„L’Art de Vivre“ am 27. April: Nachlass-Auktion des Schweizer Kunsthistorikers Alain Gruber im DorotheumSein großes Interesse galt dem 18. Jahrhundert, dem bewegten, noch vor-fotografischen „höfischen“ Zeitalter, das so unterschiedliche Kunstströmungen wie Klassizismus und Romantik umfasst. Alain Gruber (1943-2020) vereinte in sich den Kunsthistoriker, Dekorateur, Connaisseur, Buchautor und Kurator. Spiegel seiner facettenreichen Persönlichkeit war das Wohnhaus des gebürtigen Schweizers in Fribourg. Das rund 450 Gegenstände umfassende Inventar des ab 2002 ganz nach dem Geschmack des Kunst-Ästheten eingerichteten Hauses versteigert das Dorotheum nun am 27. April 2021 in einem so genannten „Single Owner Sale“. Bezeichnender Titel: „L’Art de Vivre“.
Lagerfeld und GivenchyDie Alain Grubers Haus nachempfundene Wiener Ausstellung der Exponate im Palais Dorotheum, die ab Lockdown-Ende bis zum Auktionstag, dem 27. April 2021, als Museum auf Zeit zu besichtigen ist, hält den Geist des in Basel in den Fächern Kunstgeschichte, französische Literatur und Geschichte Graduierten wach. Gruber, dessen Spezialgebiete vor allem Tafelsilber und Tapisserie waren, verstand sich als genialer Arrangeur wohnlicher Ambiente, die er als Gesamtkunstwerk inszenierte. Sein enormes Wissen auf dem Gebiet historischer Textilien schätzten Designer wie Karl Lagerfeld, Yves Saint Laurent oder Hubert de Givenchy. Berühmter Auftraggeber war auch Lord Rothschild gewesen. Alain Grubers breit gestreute Fachkenntnisse offenbarten sich ebenfalls in seiner von 1977 bis 1990 ausgeübten Funktion als Leiter der Stiftung des Schweizer Textilindustriellen Werner Abegg und seiner Frau Margaret in Riggisberg (CH).
Gruber „to go“Die Dorotheum-Auktion bietet nunmehr die Gelegenheit, attraktive Kunst- und Dekorationsgegenstände sowie Mobiliar zu erwerben. Seien es Himmelbetten, antike Stiche, Etageren, Konsolen und Ziertische, Leuchtkörper und vieles mehr. Großen Raum nehmen auch Gegenstände aus Silber ein: Alain Gruber war 1973 bis 1976 Kurator für Tafelsilber und Uhren am Schweizerischen Landesmuseum in Zürich gewesen 1981 erschien einer seiner bedeutendsten Publikationen, auf Deutsch „Gebrauchssilber des 16. bis 19. Jahrhunderts“.
Marie Antoinettes Spuren finden sich öfters in der Sammlung des Kunsthistorikers, zum Beispiel in Form einer Büste aus Biskuitporzellan. Wohl als Geschenk eines Privatsammlers in Anerkennung für die Verdienste von Alain Gruber diente ein bemalter Sèvres-Porzellanteller aus einem Service „für Königin Marie Antoinette“. Sei es eine raffinierte Bronze eines geflügelten Teufels, seien es lavierte Interieur-Ansichten oder Louis-XVI.-Fauteuils, der Kosmos des Alain Gruber umfasst vieles. Und lädt Kunstinteressierte ein, besondere Stücke mit Geschichte auch für das eigene Zuhause zu entdecken.