Die Neue Sammlung gibt aus Anlass der Wiedereröffnung der Pinakothek der Moderne im September 2013 erstmals Einblick in das von Rosenthal übernommene Modellarchiv des Design-Studios. Das Unternehmen zählt nach Enteignung im Dritten Reich und Restitution zu den wichtigsten Protagonisten industrieller Formgebung nach dem Zweiten Weltkrieg. In der jungen Bundesrepublik steht der Name Rosenthal für demokratisches, zukunftsorientiertes Design. Die Entwürfe sollen „Originale ihrer Zeit“ sein – so das Credo von Philip Rosenthal. Der Oxford-Absolvent und ehemalige Fremdenlegionär beschreitet seit den 50er Jahren neue Wege in der Positionierung des Unternehmens. Er ist die treibende Kraft in der kunst- und designorientierten Produktgestaltung und beauftragt namhafte Künstler und Designer mit der Gestaltung von Porzellan, Glas, Keramik und Metall, so dass bald die internationale Avantgarde im oberfränkischen Produktionsstandort Selb anzutreffen ist. Der ehemalige Bauhaus-Direktor Walter Gropius, der Zero-Aktivist Otto Piene und der Wiener Fantast Friedensreich Hundertwasser, später der Konstruktivist Marcello Morandini planen für Rosenthal neue Fabrikanlagen und Firmengebäude. Künstler wie Günther Uecker, Andy Warhol und Victor Vasarely entwerfen Dekore und Kunstobjekte. Es entstehen neue, historisch unbelastete Formen, die das deutsche Produktdesign fortan prägen.Das Unternehmen schreibt Zeitgeschichte: 1954 kommt die programmatisch so benannte „Form 2000“ auf den Markt, entworfen durch den amerikanischen „Stardesigner“ Raymond Loewy mit Richard Latham – und wird zum millionenfach verkauften Klassiker. In der Zusammenarbeit mit dem Begründer der documenta, Arnold Bode, wird die Nähe zur zeitgenössischen Kunst gesucht, und 1971 wählt der Schah von Persien ein Rosenthalservice von Bjørn Wiinblad zur Ausstattung der 2500-Jahr-Feier der iranischen Monarchie. Die Vielfalt der zum ersten Mal gezeigten Entwurfsmodelle bietet einen einmaligen Blick hinter die Kulissen eines Unternehmens im Dialog mit den Protagonisten des internationalen Designs, darunter die Finnen Tapio Wirkkala und Timo Sarpaneva, der Italiener Aldo Rossi, mit Hans Theo Baumann ein Industriedesigner der ersten Stunde, mit Luigi Colani der erste Designer, der seinen Namen zum „brand“ machte, und mit Hartmut Esslinger der erste Apple-Designer, sowie, später, die Münchner Designer Konstantin Grcic und Stefan Diez oder die Spanierin Patrizia Urquiola – deutsche und internationale Designgeschichte von der Nachkriegszeit bis zur Gegenwart.