Albrecht Dürer (?) Der dichtende Terenz in einer Landschaft. Nicht bei Winkler-Dürer Albrecht Dürer (?) Der dichtende Terenz in einer Landschaft. Nicht bei Winkler-Dürer - Mit freundlicher Genehmigung von: kunstmuseumbasel

Wer: kunstmuseumbasel

Was: Ausstellung

Wann: 01.11.2014 - 01.02.2015

Unter den reichen Beständen des Kupferstichkabinetts an deutschen und schweizerischen Zeichnungen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts befindet sich eine Reihe von Werken Albrecht Dürers (1471–1528) und von Künstlern, die zeitweise in seinem engeren Umfeld oder seiner Werkstatt in Nürnberg tätig gewesen sind: Hans Baldung Grien (um 1485–1545), Hans Schäufelein (um…
Unter den reichen Beständen des Kupferstichkabinetts an deutschen und schweizerischen Zeichnungen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts befindet sich eine Reihe von Werken Albrecht Dürers (1471–1528) und von Künstlern, die zeitweise in seinem engeren Umfeld oder seiner Werkstatt in Nürnberg tätig gewesen sind: Hans Baldung Grien (um 1485–1545), Hans Schäufelein (um 1480–1539/40), Hans von Kulmbach (um 1485–1522) und Hans Springinklee (um 1495–um 1540). Dürer, der im Zentrum der Ausstellung steht, ist gerade einmal mit sechs gesicherten Zeichnungen vertreten. Doch die Zahl erhöht sich auf etwa 140, wenn man ihm diejenigen zuschreibt, die er möglicherweise während seines Aufenthalts in Basel, also um 1492, wohl unter Beteiligung von Mitarbeitern zur Illustration einer lateinischen Ausgabe der Komödien des Terenz auf Holzstöcken ausgeführt hat. Gezeigt werden in der Ausstellung etwa 100 Zeichnungen, also eine grössere Auswahl des umschriebenen Werkkomplexes.

Zur HerkunftDie meisten Basler Zeichnungen der Zeit Dürers stammen aus der Sammlung des Juristen Basilius Amerbach (1533–1591). 1661 erwarb die Stadt Basel Sammlung und Bibliothek von den Erben Amerbachs, der selbst kinderlos geblieben war, und übergab sie der Basler Universität. Amerbach hatte die hohe künstlerische Qualität der Zeichnungen aus der Zeit von Dürer und den Holbeins erkannt und offenbar gezielt nach ihnen gesucht. Er bemühte sich auch um die Erwerbung von druckgraphischen Werken und Zeichnungen Dürers, doch waren letztere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts längst schon in bürgerliche und fürstliche Sammlungen gelangt. Nur eine Zeichnung konnte Amerbach schliesslich erwerben, wohl aus Zürcher Besitz: einen Affentanz, welchen Dürer 1523 auf die Rückseite eines Briefes an den Zürcher Dompropst Felix Frey gezeichnet hatte.

Spätere ErweiterungenNach Rechtsstreitigkeiten konnte die auf die Amerbach-Bestände zurückgehende Sammlung der Basler Universität auch die Zeichnungen, druckgraphischen Werke und Gemälde aus dem sogenannten Museum der Familie Faesch seit 1823 ihr eigen nennen, einem von dem Basler Juristen und Sammler Remigius Faesch (1595–1667) angelegten und grösstenteils auch bestückten Kunst- und Raritätenkabinett. Unter den Altmeisterzeichnungen mit Faesch-Provenienz befinden sich Blätter von Dürer, Baldung, Schäufelein und Leu. Mit den Gemälden, zu denen das Doppelbildnis des Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen und seiner Frau von Hans Holbein dem Jüngeren gehört, kam auch eine Anbetung der Heiligen Drei Könige sehr wahrscheinlich bei dieser Gelegenheit in den Bestand der Öffentlichen Kunstsammlung Basel. Diese Tafel, die in der Ausstellung zu sehen ist, steht vor allem hinsichtlich der Figurentypen den erwähnten Holzstöcken zum Terenz nahe, die als Werke Dürers diskutiert werden.

Peter Vischer-Passavant schenkte 1849 der Öffentlichen Kunstsammlung einen Entwurf für die Mitteltafel des sogenannten Ober-Sankt-Veiter Altars, der damals als Werk Dürers galt. Eine veritable Dürer-Zeichnung, die Heilige Familie in der Halle von 1509, kam 1851 als Geschenk der Erben von Peter Vischer-Sarasin in unsere Sammlung. Die Verzückung der heiligen Maria Magdalena von Baldung stammt aus dem Fundus des Basler Malers und Kunsthändlers Samuel Birmann (1793–1847), dessen Nachlass nach Mitte des 19. Jahrhunderts in die Öffentliche Kunstsammlung überführt wurde. Baldungs Zeichnung Der Tod mit gesenkter Fahne und Leus Christus am Ölberg gelangten als Vermächtnis von Dr. Tobias Christ beziehungsweise als Schenkung von dessen Erben 1947 zu uns. Den grössten Zuwachs an Altmeisterzeichnungen, darunter sehr bedeutende Blätter von Dürer, Baldung, Schäufelein und Springinklee, erfuhr das Kupferstichkabinett 1959 als Schenkung der Firma Ciba. Zusätzlich schenkte sie 1962 Kulmbachs Vierpass-Scheibenriss mit thronender Maria und Kind. Kulmbachs Zeichnung Frau in Nürnberger Tracht war dem Kabinett bereits 1959 von Heinrich Sarasin-Koechlin geschenkt worden. Der Grosszügigkeit von Richard und Ulla Dreyfus-Best ist eine wichtige Zeichnung Baldungs zu verdanken. Sie schenkten 2012 aus Verbundenheit mit der Stadt Basel und dem Kunstmuseum das Studienblatt mit sieben Köpfen, darunter der Tod, das den bedeutenden Bestand des Kupferstichkabinetts an Baldung-Zeichnungen aus der Zeit um 1513–15 auf ideale Weise ergänzt.

Albrecht Dürer (1471–1528)Dürer ist während seiner Wanderjahre von 1490 bis 1494 auch an den Oberrhein gereist, vor allem wohl um den von ihm verehrten Martin Schongauer in Colmar aufzusuchen. Schongauer war allerdings bei Dürers Eintreffen bereits verstorben; er begegnete dort dessen Brüdern Paul und Ludwig. Seine Reise führte ihn weiter nach Basel, wo Georg Schongauer, Martins dritter Bruder, als Goldschmied tätig war. Eine Besonderheit in der Basler Sammlung sind die eingangs bereits erwähnten, mit Zeichnungen versehenen, zum grössten Teil aber ungeschnitten gebliebenen Holzstöcke für eine illustrierte lateinische Ausgabe der Komödien des Terenz, die letztlich nie realisiert werden sollte. Die Zuschreibung aller Terenz-Zeichnungen oder nur eines Teiles von ihnen an Dürer ist umstritten.

Nach den Wanderjahren und seiner Rückkehr nach Nürnberg 1494 unternahm Dürer, so die vorherrschende Meinung, seine erste Italienreise. Damals ist auch die Zeichnung einer stehenden Frau entstanden. Modische Details, wie das hochgegürtete Kleid oder das Décolleté, erinnern in der Tat an Dürers Darstellungen von Venezianerinnen. Eine auf geröteltem Papier mit Kohle oder schwarzer Kreide ausgeführte Zeichnung mit dem Kopf einer Maria ist 1503 datiert und monogrammiert. Sie lässt sich einer Gruppe von Bildniszeichnungen an die Seite stellen, die Dürer damals in der gleichen Technik angefertigt hat. Seine Heilige Familie in der Halle von 1509 weist in technischer Hinsicht Besonderheiten auf, für die nicht so leicht Parallelen in Dürers zeichnerischem Werk zu finden sind. Bedauerlicherweise ist das Blatt schlecht erhalten, die Federzeichnung und insbesondere die Aquarellfarben sind stark verblasst oder teilweise gänzlich verschwunden. Die Zeichnung ist detailreich und präzise ausgeführt, der Strich wirkt äusserst kontrolliert, so dass sich das Blatt in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild einem Werk der Malerei genähert haben muss. Den Apostel Paulus in ganzer Figur könnte Dürer um 1511 gezeichnet haben. Mit offenen Parallelschraffuren erprobte er Lichtwirkungen und ging dabei so weit, dass sich das Motiv stellenweise förmlich aufzulösen beginnt. Sammlungsgeschichtlich von besonderer Bedeutung ist wie beschrieben der Affentanz aus dem Jahr 1523. Das Motiv lehnt sich an die bildliche Vorstellung eines Moriskentanzes an. Die Inszenierung ist voller erotischer, auch homoerotischer Anspielungen, mit denen Dürer den Adressaten des Werkes, den Zürcher Dompropst Felix Frey und dessen Freunde bedacht hat.

Das Bildnis des Kardinals Matthäus Lang von Wellenburg, das Dürer 1518 in Augsburg oder 1521 in Nürnberg gezeichnet hat, zeigt auf höchstem Niveau die zeichnerische Meisterschaft des Künstlers. Es entstand als Vorbereitung für einen grossformatigen Holzschnitt, der offenbar nicht ausgeführt worden ist. Unter den Zeichnungen im Basler Kupferstichkabinett, die mit Dürer oder Mitarbeitern in Verbindung gebracht werden, befinden sich auch Kopien, Varianten und Nachahmungen, die in der zweiten Hälfte des 16. oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden sind. Zu den Nachahmungen, um nur ein Beispiel zu nennen, zählt die Nürnbergerin im Tanzkleid, die 1959 mit der Ciba-Jubiläumsschenkung in die Sammlung gekommen ist.

Hans Baldung Grien (um 1485–1545)Noch vor seinem Aufenthalt in Dürers Werkstatt, um 1502, ist ein Selbstporträt Baldungs entstanden, das in bemerkenswerter Weise Zeugnis vom Selbstbewusstsein des wohl Siebzehnjährigen ablegt. Baldung stammte aus einer Familie von Ärzten und Juristen. Er hatte sich entschieden, Künstler zu werden, obwohl er nicht, wie Dürer oder die Holbeins, aus einer Tradition von Handwerkern und Malern hervorgegangen war. Das blaugrün grundierte Papier lässt die Person wie eine Erscheinung aus dem Grund hervortreten. Der Apostel Bartholomäus, Maria mit Kind an einem Brunnen, beide 1504 datiert, und Die Geburt Christi von etwa 1504/05 vermitteln ein repräsentatives Bild von Baldungs Zeichenstil der Nürnberger Zeit. Der mit Feder und Pinsel ausgeführte, auf grün grundiertes Papier gezeichnete Landsknecht mit geschultertem Spiess von 1505 lässt sich hier als Beispiel einer anderen Technik, der Helldunkelzeichnung, anschliessen. Die insgesamt malerisch und weicher erscheinenden Kohle- und Kreidezeichnungen der Jahre nach 1510 bleiben dennoch von dominanten Umrisslinien voller Eigenleben bestimmt. Dies gilt vor allem für Die Verzückung der heiligen Maria Magdalena und ebenso für den Tod der Maria, der sich an Schongauers Stich desselben Themas orientiert. Baldungs Köpfe sind nun jedoch von neuem Pathos erfüllt.

Eine Reihe von Baldung-Zeichnungen in der Basler Sammlung sind um 1513–15 entstanden, vielleicht im Kontext der Arbeit am Hochaltar für das Freiburger Münster, der 1516 vollendet wurde. Absolute Meisterwerke sind die beiden Kopfstudien von Frauen, eine mit schwarzer Kreide oder Kohle, die andere mit Rötelstift gezeichnet. Die um 1513–15 entstandene Zeichnung Kentaur und Putto beeindruckt durch ihren Witz und rechnet mit einem Betrachter, der Themen und Bildwerke aus der Antike kennt. Mit solchen Zeichnungen bediente Baldung Sammler und Kenner, die eine humanistische Bildung pflegten.

Die Silberstiftzeichnung Baldungs mit dem Totenbildnis des Erasmus von Rotterdam entstand – wohl im Auftrag des Bonifacius Amerbach – um die Mitternachtszeit vom 11. auf den 12. Juli 1536. Sie ist vielleicht die früheste erhaltene Zeichnung nördlich der Alpen, die einen Gestorbenen schonungslos wie in einer Naturstudie wiedergibt. Die Zeichnung schuf Baldung im Hinblick auf eine Gemäldeversion, die sich tatsächlich bis ins 18. Jahrhundert in den Sammlungen der Markgrafen von Baden nachweisen lässt; heute ist sie verschollen. Für das gemalte Bild hatte Bonifacius Amerbach eine Aufschrift entworfen.

Hans Schäufelein (um 1480–1539/40)In der Forschung umstritten, früher Dürer zugeschrieben und von manchen Autoren gar für ein Werk der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gehalten, ist der in Grisailletechnik gezeichnete Kalvarienberg ein Entwurf für die Mitteltafel des nach seinem Aufstellungsort im 19. Jahrhundert benannten Ober-Sankt-Veiter Altars. Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hatte diesen bei Dürer bestellt, heute befindet er sich im Erzbischöflichen Diözesanmuseum in Wien. Schäufelein führte den Altar in Abwesenheit Dürers während dessen von 1505 bis 1507 dauernder Venedigreise aus.Das Bildnis eines jungen Mannes mit Barett von 1516 vermittelt eine gute Vorstellung von den zeichnerischen Mitteln, über die Schäufelein verfügt hat. Mit forschem Blick schaut der Dargestellte in einer fast spontanen Wendung nach rechts aus dem Blatt heraus, so als wolle er ein Gegenüber ins Auge fassen. Die Zeichnung, die jede Idealisierung vermeidet, beeindruckt durch ihre Direktheit in der Darstellung. Feste Konturen kontrastieren mit dem ornamentalen Spiel des Haares und von Federn, die das Barett bekrönen.

Hans von Kulmbach (um 1485–1522)Nur drei Zeichnungen in der Sammlung des Basler Kupferstichkabinetts können für Kulmbach oder seine Werkstatt in Anspruch genommen werden. Die Studie einer stehenden Nürnbergerin ist wohl noch im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts entstanden. Bei den beiden anderen Zeichnungen handelt es sich um Scheibenrisse. Während derjenige mit Maria und dem Kind als eigenhändiges Werk Kulmbachs aus der Zeit um 1510 gelten kann, dürfte der in ähnlicher Zeit entstandene mit Papst Sixtus II. eine Arbeit seiner etwa damals in Nürnberg neu gegründeten Werkstatt sein.

Hans Springinklee (um 1495–um 1540)Das auf braun grundiertem Papier mit Feder und Pinsel in Helldunkelmanier ausgeführte Werk mit Christus als Schmerzensmann gehört zu den wenigen Zeichnungen, die für Springinklee als gesichert gelten können, denn es trägt sein Monogramm. Christus lehnt sich nicht etwa an einen Baum, wie man angesichts der landschaftlichen Umgebung meinen könnte, sondern an einen in diese integrierten Kreuzesstamm. Das Interesse Springinklees an der Landschaft und einer wild wuchernden Natur dürfte von Zeichnungen Albrecht Altdorfers erregt sein.

Hans Leu der Jüngere (um 1490–1531)Das Werk des als Maler, Zeichner und Entwerfer von Holzschnitten tätigen Leu zeigt Einflüsse von Dürer, Baldung und den Meistern der sogenannten Donauschule, vor allem aber von Albrecht Altdorfer. Dies äussert sich einerseits in seiner Vorliebe für Zeichnungen auf farbig grundiertem Papier mit Weisshöhungen, andererseits in seinem kalligraphischen Stil. Das Thema der Landschaft spielt in seinem Werk eine grosse Rolle.

Nachahmer Albrecht Dürers, Nürnbergerin im Tanzkleid. CIBA-Jubiläumsschenkung 1959 Winkler-Dürer Nr. 227 Nachahmer Albrecht Dürers, Nürnbergerin im Tanzkleid. CIBA-Jubiläumsschenkung 1959 Winkler-Dürer Nr. 227 - Mit freundlicher Genehmigung von: kunstmuseumbasel Hans Springinklee, Christus als Schmerzensmann. CIBA Jubiläumsschenkung 1959. Photocredit: Kunstmuseum Basel, Martin P. Bühler Hans Springinklee, Christus als Schmerzensmann. CIBA Jubiläumsschenkung 1959. Photocredit: Kunstmuseum Basel, Martin P. Bühler - Mit freundlicher Genehmigung von: kunstmuseumbasel
Tags: Albrecht Dürer, Druckgrafiken, Hans Baldung, Hans Leu, Hans Springinklee, Kupferstich

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