Aus Silber, Stoff oder edlen Steinen | Vom Bollenhut bis zum Diadem | Wie Kopfschmuck die Persönlichkeit verändert: ein Interview mit Cornelie Holzach, der Leiterin des Schmuckmuseums Pforzheim und Kuratorin der AusstellungIm Schmuckmuseum Pforzheim laufen die Vorbereitungen für die große Sonderausstellung »Erhobenen Hauptes — Kopfschmuck aus aller Welt«, die am 30. November eröffnet wird, auf Hochtouren. Im Vorfeld sprach Ute Bauermeister mit Cornelie Holzach, der Leiterin des Schmuckmuseums und Kuratorin dieser Sonderausstellung, über die Faszination des Kopfschmucks, die Herausforderungen bei der Präsentation der Objekte und die Besonderheiten der Exponate.
Wie ist eigentlich die Idee zu dieser Ausstellung entstanden?Cornelie Holzach: Wir hatten vor zwei Jahren bei der großen »Perlenausstellung« auch Diademe dabei. Das waren interessante Stücke, und wir haben uns gefragt, wie sich das Thema erweitern ließe, ohne nur die üblichen Kronen zu zeigen. Die ersten Diademe in der Antike waren textile Stirnbinden, mit denen man die Haare zusammengehalten hat. Daraus entwickelte sich dann der Lorbeerkranz. Die Perser machten daraus den Turban, die geistlichen Würdenträger die Mitra. Der ethnografische Bereich spielt hier eine wichtige Rolle. Während der Monarchien hatten Diademe bei Frauen Hochkonjunktur. Davon ausgehend, haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie der Kopfschmuck eine Persönlichkeit verändert, während sie ihn trägt — deshalb auch der Titel »Erhobenen Hauptes«. Der Kopfschmuck macht etwas mit der Person, mit ihrer Haltung und ihrem Status. Auch der Kopfschmuck selbst wandelt sich im Laufe der Zeit, so wurden beispielsweise die im Schwarzwald getragenen Schäppele immer größer und höher und die Schleifen daran immer länger. Wir zeigen verschiedene Objekte vom Hellenismus bis ins 20. Jahrhundert aus unterschiedlichen Kulturen der ganzen Welt.
Besteht ein Zusammenhang zur hauseigenen Sammlung?Cornelie Holzach: Wir haben selbst ein fast noch klassizistisches Lalique- Diadem mit Perlen, und wir besitzen Kopftrachten aus der uns als Leihgabe übertragenen Sammlung von Eva und Peter Herion. Aber die kommende Ausstellung hat sich nicht wirklich aus der Sammlung heraus entwickelt. Vielmehr gibt es andere Sinnzusammenhänge. Wir wollen den klassischen Schmuckbegriff erweitern, nicht nur am Körper getragenen Schmuck, sondern über den Schmuck hinaus Hüte und Hauben mit einbeziehen. Zum Beispiel werden wir den Zylinder des ehemaligen Bürgermeisters Johann Peter Brandenburg, dem wir das Reuchlinhaus zu verdanken haben, zeigen. Er hatte übrigens einen recht großen Kopf, wie anhand des schwarzen Zylinders deutlich wird. Was veranlasst Menschen, sich eine schwarze Tonne aufzusetzen, die im Laufe der Jahre auch noch immer höher wird? Geht es da um das äußerliche Erscheinungsbild oder um Statussymbole? Den im Schwarzwald typischen Bollenhut thematisieren wir natürlich auch, allerdings mit einem gewissen Augenzwinkern. Wir werden das erhöhende Schmuckstück auf dem Kopf eingehend betrachten. Dazu wird ein Begleitheft erscheinen.
Was erwartet die Besucher?Cornelie Holzach: Wir werden die rund 120 Exponate chronologisch und in Gruppen anordnen. Wir stellen keine Objekte zusammen, die sich äußerlich ähneln, sondern bleiben bei den Fakten. Allerdings dürfen die Besucher gerne Bezüge entdecken oder Vergleiche ziehen. Ich wünsche mir eine offene und neugierige Betrachtungsweise dieser spannenden Objekte. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als Kuratorin der Ausstellung?
Cornelie Holzach: Die Größe der Objekte ist für uns eine enorme Herausforderung. Sonst sind die Schmuckstücke ja eher klein. Es ist nicht einfach, Kopfschmuck ohne den Menschen drunter zu zeigen, der das trägt. Die Frage ist: Konstruiere ich darunter einen Kopf, aus welchem Material auch immer, oder lasse ich das Objekt frei schweben, um es für sich wirken zu lassen? Es ist nicht leicht, jedem Ausstellungsstück gerecht zu werden.
Können Sie noch ein paar herausragende Stücke beschreiben?Cornelie Holzach: Es wird sicher viele besondere Exponate zu sehen geben, die von weit her kommen und viel aussagen über die Menschen und deren Kulturen. Bestimmt ist der aus hauchdünnem Goldblech gefertigte Totenkranz ein wichtiger Teil. Er steht auch für die Idee der Ausstellung, da er gar nicht getragen wird, sondern den Toten mit ins Grab gelegt wird. Da geht es mehr um die Vorstellung. Wer es sich leisten konnte, hatte solch einen Totenkranz mit im Grab. Auch die Bollenhüte erzählen tolle Geschichten: Die unverheirateten Mädchen trugen rote Bollen, diejenigen, welche bereits einen Ehemann hatten, hatten schwarze Bollen. Warum aber waren sie überhaupt so riesig? Hat man das den Frisuren abgeschaut? Verheiratete Frauen trugen Hauben, sie waren wortwörtlich unter der Haube, zumindest im Sprachgebrauch hat sich das erhalten. Wohingegen sich das Tragen von Hauben oder Hüten heute auf wenige Anlässe wie beispielsweise während eines Pferderennens — denken Sie an die Renntage in Iffezheim — oder auf Hochzeiten beschränkt. Noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts wäre es undenkbar gewesen, dass man sein Haus ohne Kopfbedeckung verlässt. All solche Aspekte spielen ebenfalls eine Rolle bei der Ausstellung.
Zur Person:Cornelie Holzach wurde in Reutlingen geboren, studierte nach ihrer Ausbildung zur Goldschmiedin in Pforzheim, Schmuckdesign an der Fachhochschule Pforzheim, anschließend Kunstgeschichte in Karlsruhe. Seit 1997 ist sie Mitarbeiterin am Schmuckmuseum Pforzheim und seit 2005 dessen Leiterin.