Wenige Künstler*innen sind derzeit so gefragt wie sie: Nevin Aladağ. Erst kürzlich wurde sie mit dem renommierten Landespreis für Bildende Kunst Baden-Württemberg und dem Kurt Schwitters Preis ausgezeichnet. In den vergangenen Jahren war das Werk der Künstlerin in Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa, Asien sowie den USA zu sehen. Nun konnte die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg die großformatige Arbeit Social Fabric, Arch (2023) für ihre Sammlung ankaufen. Einmal mehr erweitert die Kunsthalle damit ihren traditionsreichen Bestand um ein herausragendes Werk einer vielbeachteten Künstlerin der Gegenwart.Aladağs Textilarbeit ist Teil der Werkgruppe Social Fabric (ab 2017), die großformatige, bildhafte Collagen aus unterschiedlichen Teppichen umfasst. Seit vielen Jahren nutzt die Künstlerin Teppiche als Ausgangsmaterial – ob handgeknüpfte Kelims, gewebte Woll- und Seidenteppiche oder industriell hergestellte Teppiche aus Natur- und Kunstfasern. Für Social Fabric werden in einer Art Patchwork-Manier Teppichelemente aus aller Welt in einem schwarzen oder buntfarbigen Liniengerüst flächenfüllend neu zusammengefügt. Die abstrakte zeichnerische Struktur, die ornamentalen Muster und die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen bilden eine dynamische, visuell und taktil reizvolle Komposition. Die unterschiedliche Herkunft und Qualität der Materialien eröffnet verschiedene Bedeutungsebenen: Einerseits können sie als Reflektion künstlerischer Medien, Ausdrucksmittel und Traditionen verstanden werden, andererseits werfen sie Fragen nach kulturell geprägter Identität und Diversität auf. In Social Fabric fügen sich die Einzelelemente, die als charakteristisch für einen Herkunftsort oder eine Kultur aufgefasst werden können, zu einem neuen, größeren Gefüge zusammen. Das Thema von Verschiedenheit und Zugehörigkeit sowie das Prinzip der Montage finden sich in vielen der gattungsübergreifenden Arbeiten Nevin Aladağs wieder – von Videos über Performance bis hin zu skulpturalen Musikinstrumenten.
»Wir freuen uns, mit diesem repräsentativen Werk eine jüngere künstlerische Position in der Sammlung zu begrüßen, die von höchster Qualität und Wirkung ist, zugleich hochaktuell auch gesellschaftliche Diskussionen um das Zusammenwirken verschiedener Kulturen und das Beheimatet-Sein aufnimmt«, so Frédéric Bußmann, Direktor der Kunsthalle Karlsruhe. »Nevin Aladağs Kunst schafft in kluger, facettenreicher Weise Verbindungen zu unserer Lebenswelt und lädt uns sinnlich ansprechend und ästhetisch erfahrbar dazu ein, einen neuen Blick auf die Gegenwartskunst und zugleich unser Zusammenleben zu werfen. «
Social Fabric, Arch wird ab voraussichtlich Sommer 2025 als Teil der Sonderausstellung Archistories. Architektur in der Kunst in der wiedereröffneten Orangerie zu sehen sein. Darüber hinaus kuratiert die Kunsthalle Karlsruhe gemeinsam mit Nevin Aladağ eine Einzelausstellung, die anlässlich der Auszeichnung mit dem Landespreis für Bildende Kunst ab dem 20. Juli 2025 im Hans-Thoma-Kunstmuseum in Bernau zu sehen sein wird.
Nevin Aladağ (geboren 1972 in Van, Türkei) wuchs in Stuttgart auf und studierte zwischen 1993 und 2000 Bildhauerei bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München. Aladağ nahm 2017 an der documenta 14 in Athen und Kassel sowie an der 57. Biennale von Venedig teil. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem George Maciunas Förderpreis (2014) und dem Ernst Rietschel-Kunstpreis für Skulptur (2018). Seit 2019 ist Aladağ Professorin für Skulptur in Bewegung an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin.