Körper sind Spannungsfelder. Sie pulsieren zwischen den Polen völliger Entspannung und kompletter Anspannung – und repräsentieren etwa Eleganz oder Unsicherheit. Körper sind auch Spannungserreger. Sie haben ihrerseits die Macht, insbesondere im Zustand der Nacktheit, die Betrachter in Spannung zu versetzen – und etwa Begehren oder Unbehagen zu erwecken. Kunst, die sich der Darstellung entblößter Körper widmet, hat es nie nur mit Oberflächenphänomenen zu tun, sondern stets auch mit Seelenzuständen. Die Sammlung Wemhöner begibt sich mit der zweigeteilten Ausstellung KÖRPER-SPANNUNGEN auf das vibrierende, seit der Antike von Tabus, Normvorstellungen und Grenzüberschreitungen geprägte Terrain einer Ästhetik der Blöße.
Der erste Teil der Ausstellung (Körper als Spannungsfeld) präsentiert mit Kader Attia, Stephan Balkenhol und Duane Michals gegenwärtige Positionen künstlerisch inszenierter Nackheit, die sich an zwei bis heute fortwirkende Traditionslinien anschließen lassen: an die Vorstellung idealer Schönheit seit der griechischen Antike und an die christliche, mit Scham, Erkenntnis und Vergänglichkeit verbundene Erzählung vom Sündenfall. Vor dem Hintergrund heroischer oder idealer Nacktheit gewinnen auch die Arbeiten der Künstler Yang Fudong und Xu Qu – chinesische Gegenwartskunst ist ein Schwerpunkt der Sammlung Wemhöner – an Kontur.
Der zweite Teil der Ausstellung (Körper als Spannungserreger) stellt sich der Allgegenwart medial vermittelter Nacktheit einer zunehmend exhibitionistischen Gesellschaft. Einerseits verschwimmen die Trennungen zwischen Privatem und Öffentlichem; andererseits drohen die Bilderfluten eines regelrechten Blößenwahns. Angesichts dessen ringen die Arbeiten von Roger Ballen, Monica Bonvicini, Asta Gröting, Marc Lafia, Andreas Mühe, Helmut Newton und von Tim Noble & Sue Webster um ein zeitgemäßes Verhältnis zum nackten Körper. Dessen Entzauberung wird auf der Grundlage verschobener Schamgrenzen mitunter so weit getrieben, dass eine Sehnsucht nach seiner Wiederverzauberung unabweisbar wird. Über die Sammlung Wemhöner: Inspiriert durch die Begegnungen mit dem Sammler Lutz Teutloff und dem Gründungsdirektor des MARTa Herford Jan Hoet, erwarb Heiner Wemhöner Ende der 1990er- Jahre die ersten Kunstwerke.
Die stetig wachsende Sammlung umfasst mittlerweile 1000 internationale Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Zeichnung, Fotografie, Installation, Video und Skulptur. Ein wichtiger Meilenstein für Heiner Wemhöners Beziehung zur zeitgenössischen Kunst und Architektur war die Planung und Realisierung des 2005 eröffneten Museums für zeitgenössische Kunst MARTa Herford. Als Vorstandsvorsitzender des MARTa-Freundeskreises und Kuratoriumsvorsitzender der 2000 gegründeten Wemhöner Stiftung setzt er sich für das kulturelle Leben seines Wohn- und Firmenstandortes Herford ein. Erweitert wird das Stiftungsprofil durch den MARTa-Preis der Wemhöner Stiftung. Bereits in der dritten Generation ist das Familienunternehmen Wemhöner Surface Technologies mit Standorten in Deutschland und China auf die Produktion von Maschinen und Anlagen für die Veredelung von Holzwerkstoffen spezialisiert. Auch in China verbindet Heiner Wemhöner geschäftliches, kulturelles und soziales Engagement miteinander, was ihm die 5,5-Millionen-Stadt Changzhou mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft dankte.
Mittwoch bis Samstag 11-18 Uhr(und nach Vereinbarung)
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