Im Herbst und Winter 2019/20 zeigt das Bank Austria Kunstforum Wien das Werk des Postimpressionisten Pierre Bonnard (1867–1947) – die erste, diesem geheimnisvollen Maler gewidmete Retrospektive in Österreich. Die Ausstellung konzentriert sich auf Bonnards reifes Werk, das nach seinem ersten Besuch an der Côte d’Azur 1909 und der tiefgreifenden Erfahrung des Mittelmeerlichts einsetzt. Jetzt verändert sich die Palette Bonnards, der bis dahin vornehmlich in Paris und Mittelfrankreich lebte, und die starken leuchtenden Farben des Südens beginnen sein Werk zu bestimmen – und charakterisieren es bis in sein Spätwerk.Im Zentrum der Ausstellung steht demgemäß die Farbe als zentrales Ausdrucks- und Gestaltungsmittel des Künstlers. Nicht nur Stimmungen, sondern ganze Kompositionen entwickelt und modelliert Bonnard über Farbakkorde und -dissonanzen, über die Gegensätze und das Zusammenspiel warmer und kühler Töne. Das raffinierte Mit- und Gegeneinander der Farbwerte ist für ihn jedoch nur eines der Mittel, um die Harmonie der Natur in Frage zu stellen. Genauso subtil spielt er mit räumlichen Verunklärungen oder »Fehlern« in der Personenführung – immer wieder sucht er, wie er es selbst formuliert, »eine Überwindung der Natur durch die Kunst«.
Auch wenn Bonnards Farbmalerei in den späten Bildern bis an die Grenzen der Abstraktion geht, stellt er die Gegenständlichkeit anders als die Avantgarden zu Beginn des Jahrhunderts nie in Frage. Wohl deshalb wurde er kurz nach seinem Tod noch als Vertreter einer oberflächlichen Harmonie und »harmloser« Chronist eines großbürgerlichen Alltags klassifiziert. Tatsächlich liegt Bonnards Poesie des Alltäglichen eine subtile Auseinandersetzung mit seiner Umgebung zugrunde. Mit rätselhaften Visualisierungen erinnerter Wahrnehmung lässt Bonnard sich auf Grenzgänge zwischen Fläche und Raum, Farbe und Dinglichkeit ein, die ihn als Kontemplationen einer subtilen Malkultur zu einem unnachahmlichen Ausdruck seiner Individualität führen.
Bonnards vielfältiges und immer wieder neu zu entdeckendes Werk wird mit zahlreichen Leihgaben aus internationalen Museen, wie der Tate in London, dem Metropolitan Museum of Art in New York, der National Gallery in Washington, dem Musée d’Orsay in Paris oder der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen, aber auch aus renommierten privaten Sammlungen präsentiert.
Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Tate, London und der Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen. Kuratorin: Evelyn Benesch mit Matthew Gale (Tate)