Im dritten Jahrzehnt des Sammlungsaufbaus (1970–1979) erwarb die Kulturabteilung 2.200 Kunstwerke von 731 KünstlerInnen. Parallel dazu wurden im Rahmen von „Kunst am Bau“ (KAB) 243 Skulpturen, Mosaike und Wandmalereien realisiert. Obwohl dafür, wie schon in den vorangegangenen beiden Jahrzehnten, ein deutlich höheres Budget aufgewendet wurde als für den Kunstankauf, ging die Zahl der Errichtungen im öffentlichen Raum um die Hälfte zurück. Hier zeichnet sich ein Trend ab, der bereits das Ausklingen dieser ehemals so erfolgreichen Initiative im Folgejahrzehnt ankündigt.
Ein weiterer Teil der Sammlung verdankt sich großzügigen Schenkungen, die auch das Konvolut der 1970er Jahre mit aussagekräftigen Werken ergänzen. Aus diesen drei Elementen resultiert der Gesamtbestand des MUSA an Werken aus den 1970er Jahren, der sich auf 3.500 Arbeiten von 800 KünstlerInnen beläuft.
Die 1970er Jahre sind durch den politischen Wechsel unter Bruno Kreisky geprägt. Dieser brachte eine tiefgreifende Modernisierung der Gesellschaft mit einem Ausbau des Wohlfahrtsstaates und Reformen unter anderem in der Justiz, der Bildung, beim Bundesheer und im Sozialwesen. Österreich öffnete sich verstärkt dem internationalen Geschehen und wurde mit der Errichtung der UNO-City wieder Teil der Weltbühne. Fernsehen und allgemeine Mobilität veränderten den Alltag. Der gestiegene Wohlstand bewirkte einerseits lebhaften Konsum, brachte andererseits aber auch schwerwiegende Folgen für die Umwelt mit sich. Dies führte wiederum zu einem verstärkten ökologischen Bewusstsein. Ölschock und darauf folgende Krisen der Wirtschaft trugen zur Intensivierung eines Zeitgeistgefühls bei, in das sich nach dem ungebremsten Fortschrittsglauben der 1960er Jahre zunehmend Zweifel und Ängste mischten. Nachdem alles möglich geworden war, wurde nun klar, dass dies seine Gültigkeit ebenso in negativer Hinsicht hat.
All die technologischen Fortschritte und sozialen Veränderungen spiegeln sich in der bildenden Kunst. Neue Themen und Haltungen kommen ins Spiel und überlagern die seit der Ausstellung „Wirklichkeiten“ (Secession, 1968) dominierenden malerischen Ausdrucksformen. So treten in den verschiedenen Medien bald abstrakt geometrische und konzeptuelle Tendenzen hervor. In vielen Werken findet die investigative Neugier vieler KünstlerInnen in Konstruktion und Dekonstruktion von Mensch, Natur und Technik medienübergreifend ihren Ausdruck. Es ist dies eine Kunst, die sich an den politischen und sozialen Vorgängen beteiligt und danach strebt, mit ihren Kräften und Mitteln wirksam zu werden.
Für die Ankaufspolitik der Stadt Wien spielt der zuvor dominierende Phantastische Realismus kaum noch eine Rolle, wenngleich dessen ProtagonistInnen nach wie vor international in Ausstellungen gezeigt werden. Auch der Wiener Aktionismus verliert an Wirkkraft. Stattdessen rückt eine feministisch orientierte Kunst verstärkt in den Fokus des Interesses. Das Fernsehen sowie damals allgemein in Gebrauch kommende Tonbänder und Videotechnologie, die „Neuen Medien“ dieses Jahrzehnts, werden besonders prominent von Künstlerinnen eingesetzt, in deren Werkprozess der performative Aspekt oftmals wesentlich ist.
Erst in diesem Jahrzehnt erreicht die Fotografie den Status der Kunstwürdigkeit für die Sammlung des MUSA. Gegen Ende des Dezenniums erleben Figuration und genialischer Gestus mit den „Neuen Wilden“ Malern ein Revival.
Die Kuratoren befragen die Kunst der siebziger Jahre aus der Sammlung des MUSA auf neue Spielmöglichkeiten und alte Konventionen in inhaltlicher wie formaler Hinsicht und verlassen sich nicht ausschließlich auf den kunsthistorischen Kanon. Neue Phänomene und innovative Strömungen finden besondere Beachtung, die Sammlungspolitik wird mit den heutigen, rückblickenden Gewichtungen konfrontiert.
Mit Arbeiten von: Marc Adrian, Christiane Adrian-Engländer, Branko Andrić, Siegfried Anzinger, Sepp Auer, Otto Beckmann, Franz Beer, Renate Bertlmann, Lieselott Beschorner, Kurt Bloeb, Erwin Bohatsch, Peter Braunsteiner, Ernst Caramelle, Georg Chaimowicz, Eva Choung-Fux, Linda Christanell, Peter Dressler, Peter Dworak, Khy Engelhardt, VALIE EXPORT, Gerda Fassel, Tone Fink, Karl Anton Fleck, Erna Frank, Adolf Frohner, Ingeborg G. Pluhar, Bruno Gironcoli, Roland Goeschl, Franz Graf, Jorg Hartig, Ralph Hartl, Gottfried Helnwein, Hermann Hendrich, Lotte Hendrich-Hassmann, Heinrich Heuer, Lore Heuermann, Mathias Hietz, Timo Huber, Kurt Ingerl, Isolde Maria Joham , Hildegard Joos, Martha Jungwirth, Birgit Jürgenssen, K.U.SCH. (Renate Krätschmer, Jörg Schwarzenberger), Johanna Kandl, Franz Katzgraber, Angelika Kaufmann, Josef Kern, Alfred Klinkan, Karl Heinz Koller, Johann Korec, Auguste Kronheim, Friedl Kubelka (auch Friedl vom Gröller), Maria Lassnig, František Lesàk, Gert Linke, Doris M. Lötsch, Karin Mack, Dora Maurer, János Megyik, Elfriede Mejchar, Jürgen Messensee, Hannes Mlenek, Rudolf Moratti, Alois Mosbacher, Oswald Oberhuber, Franz Xaver Ölzant, Hermann J. Painitz, Florentina Pakosta, Peter Perz, Hubert Pfaffenbichler, Margot Pilz, Cora Pongracz, Peter Pongratz, Erwin Puls, Arnulf Rainer, Thomas Reinhold, Erwin Reiter, Franz Ringel, Josef Schagerl, Roman Scheidl, Meina Schellander, Hubert Schmalix, Rudolf Schwaiger, Peter Sengl, Hubert Sielecki, Fritz Simak, Bill Slattery, Kurt Spurey, Heinz Stangl, Fritz Steinkellner, Curt Stenvert, Ingeborg Strobl, Josef Symon, Franz Vana, Peter Veit, Linde Waber, Josef Wais, Peter Weibel, Hans Weigand, Lois Weinberger, Udo Wid, Zelko Wiener, Karl Anton Wolf, Rainer Wölzl, Reimo Wukounig, Gerlinde Wurth, Werner Würtinger, Franz Zadrazil, Othmar Zechyr, Robert Zeppel-Sperl, Franz Zokan = Franz West
Öffnungszeiten/Eintrittspreise:
Di, Mi, Fr 11-18 UhrDo 11-20 Uhr | Sa 11-16 UhrSo, Mo und Feiertage geschlossenEintritt frei
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