Bewegung ist das Leitmotiv im Werk des Schweizer Fotografen René Groebli. Sie durchzieht seine Bildsprache ebenso wie seine professionelle Entwicklung, die ihn – getrieben von der Neugierde auf die Möglichkeiten des Mediums – in den verschiedensten fotografischen Genres reüssieren ließ.René Groebli wurde 1927 in Zürich geboren und ist eigentlich ausgebildeter Dokumentarfilmkameramann. Obwohl der heute 96-Jährige nie für das Kino arbeiten sollte, gelten seine Fotografien nicht zuletzt durch ihre cineastische Dimension als bahnbrechend: In seinen frühen Fotobüchern Magie der Schiene (1949) und Das Auge der Liebe (1954) arbeitete Groebli etwa virtuos mit Montagen und dynamischen Unschärfen, mit denen er die Bewegung selbst zum Thema macht. Magie der Schiene macht die Geschwindigkeit, das rhythmische Rattern der Stahlräder auf den Gleisen, den Ruß und die schweißtreibende Arbeit der Heizer fast körperlich spürbar. In Das Auge der Liebe umkreist Groeblis Kamera in einer fast tänzerischen Bewegung seine Frau Rita. Die Fotografien entstanden auf einer nachgeholten Hochzeitsreise der beiden nach Paris: ein Fotobuch als Liebesgedicht, das zeigt, wie fotografisches Erzählen jenseits der Reportage funktionieren kann. Groebli war seiner Zeit voraus. Die beiden in Eigenregie verlegten Bücher fanden bei ihrer Erstveröffentlichung kaum Beachtung, heute gelten sie als einflussreiche Meilensteine der Fotogeschichte.
Weit über diese und andere kinematografisch inspirierte Arbeiten hinaus erstreckt sich Groeblis Œuvre über Genres wie den Bildjournalismus und die Straßenfotografie genauso wie das Porträt und das Farbexperiment, die Autorenfotografie oder kommerzielle Auftragswerke. Ab Ende der 1940er-Jahre verdiente Groebli seinen Lebensunterhalt als Fotoreporter für die in London ansässige Agentur Black Star, die ihn vor allem in den Nahen Osten und auf den afrikanischen Kontinent entsandte. Veröffentlichungen seiner Fotografien in den wichtigsten Magazinen der Zeit wie Life, Picture Post, Paris Match und Stern zeugen von der Qualität seiner Arbeit. Gleichwohl hängte er diese Laufbahn 1953 mit nur 26 Jahren an den Nagel, um in Zürich ein Fotostudio aufzubauen, in dem er sich vor allem seinen Versuchen mit dem damals noch neuen Medium der Farbfotografie widmete.
Das Fotomuseum WestLicht zeigt vom 5. April bis zum 2. Juni 2024 rund 100 Arbeiten aus Groeblis kreativster Schaffensperiode von den späten 1940ern bis zum Ende der 1970er- Jahre.
Die Ausstellung ist eine Kooperation mit der Fondation Auer Ory pour la photographie.