Das Museum Haus Konstruktiv würdigt den Künstler Florin Granwehr (1943–2019) mit einer retrospektiv angelegten Einzelausstellung. Der viel zu früh verstorbene Plastiker und Zeichner hat ein vielschichtiges Œuvre hinterlassen, das neben mehreren realisierten Kunst-am-Bau-Projekten und Plastiken im öffentlichen Raum eine Fülle von kaum veröffentlichten Skizzen, Modellen und Zeichnungen umfasst. Mit einer exemplarischen Werkauswahl soll das Granwehrsche Schaffen in seiner ganzen Bandbreite gezeigt werden.Die meisten Schweizer*innen dürften der einen oder anderen Grossplastik von Florin Granwehr schon begegnet sein: Insbesondere im Kanton Zürich konnte der gebürtige St. Galler, der bereits in den 1960er-Jahren seine Wahlheimat in Zürich fand, verschiedene Werke im öffentlichen Raum realisieren. Eine der letzten von ihm ausgeführten Arbeiten steht seit 2005 vor dem «Schwesternhaus» des Universitätsspitals Zürich. Dass Granwehrs vollendeten Plastiken stets ein vielstufiger Arbeitsprozess vorausging, der von ersten Ideenskizzen etwa auf Servietten über Skizzen auf Papier, Zeichnungen, plastische Entwürfe und exakte Modelle führte, soll Thema in der Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv sein.
Jeder einzelnen seiner in sich geschlossenen Werkfolgen liegt eine abstrakte Problemstellung zugrunde, die Granwehr auf der Basis von Zahl, Mass und Proportion systematisch untersuchte. Die Nähe zur konstruktiv-konkreten Kunst scheint augenfällig, wobei Granwehr selbst wiederholt betonte, nichts mit den Zürcher Konkreten gemein zu haben. Da viele seiner Arbeiten wie Denkmodelle anmuten, ist eine gewisse Nähe zur konzeptuellen Kunst nicht von der Hand zu weisen.
Dies lässt sich besonders gut am Granwehrschen Theorem nachvollziehen, dem zeichnerischen Hauptwerk, das der Künstler in den 1990er-Jahren zu entwickeln begann. Bis kurz vor seinem Tod arbeitete er obsessiv und unermüdlich daran weiter. Im Museum Haus Konstruktiv wird nun zum ersten Mal ein Teil der über 40’000 Bleistiftzeichnungen zu sehen sein. Gegliedert sind diese in Folgen von jeweils 32 Blättern. Sie alle basieren auf mathematischen Zahlensystemen, die Granwehr in verschiedenen Mass- und Winkelverhältnissen, Rotationen und Achsenspiegelungen erprobte.
Die Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv, die in enger Zusammenarbeit mit dem Team vom Nachlass Granwehr konzipiert wird, gibt Einblick in den Granwehrschen Kosmos, in dem sich der Künstler gleichermassen als planvoll-systematischer Plastiker und Zeichner wie als Zahlenmystiker erweist.