- Mit freundlicher Genehmigung von: ArtlinXX Bettina Airaksinen

Was: Ausstellung

Wann: 09.01.2010 - 03.02.2010

aus Anlass der Ausstellung: SPIRIT, VISION and EMOTION: JONATHAN OTTEN und HANS BODE (magic objects) in der Galerie am Schlossplatz, Oldenburg. Eröffnung: 09. 01. 2010, 15 Uhr.

Jonathan Otten (geb. 19. August 1978 in Turnhout, Belgien), hat seinen Wohnsitz und sein Atelier in Bad Neuschanz.

Mit seiner ebenfalls künstlerisch veranlagten, heil – und kräuterkundigen…

aus Anlass der Ausstellung: SPIRIT, VISION and EMOTION: JONATHAN OTTEN und HANS BODE (magic objects) in der Galerie am Schlossplatz, Oldenburg. Eröffnung: 09. 01. 2010, 15 Uhr.

Jonathan Otten (geb. 19. August 1978 in Turnhout, Belgien), hat seinen Wohnsitz und sein Atelier in Bad Neuschanz.

Mit seiner ebenfalls künstlerisch veranlagten, heil – und kräuterkundigen Lebensgefährtin Miranda hat er sich in einer ehemaligen Schlachterei an der Voorstraat, der von wunderschönen alten Häuschen gesäumten Flaniermeile, zielstrebig ein possierliches Häuschen gesichert.

Nach der Entkernung und Renovierung hat das gastfreundliche Paar das alte Haus zu einer Bühne für Jonathans Kunst und zu gemeinsamen Leben mit Merel, der kleinen Tochter und Jürgen, dem älteren Sohn, umgestaltet.

Der Ausstellungsraum mit dem reisigen blauen Samtsofa und dem alten Refektoriumstisch ist, vor allem im Sommer, wenn die Türe immer offen steht, beliebter Treffpunkt für alle Vorbeikommenden um einen Tee trinken und zu lebendigem Austausch über die Kunst und die Welt. Wer keine Lust zu Plaudern hat, kann einfach nur im Riesensofa versinken und in aller Ruhe die Bilder betrachten. Alles hat eine aufgelockerte, ungezwungene Atmosphäre, die keine Schwellenangst aufkommen lässt.

Allerdings ist es echte Kunst, die hier entsteht, keine Spielerei. Jonathan Otten steht noch am Anfang seiner Karriere, aber er ist ein äusserst begabter junger Maler, der schon jetzt museumsreife Kunst schafft.

Er sagt von sich, dass er ein wenig wie die alten Fresco – Maler malt, nicht nur, was den äusseren Eindruck, sondern auch, was seine innere Haltung anbelangt. Oft trägt er eine Menge Gesso auf die Leinwand auf, sodass sie fast den Charakter und die Struktur einer Wand annimmt. Dies verleiht seiner Malerei Lebendigkeit und Tiefe.

In raschen Zügen wird das Motiv auf die vorbereitete Leinwand geworfen, dann wird der Trocknungsprozess mit Wasser und immer öfter auch mit weisser Farbe unterbrochen, sodass ein Teil des Gemäldes zerstört oder durch die weisse Überdeckung ganz wieder herausgenommen wird, bis es nichts mehr darauf gibt, was mit der Vorstellung des Malers in diesen Moment nicht übereinstimmt.

Heraus kommen in sich stimmige, expressive, informelle Bildwerke von ungewöhnlicher Kraft, Eindringlichkeit und, bei allem Verzicht auf Dekorativität, einprägsamer Ästhetik. Natürlich gibt es, was die Schöheit betrifft auch herrliche Ausnahmen. Seine genial reduzierte „Eva“, heute hier noch einmal zu sehen, obwohl schon lange verkauft, ist eine solche Ausnahme.

Von kleinauf bemalte Jonathan Otten alles, was er unter die Hände bekam. Er zeichnete und malte, um seine Gedanken und Gefühle auszudrücken.

Nach der Schule hat er eine Ausbildung zum Gemälderestaurator absolviert. Aber die Frage, was es mit der Kunst im Innersten auf sich hat, liess ihn nicht los. Woher kommt das unwirkliche Strahlen, das manche Gemälde umgibt, wie kommt es, dass manche Malerei über das Auge des Betrachters sein Gemüt erreicht und andere, auch gut gemachte, nicht?

Der richtige Weg, dies herauszufinden erschien ihm der Besuch einer renommierten Kunstschule. Die Akademie Minerva in Groningen schien der richtige Ort dafür. Nach vier anregenden Semestern, binnen derer auch Gedichte und Kurzfilme seiner Kreativität entsprangen, verließ er sie mit mehr und drängenderen Fragen als vor seinem Studium.

Woher kam das magnetische Feld, das man um Rembrandts Figuren wahrnehmen kann? Ist das irgend ein malerischer, technischer Trick, um dem Gemälde mehr Lebendigkeit zu verleihen? Woher stammte dieses innere Glühen und Leuchten? Weiterhin arbeitete er in seinem Beruf als Restaurator. Daneben malte er konsequent und brachte es auf eine erstaunliche Produktion.

Ende 2003 fand der den Mut, seine Arbeiten im städtischen Museum von Appingedam dem Direktorium zu Begutachtung vorzulegen. Man war erstaunt über die Qualität und Reife seiner Arbeiten und ermöglichte ihm seine erste Ausstellung vom 15. 11. 2003 bis zum 13. 12.2004 unter dem Titel „Kama Rupa“.

Neben der europäischen Kunstgeschichte interessiert sich Jonathan Otten für die Kunst der frühen Völker, der Schamanen in Madagaskar oder der Aborigines in Australien, die noch heute an eine spirituelle Kraft in ihren nativen Bildern und Masken glauben. Jonathan fühlt sich ihnen in seiner Kunst nahe, denn sie haben ihn, wie viele berühmte Maler zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor ihm, gelehrt, bildende Kunst aus einem ganz anderen als dem gewohnten Blickwinkel zu sehen.

„Zu malen“, sagt Jonathan, „ kann eine sehr spirituelle Sache sein, denn man kann sich so sehr hineinversenken in ein Bild, das man mit ihm eins wird. Ein Bild ist für mich erst dann ein Bild, wenn es auch eine bestimmte Schwingung vermittelt.“

Die Farben setzt er dabei ganz bewusst nach den ihnen zugeschriebenen seelischen Wirkungen ein, wie sie in der östlichen Weisheit beschrieben sind. Rot für Erde und Feuer, Orange für starke Gefühle und Sexualität. Mit seinen Teils sehr schönen Malerien geht er dabei nicht zimperlich um: oft verwendet er neben rauhen Untergründen auch allerlei Kleinmaterialien, um seinem Formen mehr Tiefe zu geben.

Wichtig ist ihm, wie erwähnt, die Farbe Weiss: die Farbe Gottes, der Vergebung, des Vergessens. Weiss, so sagt man, löscht die Vergangenheit aus. Was ihm nicht mehr wichtig erscheint am Ende des Malprozesses, wird damit wieder herausgenommen. Am Ende, das ist tatsächlich die Stärke seiner Malerei, die er nur mit wenigen besonders begabten Malern teilt, auf die ich noch zu sprechen komme, steht bei seinen Malereien sozusagen ein sela, denn es wirkt alles so, als müsste es so sein, hätte nie anders sein können.

Seine Malerei spricht auch zu Menschen aller Kulturen und Religionen, jeder versteht sie. Sie baut keine Schwellen auf, obwohl sie auf viel Überlegung gründet. Vielleicht wirkt sie deshalb am Ende so geschlossen, so stimmig. Den gesamte Hintergrund seines, wie er es selbst nennt „spirituellen“ Schaffens kann ich hier nicht benennen, aber einiges anklingen lassen, was ihm zur Inspiration dient.

Jonathan Otten beschäftigt sich, um nur ein Gebiet herauszugreifen, mit Reimundus Lullus, dem 1234 auf Mallorca geborenen und 1315 nach Folter und Kerkerhaft gestorbenen gelehrten Scholastiker und Erfinder, dessen später so benannte „lullische Kunst“ der Zahlenkombinations - mystik bei Juden und Mohammedanern zu seinen Lebzeiten keinerlei Anklang fand, jedoch später von Papst Sixtus IV, Reuchlin und Knorr von Rosenroth aufgegriffen und zum Gegenstand ernster Forschung gemacht wurden und so dem Christen – und Judentum doch noch nahe gebracht wurden. Diese Forscher gründeten auch auf der jüdischen Kabala, die ebenfalls eine reiche Zahlenmystik tradierte.

Die Kabala (hebräisch: Überlieferung) bedeutet die von Gott empfangene Lehre, die in talmudischer Zeit neben dem schriftlichen Gesetz der Juden bestehende und Tradition der mündlichen Überlieferung, auch die halachische Tradition genannt.

Später verstand man darunter nur noch die mystische Religionsphilosophie des jüdischen Mittelalters, die aus der älteren Geheimlehre hervorging und sich vom 13. Jahrhundert nach Christus an zu einem eigenen System herausbildete. Mystisch unter anderem deshalb genannt, weil das Aussprechen gewisser Worte – wozu auch die Nennung besonders verschlüsselter Zahlen gehörte – Wundertaten vollbringen sollte.

Athanasius Kircher, Bischof Bruno und vor allem Leibnitz billigten diese Quellen der Weisheit dem Grunde nach. Reimundus Lullus hatte bereits eine merkwürdige Beweis - Maschine konstruiert, welche mystische Zahlentheorie und orientalische Kabala zusammenbrachte, um „unwiderlegliche Ergebnisse“ hervor - zubringen. Leibnitz` Erfindung, hiervon angeregt, beruhte auf einer mechanischen Methode, durch systematische Kombination der allgemeinen Grundbegriffe der aristotelischen Kategorien und scholastischer Postpredikamente, die unfehlbare Lösungen für allgemeine wissenschaftliche Aufgaben finden sollte.

Aus all dem Denken, Pröbeln und Verwerfen entstand bei Leibnitz doch noch ein weltanschaulich unverdächtiges und höchst nützliches Instrument: die erste Rechenmaschine der Welt mit den vier Grundrechenarten... Und bei Jonathan Otten, was ist bei ihm das Resultat von alledem, so möchte man fragen?

Nun, Sie können es hier in kleiner Auswahl sehen: wunderbar geschlossene Malerei.

Soll man nun einen jungen Künstler „einordnen“, soll man nach Parallelen und Affinitäten suchen, ihm mit anderen Malern vergleichen? Nun, nur wenn es wirklich solche Parallelen gibt und wenn deren Benennung zu seinem Besten ist und seine Bedeutung unterstreicht. Im Katalog zur Ausstellung moderner Kunst auf der Antikes 2009 habe ich über ihm geschrieben, man möge ein Auge auf ihn haben, denn er werde einmal ein grosser Maler. Es gibt keinen Anlass, hiervon etwas zurückzunehmen.

Mit Peter Stein (der übrigens 1948 an die Freie Akademie Den Haag ging) hat Jonathan Otten einen ähnlich freskohaften Farbauftrag gemeinsam, mit dem fantastischen Genfer Jean – Francois Liegme seine ebenso mutig wie sicher gebauten Flächenkompositionen bei höchst lebendiger Pinselführung, mit dem Basler Marcel Schaffner dessen textil anmutenden, im ganzen mural wirkenden Farbverschrappungen und -überdeckungen, mit Hammam Jedidi das Leichte über dem Festen, das Tiefe über dem Schwebenden: alles sehr geistige Künstler, die nicht vom Gegenständlichen abstrahierten, sondern, unter Zuhilfenahme einfacher und konventioneller Malzutaten, geistig - spirituelle Wahrnehmungen abstrahierend materialisierten.

Auch mit bedeutenden deutschen Malern finden sich auffällige Affinitäten, die man, da er seinen „Mentoren“ und Kongenialen nie begegnet ist und mit ihnen auch in keinem Austausch stand, wohl nicht anders erklären kann, als mit einem urtümlichen bildnerischen Talent, das sich in jedem seiner Werke Bahn bricht.

Fritz Winters frühe Kompositionen, die heute 250 000.- Euro bringen – Otten hat ihn eingeholt. Oder man betrachte nur einmal Host Antes` „Hiob“ von 1960 oder seine Malerei „Braut – für Lucas Cranach“ aus demselben Jahr, - man wird sprachlos sein.

Zu dieser Zeit hatte Antes sich noch nicht figurativ maniriert, war als Erschaffer dieser wunderbaren Bilder schwer auszumachen. Die mentalen Quellen sprudelten noch unkanalisiert, ganz wie bei Jonathan Otten.

Der nach dem Kriege zu recht zu Ruhm gelangte Karl Fred Dahmen mit seinen „Raumplänen“ und erdhaften Kompositionen könnte ebenfalls sein Lehrmeister gewesen sein. Die Sicherheit der Komposition, der nachtwandlerisch „richtige“ Einsatz der Farben und Stimmungen, das Fresken – und Mauerhafte in manchem seiner Werke: überall findet man bei Jonathan Otten an die ganz Grossen. Und doch verliess er die Akademie sehr früh, stellte sich als Bildner ganz auf die ihm wichtigen Inspirationsquellen. Und entwickelte sein erstaunliches handwerkliches Können.

Jonathan Otten, den wir zu unserer Freude heute hier in Oldenburg begrüssen dürfen, ist nicht einer unter den zehntausenden auf ihren Durchbruch wartenden, sich überschätzenden Youngstern.

Er ist, so viel ist wahr, der jüngste im Kreise der KünstlerInnen von „Kunst aan de rand van Nederland“, der regen und recht exklusiven Künstlergenossenschaft, die sich in dieser Stadt schon 2009 vorgestellt hat. Er ist aber bei weitem nicht der Unerfahrenste.

Seine Werke sind schon jetzt gesucht, in vielen Privatsammlungen vorhanden und werden trotz Finanzkrise (oder gerade deshalb) sehr bewundert und angekauft. Zu Recht. Mit den grossen Katalanen hat er neben einer unerklärlichen künstlerischen Quellkraft die Konsequenz, Eigenständigkeit, Wachheit und Unbeirrbarkeit gemeinsam, auch den zeitweiligen Verzicht auf jede Schönheit, erst recht auf alles Geschmäcklerische.

Das Murale, das Empfinden für starke Strukturen, der sensible Farbsinn auch im Unbunten, die grosse Stille, Tiefe und Sammlung vermittelnde synerge Symbolik, der gestalterische Mut, das ganz Eigene verbinden ihn mit dem noch Lebenden von beiden, Antoni Tapies, den ich seit 1956 kenne und an dessen frühen, sich schon im kraftstrotzenden Zurücknehmen übenden Werke ich sofort in den Sinn bekam, als ich Jonathans Bilder zuerst erblickte.

Es ist Jonathan Otten von Herzen zu wünschen, dass er seinen so strahlend begonnenen Weg ruhig weiter beschreitet, weiter reift und einmal so anerkannt wird und am Ende seines Lebens auf ein so grossartiges und geschlossenes Werk zurückblicken wie Antoni Tapies, mit dem er mehr gemein hat, als ihm selbst bewusst ist. Vielleicht ist die heutige Ausstellung hier in der Stadt der Wissenschaft und durch einige mutige Galeristen wie Ute Heerklotz auch der Stadt der schönen, aktuellen Künste, ein erster (winziger) Schritt in diese Richtung.

Weener, den 23. 12. 2009 Anschrift der Verfasserin: Goedeke – Michel – Strasse 17 26826 Weener 04951 -9559782

Jonathan Otten Poster »

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Tags: Akademie, Galerie, Kunst, Malerei