Napoleon Bonaparte veränderte die europäische Staaten-Landschaft grundlegend. Mit ihm änderte sich in kürzester Zeit die politische Landkarte Europas tiefgreifend und nachhaltig. 2019 jährt sich sein Geburtstag: 250 Jahre sind seit der Geburt des Feldherrn, Politikers und Kaisers der Franzosen vergangen. Ebenso wie Alexander von Humboldt, der die Sicht auf die Natur revolutionierte und modern-interdisziplinäre wissenschaftliche Blickweisen entwickelte, hat auch Napoleon die heutige Welt entscheidend geprägt. »Napoleons Gestalt und seine Weitsicht faszinieren noch immer. Sein Code civil – seinerzeit Code Napoléon – schrieb die in der Französischen Revolution deklarierte Gleichstellung aller Menschen – zumindest für die Männer – fest, und weder Adel noch Klerus wurden nur aufgrund ihres Standes länger bevorzugt«, erläutert Cornelie Holzach, Leiterin des Schmuckmuseums Pforzheim. Das Schmuckmuseum rückt im Jahr 2019 zwei zukunftsorientierte Persönlichkeiten in den Fokus. Nach der Humboldt-Schau »Offene Horizonte - Schätze zu Humboldts Reisewegen« widmet es sich vom 19. Oktober 2019 bis zum 1. März 2020 mit »Die Welt neu geordnet - Schätze aus der Zeit Napoleons« dem Wirken Napoleons und dem Schmuck sowie der Mode seiner Epoche, die sich entscheidend änderten. Etwa 150 Exponate werden zu bestaunen sein, darunter auch Arbeiten von Chaumet, dem Hofjuwelier Napoleons. Zahlreiche Bilder zeigen, wie Napoleon sich inszenierte und darstellen ließ, und veranschaulichen im Zusammenspiel mit Dokumenten, Gebrauchs- und Luxusgegenständen die damalige Zeit.
Schmuck aus Napoleons ZeitDer Schmuck zu Zeiten Napoleons war ganz anders als vor der Französischen Revolution: schlichter in der Anmutung, aber nicht weniger wertvoll, eher sogar noch wertvoller. Die formale Sprache ähnelte dem Biedermeier: Im Gegensatz zum üppigen Barock-Schmuck war er zart und sehr delikat ausgearbeitet, teils vergoldet oder mit Gemmen oder Lorbeerblättern verziert. Diademe und repräsentativer Halsschmuck aus dieser Zeit erwarten die Besucher. Auch ein goldenes Tafelservice wird zu sehen sein, ebenso wie ein für damalige Zeiten typischer Gürtel mit Malachit und Gemmen, der im Rücken mit Seidenbändern zusammengenommen wurde und so die weich fließenden, unter der Brust zusammengefassten Gewänder hielt. »Wir zeigen auch Mode-Stiche und Modezeitschriften, um den Zusammenhang zwischen Schmuck, Mode und Politik zu verdeutlichen. Die Kleidung des Ancien Régime, bestehend aus Kniehosen und Perücken, Schnürmiedern und Reifröcken geriet durch den Politikwechsel gänzlich aus der Mode und war nicht mehr tragbar. Mit dem Directoire entstand ab 1795 wieder eine eigenständige, antikisierende Pariser Mode: Nun wurden kurzärmlige Kleider mit hoher Taille getragen, deren Schnitte und Formen neue Typen von Schmuckstücken erforderten. Napoleon war ein Freund von Kameen und Gemmen im Stil der klassischen Antike, die, neben dem imperialen Anspruch, besonders schön die Vielschichtigkeit der Steine zum Vorschein brachten«, sagt Co-Kuratorin Martina Eberspächer. Auf Stoffen tauchte damals häufig die Biene auf, die in gewisser Weise eine Abkehr von der royalistischen Lilie symbolisierte.
Eine weitere Facette ist Berliner Eisenschmuck: In der Zeit der Befreiungskriege 1813-15 wurden die Damen aufgefordert, ihren Schmuck aus Edelmetallen abzugeben und ihn gegen Eisenschmuck einzutauschen. Getreu dem Motto »Gold gab ich für Eisen« sahen sie sich als Patriotinnen zur Rettung des Vaterlandes. »Hier lassen sich sehr schön die Zusammenhänge zwischen Kunsthandwerk und Politik aufzeigen, das finde ich besonders spannend an dieser Ausstellung«, meint Martina Eberspächer und ergänzt: »Wir geben einen Überblick über die napoleonische Zeit, die in einer relativ kurzen Zeitspanne von 15 Jahren wesentliche gesellschaftliche Veränderungen bewirkte und in diesen Jahren von großer Dramatik auch hervorragendes Kunsthandwerk hervorbrachte. Die Napoleonische Zeit hatte gerade auch in Baden-Württemberg, dessen Vorläuferstaaten damals ihre Konturen erhielten, weitreichende Folgen.«
Leben und Errungenschaften des französischen Kaisers1769 in der korsischen Hauptstadt Ajaccio geboren, stammte Napoleone Buonaparte aus einer italienischen Familie, die dem niederen Adel angehörte. Er hatte sieben Geschwister. Dank eines Stipendiums für verarmte Adlige kam er auf eine Militärschule, wo seine strategischen Stärken und sein Machtwille schnell zu einer steilen Karriere führten. Napoleon wusste seine Erfolge auf den Schlachtfeldern in politische Macht umzumünzen und stieg durch die Heirat mit der adeligen und in der Pariser Hautevolée bestens vernetzten Joséphine de Beauharnais auch gesellschaftlich auf. 1799 stürzte Napoleon die Revolutionsregierung und wurde Erster Konsul. 1804 veröffentlichte er den Code Civil als das erste bürgerliche Gesetzbuch Frankreichs, das bald auch in zahlreichen weiteren Staaten galt. Zentrale Freiheitsgedanken der Revolution brachte Napoleon damit in eine bis heute gültige Gesetzesform. Im selben Jahr ernannte er sich selbst zum Kaiser und begann seine Expansionskriege. 1809 ließ er sich von Joséphine scheiden, weil die Ehe kinderlos blieb, und heiratete die österreichische Kaisertochter Marie Louise, mit der er seinen einzig legitimen Sohn Napoleon II. zeugte. 1812 wurde der Russland-Feldzug zum Desaster, und Napoleon verlor ein Jahr später die Völkerschlacht bei Leipzig. Vom Exil auf Elba gelang ihm die Flucht, doch bei Waterloo wurde er vernichtend geschlagen und auf die englische Insel St. Helena verbannt, wo er 1821 starb. Heinrich Heine schrieb: »Napoleon ist nicht von dem Holz, woraus man Könige schnitzt – er ist von jenem Marmor, woraus man Götter macht.«
Öffnungszeiten des Schmuckmuseums Pforzheim Di bis So und feiertags 10 bis 17 Uhr (außer Hl. Abend und Silvester) | Eintritt in die Dauerausstellung 4,50 €, ermäßigt 2,50 €, z.B. mit der SWR2-Kulturkarte, 6 € Kombiticket mit dem Technischen Museum der Pforzheimer Schmuck- und Uhrenindustrie, bis 14 Jahre und mit Oberrheinischem Museumspass frei | Gruppenführungen auf Anfrage | Öffentliche Führung durch die Dauerausstellung sonntags 15 Uhr, 6,50 €, ermäßigt 4,50 €
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