 2008 ist er Professor für Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf. Seine Überblicksausstellung »The Production Line of Happiness« wurde 2014-15 im Art Institute of Chicago, dem Museum of Modern Art in New York und der Whitechapel Gallery in London gezeigt. Weitere monografische Ausstellungen u.a.: ETH Exhibitions, Zürich (2017), La Triennale di Milano, Mailand (2017), Museum Morsbroich, Leverkusen (2011), Bergen Kunsthall (2010), Staatliche Kunsthalle Baden-Baden (2010) und Bonner Kunstverein (2009).
Die Ausstellung wird von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und dem Förderkreis der Kestner Gesellschaft unterstützt.
Kuratorinnen der Ausstellung: Christina Végh und Lea Altner
Montag geschlossenDienstag 10 - 20 UhrMittwoch bis Sonntag 10 - 18 Uhr
BibliothekDienstag: 14 - 20 UhrMittwoch bis Samstag: 14 - 18 UhrSonntag, Montag und an Feiertagen geschlossen
Sammlung des Museums und Sonderausstellungen:7 Euro, ermäßigt 4 EuroFreitags freier Eintritt
Ermäßigter Eintritt:Schüler ab 13 Jahre, Auszubildende und Studierende, Wehr-/ersatzdienstleistende, Arbeitslose und Senioren ab 65 Jahren
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