Egidio Marzona schenkt den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Foto: David Pinzer Egidio Marzona schenkt den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Foto: David Pinzer - Mit freundlicher Genehmigung von: skd

Was: Presse

Wann: 22.06.2016

Einer der international bedeutendsten Sammler zeitgenössischer Kunst, Egidio Marzona, schenkt den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sein Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Mit 1,5 Millionen Objekten handelt es sich um das weltweit größte Archiv der Avantgarden dieser Zeit. Vom Expressionismus und Futurismus, über Informel, Pop und Fluxus bis hin zur Postmoderne…
Einer der international bedeutendsten Sammler zeitgenössischer Kunst, Egidio Marzona, schenkt den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sein Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Mit 1,5 Millionen Objekten handelt es sich um das weltweit größte Archiv der Avantgarden dieser Zeit. Vom Expressionismus und Futurismus, über Informel, Pop und Fluxus bis hin zur Postmoderne und den Jungen Wilden gibt es einen tiefen Einblick in die Geschichte der großen künstlerischen Strömungen des von der Suche nach radikal Neuem geprägten 20. Jahrhunderts. Seit Ende der 1960er Jahre angelegt, umfasst die Sammlung große Konvolute von Briefwechseln, Manifesten, Skizzen und Collagen, Plakaten, Fotografien und Filmen, aber auch Künstlerbüchern, signierten Katalogen und Zeitschriften. Ergänzt um exemplarische Kunstwerke, Skulpturen, Gemälde und Designobjekte werden hier die Ismen lebendig erfahrbar.

Dieses umfassende Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts gewährt einen ausgezeichneten Einblick in das gedankliche Netzwerk und den geistigen Austausch der Zeit und zwar nicht nur im Bereich bildende Kunst, sondern auch Architektur, Design, Film, Musik, Theater, Tanz, Literatur und konkrete Poesie. Es ist ein einzigartiges Dokument eines Zeitraums, der von visionärer Gestaltungskraft und dynamischen Impulsen geprägt ist. In Dresden wird das Archiv im sogenannten „Blockhaus“ an der Augustusbrücke untergebracht. Es steht am nördlichen Ende der Augustusbrücke, die eine Verbindung zwischen beiden Elbufern schafft, und damit das Haus zum idealen Ort, mit Auftakt zur Neustadt, macht. 1732 nach Plänen von Zacharias Longuelune errichtet, diente es der Unterbringung des "Corps de Garde", der Neustädter Wache. In den Jahren 1975 bis 1982 wurde das im Krieg zerstörte Gebäude in seiner originalen barocken Form wiederaufgebaut. Der Freistaat Sachsen trägt die Kosten für den Umbau und die Personalausstattung.

Egidio Marzona (*1944 in Bielefeld) hatte in der Vergangenheit bereits einen großen Teil seiner bedeutenden Kunstsammlung den Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz geschenkt. Nun schenkt er den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sein umfassendes Archiv – und damit ein erhebliches kulturgeschichtliches Vermögen. Das Archiv der Avantgarden wird eine Matrix bilden, von der aus die vielfältigen Fragestellungen einzelner Disziplinen und kulturellen Phänomene entwickelt und miteinander auf neuartige Weise verknüpft werden können. Vor allem werden Kooperationen angestrebt – international, unkonventionell, experimentell und gerade unter Einbindung jüngerer Forscher und Studenten, so dass auch die Perspektive einer jüngeren, medial, digital und global geprägten Generation zum Tragen kommen. Eine wesentliche Rolle kommt hierbei der lang erprobten Zusammenarbeit zwischen den Staatlichen Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu, die fortan durch gemeinsame Projekte, die aus der Kunstsammlung Marzona und dem Archiv der Avantgarden entwickelt werden, weiter ausgebaut werden soll.

Für Egidio Marzona sind die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden der ideale Ort für sein bisher in verschiedenen Städten untergebrachtes Archiv: „In den Gesprächen mit Marion Ackermann und Ministerpräsident Stanislaw Tillich wurde mir deutlich, dass Dresden all das bieten kann, was dem Archiv zur optimalen Wirkung verhilft, die ich mir wünsche: Die exzellente wissenschaftliche Erschließung, zugleich aber auch die Präsentation und Vermittlung für eine breite interessierte Öffentlichkeit – eine Institution, die das visionäre Gedankengut des 20. Jahrhunderts erlebbar machen und sich zugleich für neue wissenschaftliche Fragestellungen im 21. Jahrhundert öffnen wird. Eine solche Zugänglichkeit ist mir besonders wichtig: Archive als Laboratorien zu begreifen, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen und präsentieren und das Publikum aktiv einbeziehen. Damit kommen wichtige Impulse nicht nur in die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und die Stadt, sondern auch in die Region und weit darüberhinaus. Mit dem Blockhaus an der Augustusbrücke stellt der Freistaat Sachsen dafür ein hervorragend geeignetes Gebäude in der Nachbarschaft von Residenzschloss, Zwinger, Albertinum und Japanischem Palais zur Verfügung. Ich bin Stanislaw Tillich sehr dankbar, dass er auch für die notwendige personelle Ausstattung Sorge tragen wird. Mit Marion Ackermann und Hermann Parzinger bin ich mir einig, dass das Archiv bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wie auch die bei den Staatlichen Museen zu Berlin befindliche Kunstsammlung durch intensive Zusammenarbeit Teil eines internationalen Forschungsnetzwerks zu den Avantgarden des 20. Jahrhunderts werden sollen.“

Stanislaw Tillich, Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, sagt: „Die Schenkung dieses einmaligen Archivs ist ein großer Gewinn für das Kulturland Sachsen und eine enorme Bereicherung der Staatlichen Kunstsammlungen. Eine Lücke in der Gegenwartskunst schließt sich - das Blockhaus wird zu einem neuen „Denk-Raum über die Moderne“. Es freut mich, dass Herr Marzona dem Freistaat vertraut, gut mit seinem Lebenswerk umzugehen. Das ist eine große Ehre für Sachsen und mir ein persönliches Anliegen. Die Entscheidung ist gleichzeitig ein Bekenntnis zur Kunststadt Dresden. Das Archiv setzt ein starkes Ausrufezeichen der Moderne in dieser Stadt des Barocks und ist eine Einladung an die Welt. Dresden wird noch sichtbarer in der Kunstwelt, noch hörbarer im internationalen Kunstdiskurs.“

Die designierte Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann, sagt: „Einen schöneren Einstand für meine neue Aufgabe in Dresden hätte ich mir kaum vorstellen können. Den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist der interdisziplinäre Ansatz kraft der Vielfalt ihrer 14 Museen eingeschrieben und er wird hier in Forschung und Ausstellungspraxis gelebt. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sind zudem ein renommiertes wissenschaftliches Kompetenzzentrum. Beides können wir mit dem Archiv der Avantgarden stärken und weiter ausbauen. Es kommt ein weiterer sehr wichtiger Aspekt hinzu: Gerade in Dresden hatte das 20. Jahrhundert in der Kunst mit avantgardistischer Kraft begonnen – man denke an die Reformbewegungen, die „Brücke“, die Gründung der Sezession oder die Neue Sachlichkeit in Dresden. Hier können wir jetzt mit dem Archiv der Avantgarden des 20. Jahrhunderts in idealer Weise anknüpfen. Ein historischer Glücksfall!“

Monika Grütters, Staatsministerin des Bundes für Kultur und Medien, sagt: „Egidio Marzona hat in den Jahren 2002-2004 sowie 2014 bereits große Teile seiner Kunstsammlung und Teile seines Archivs der SPK übereignet und damit geholfen, erhebliche Lücken in den Sammlungen der Nationalgalerie zur Kunst der 1960er und 1970er Jahre zu schließen. Die Staatlichen Museen könnten Werke dieser Qualität aufgrund der hohen Preise heute kaum noch auf dem Kunstmarkt erwerben. Mit seiner Initiative hat Marzona außerdem mit dazu beigetragen, in der Politik den Weg für eine neues Museum am Kulturforum zu bereiten. Im geplanten Museum des 20. Jahrhunderts sind daher Ausstellungsplattformen für die übereigneten Werke und Archivalien aus Marzonas Bestand vorgesehen. Wenn durch Marzonas Wirken jetzt in Dresden ein „Archiv der Avantgarden“ entsteht, so ist das keine Konkurrenz für Berlin, sondern eine Bereicherung für die Kulturnation Deutschland. Während sich das Museum des 20. Jahrhunderts auf die Kunstwerke konzentrieren wird, ist die Dresdner Einrichtung ganz auf das Archiv ausgerichtet. Der Zugang und die Erforschung dieses einmaligen Bestandes wird durch eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Staatlichen Museen und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gesichert. So profitieren Berlin und Dresden gleichermaßen von der Großzügigkeit des Sammlers.“

Tags: 20. Jahrhundert, Sammlung Egidio Marzona, Zeitgenössische Kunst

10 bis 18 Uhr, montags geschlossen
Eintrittspreise Ticket Albertinum Gültig für: Skulpturensammlung und Galerie Neue Meister Eintrittspreis normal: 10,00 Euro