Wien - Werke von elf Künstlern, die in der Zeit der Ersten Republik einen bedeutenden Beitrag zur malerischen Moderne Österreichs geleistet haben, zeigt das Leopold Museum ab 10. Februar in der…
Wien - Werke von elf Künstlern, die in der Zeit der Ersten Republik einen bedeutenden Beitrag zur malerischen Moderne Österreichs geleistet haben, zeigt das Leopold Museum ab 10. Februar in der…
Wien - Werke von elf Künstlern, die in der Zeit der Ersten Republik einen bedeutenden Beitrag zur malerischen Moderne Österreichs geleistet haben, zeigt das Leopold Museum ab 10. Februar in der Ausstellung Menschheitsdämmerung. Zwischen lyrischer Empfindsamkeit und sachlicher Weltauffassung. Nach dem dritten Corona-bedingten Lockdown bildet diese von Direktor Hans-Peter Wipplinger kuratierte Schau den Auftakt des Ausstellungsjahres 2021 im Leopold Museum. Die Präsentation knüpft zeitlich und thematisch an die aktuelle Dauerausstellung Wien 1900. Aufbruch in die Moderne an. Die Zusammenstellung konzentriert sich auf eine Reihe prominenter Künstler, die von Museumsgründer Rudolf Leopold besonders geschätzt und intensiv gesammelt wurden: Alfons Walde, Albin Egger-Lienz, Anton Kolig, Herbert Boeckl, Gerhart Frankl, Anton Faistauer, Josef Dobrowsky, Hans Böhler, Alfred Wickenburg, Rudolf Wacker und Sergius Pauser. Die Auswahl vereint rund 100 Gemälde aus der Sammlung des Leopold Museum mit Werken aus der Leopold Privatsammlung.
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Die Werke der österreichischen Kunst zwischen 1918 und 1938 belegen den Pluralismus zwischen einem zurückhaltenden, von Innerlichkeit geprägten, expressiven Kolorismus und einer vom nüchternen Blick auf die Dingwelt geleiteten Neuen Sachlichkeit. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Umwälzungen nach dem Untergang der Monarchie und den traumatischen Ereignissen des Krieges trugen, wenn auch verklausuliert, thematische Akzente bei. Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museum und Kurator der Ausstellung
Zwischen Melancholie und kühler SachlichkeitAnstelle begrabener Utopien traten in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg Dystopien auf den Plan; soziale Nöte, Depression und Lebensskepsis machten sich breit. Künstlerische Panoramen zeugen von einer Flucht in verspielte Darstellungen, zeitlose Stillleben oder märchenhaft erscheinende Landschaften, die in Anbetracht der Wirklichkeit eskapistisch anmuten. Das Spektrum der Kunst jener Zeit reicht von heiter und traumhaft beschwingten Darstellungen bis zu melancholischen, von Traurigkeit durchdrungenen Sujets. Die expressiven Ausdrucksmodalitäten jener Zeit spiegeln sich in einer gefühlsbetonten Bildsprache wider, welche die Hinterfragung von Identitätsmodellen im Blick hatte. Farbintensiv-leuchtendes wie auch dunkeltönig-erdiges Kolorit, das zunehmend autonom eingesetzt wurde, bestimmt diese malerische Manier. Pastose Farbflecke treiben die Bildstruktur vereinzelt zur Auflösung und werden als bildgestaltendes Material eingesetzt. Neben den expressionistischen Ausformungen sind es die Tendenzen der Neuen Sachlichkeit, die dominieren. Die Sehnsucht nach Struktur, Klarheit und Ordnung war nach der Apokalypse des Weltkrieges evident und führte zu einem scharfkantig-linearen Stil, zu fest umrissenen Formen und einer gewollt nüchternen und kühlen Darstellungsweise. Ruhe, Erstarrung und Reglosigkeit der verarbeiteten Sujets paaren sich mit koloristischer Zurückhaltung und einer Verfestigung der Form, die sich durch sachliche Zugänge an der neuen Wirklichkeit zu orientieren sucht.
Aufbruch ins UngewisseDie Impulse, welche von der schöpferischen Kraft der expressionistischen Kunst in Malerei, Grafik und Dichtung des frühen 20. Jahrhunderts ausgingen, aber auch internationale kubistische und postimpressionistische Einflüsse bildeten die Basis für die expressive, farbbetonte Malerei der Zwischenkriegszeit in Österreich. Der politische und kulturelle Aufbruch ins Ungewisse war verbunden mit einem vorübergehenden künstlerischen Vakuum, nach dem frühen Tod richtungsweisender Künstler und Architekten wie Otto Wagner, Gustav Klimt, Koloman Moser und Egon Schiele (alle starben 1918).
Menschheitsdämmerung als ZeitgefühlDer Titel der Ausstellung verweist auf die 1919 durch den Schriftsteller und Journalisten Kurt Pinthus (1886-1975) herausgegebene Sammlung expressionistischer Lyrik Menschheitsdämmerung. Symphonie jüngster Dichtung, welche die Vielfalt der Dichtkunst jener Jahre umreißt. Das Buch versammelt lyrische Texte von DichterInnen und SchriftstellerInnen wie Gottfried Benn, Walter Hasenclever, Georg Heym, Else Lasker-Schüler, Georg Trakl oder Franz Werfel, illustriert durch Porträtzeichnungen der PoetInnen, u.a. aus der Hand der Künstler Ludwig Meidner, Oskar Kokoschka, Wilhelm Lehmbruck oder Egon Schiele. Die in der Ausstellung präsentierten Werke der Sammlung Leopold geben Einblick in das künstlerische Zeitgefühl der Jahre zwischen 1918 und 1938, das von Skepsis und Aufbruchswillen gleichermaßen bestimmt war.
Die Menschheitsdämmerung kann in diesem Zusammenhang als Morgenröte der Kunst ebenso verstanden werden wie als Abenddämmerung, als spätes Aufbäumen des Humanismus vor der großen Barbarei, die in den Zweiten Weltkrieg mündete und deren verheerende Folgen bis heute nachwirken. Die außergewöhnlichen Leistungen der heimischen Kunstproduktion der Zeit zwischen den Kriegen trugen zu einer kontinuierlichen Festigung der Position österreichischer Kunst bei, unterstützt durch Präsenzen auf internationalen Kunstausstellungen, so etwa auf den Biennalen in Venedig bis hin zur Pariser Weltausstellung 1937, wenngleich damals schon unter geänderten politischen Vorzeichen.
Bereits seit 1934 stand Österreich unter der autoritären politischen Führung des austrofaschistischen Ständestaates. Architekt Oswald Haerdtl hatte 1937 den österreichischen Ausstellungspavillon in Paris sachlich-modern gestaltet. Im Jeu de Paume zeigte man am Vorabend des zweiten Weltenbrandes eine Auswahl österreichischer Kunst in der Exposition d’Art Autrichien, als bewusstes offizielles Bekenntnis zu künstlerischer Eigenständigkeit eines ins Wanken geratenen Staates, rund ein Jahr vor der erzwungenen Gleichschaltung durch die nationalsozialistische Diktatur im März 1938, von der Oskar Kokoschka im selbstgewählten Prager Exil erfuhr. 1937 hatte man in Wien eine Ausstellung im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie zum 50. Geburtstag des Künstlers ausgerichtet. Im selben Jahr zeigten die Nazis in München Werke des von Ihnen verfemten Künstlers in der berüchtigten Ausstellung Entartete Kunst. Das Leopold Museum widmet Kokoschka seit 2019 einen eigenen Bereich der Dauerausstellung Wien 1900, die die größte permanente museale Präsentation für den Ausnahmekünstler darstellt.
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