Das Kunsthaus Dresden eröffnet am Donnerstag, den 21. September mit der Ausstellung „Relatives“ die erste Retrospektive zum Werk des im Frühjahr 2020 in Wien verstorbenen österreichischen Künstlers Lois Weinberger in Deutschland.Lois Weinberger (* 1947 Stams, Tirol, † 2020 Wien) gilt als Vordenker und Pionier einer künstlerischen Praxis und Ökologie, die Pflanzen und lebendige Prozesse beinhaltet und sichtbar macht. Mit seiner Partnerin, der Kunsthistorikerin Franziska Weinberger, mit der ihn eine intensive künstlerische Zusammenarbeit verband, lebte er bis zum April 2020 in Wien und in Gars am Kamp (AU).
Wildpflanzen, die ein stillgelegtes Bahngleis besiedeln, aufgebrochener Asphalt mitten im Stadtraum und Werke, die aus gefundenem, oftmals vergänglichem Material und seltsam archaisch anmutenden Gegenständen bestehen: Lois Weinberger ist Wegbereiter und Pionier einer zeitgenössischen Kunst, die unser Verhältnis zur Natur einer kritischen Befragung unterzieht: Was ist ein Garten? Und wie erkennen wir uns selbst in den natürlichen Kreisläufen des Wachsens und Vergehens wieder?
Lois Weinberger verstand sich in einem umfassenden Sinne als ‚Feldarbeiter‘ und begann in den 1970er Jahren mit Arbeiten, die er als ‚ethnopoetisch‘ bezeichnete und die eine wesentliche Basis für seine weitere künstlerische Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum bis 2020 bildeten. Den „Garten" sah er als ein Gebiet, als einen Ort des „Beobachtens", des „Geschehenlassens".
In seinem Werk geht es um mikrobiologische Prozesse und Überlebensstrategien des Nomadischen im Pflanzenreich. Ruderal-Pflanzen, die früher auch als „Unkraut“ bezeichnet wurden und die alle Bereiche unseres Lebens tangieren, sind Ausgangs- und Orientierungspunkt für Notizen, Zeichnungen, Fotos, Objekte, Texte, Filme und Projekte im Außenraum.
Zwischen ‚ironischem Schamanismus‘ und einer poetischen Ästhetik der Strenge verhandeln seine Werke wie auch seine langfristig angelegten großen Projekte im öffentlichen Raum die Grenzen von Natur und Kultur neu. Seine in den 1980er Jahren begonnenen Experimente mit Wildpflanzen und Spontanvegetationen wirken aus heutiger Sicht visionär und wurden mit der documenta X in Kassel und dem Österreichischen Pavillon auf der Biennale in Venedig international bekannt. Neben wichtigen Wegmarken wie der bis heute erhaltenen Pflanzengesellschaft auf dem Bahngleis des Kasseler Bahnhofs (documenta X, 1997) und der „Laubreise“, einem riesigen Komposthaufen als Beitrag zur Venedig-Biennale (2009), nimmt die Ausstellung „Relatives“ auch frühe Stationen seines Werks in den Blick. Zusätzlich zu den künstlerischen Arbeiten der Werkschau gewährt die Ausstellung auch Einblicke in das Archiv, das der Künstler Lois Weinberger gemeinsam mit seiner Partnerin Franziska Weinberger angelegt hat und das in Dresden erstmals in Gänze gezeigt wird.
Die Ausstellung wird kuratiert von Christiane Mennicke-Schwarz (Leiterin Kunsthaus Dresden) und Vincent Schier (Kurator, Berlin) in Zusammenarbeit mit Franziska Weinberger und wird gefördert vom Bundeskanzleramt Österreich.