Andreas Fogarasis künstlerische Arbeit richtet den Blick auf die Berührungspunkte zwischen visueller Kultur – bildender Kunst, Design, Architektur – und sozialer Realität. Wie „sieht“ Gesellschaft, Politik oder Geschichte „aus“? Wo und woran lassen sich die Grundbedingungen unseres Zusammenlebens in unserer durchgestalteten Alltagsumgebung unmittelbar erkennen? Die Stadt mit ihren vielfältigen Oberflächen stellt dabei einen zentralen Beobachtungsgegenstand dar. An ihr und vor allem ihrem Wandel untersucht Fogarasi das unmittelbar sichtbare Hervordringen und Erscheinen politischer, ökonomischer, kultureller und soziologischer Tiefenstrukturen.Auch bei Nine Buildings, Stripped stehen urbane Transformationsprozesse und ihre Manifestationen in Oberflächen im Vordergrund. Die Kunsthalle Wien Karlsplatz, selbst ein Schauplatz solcher Transformation – bis Anfang 2001 stand an derselben Stelle ein gelber Containerblock als markanter erster Bau der Kunsthalle Wien – widmet sich anhand von neu entstandenen Skulpturen exemplarisch der Umbruchs- und Veränderungsdynamik von Stadtlandschaften. Fogarasi präsentiert an Wand und Boden schlichte „Materialpakete“, die sich aus originalen Oberflächenfragmenten von nicht mehr existierenden Gebäuden und Mustern oder bestehenden Teilen des sichtbaren Äußeren der Nachfolgebauten zusammensetzen (Fassadenverkleidungen, Bodenfliesen, Fenster- und Türelemente etc.). Radikal abstrahiert auf Materialität, Farbigkeit und Haptik, verbinden sich diese zu zeitübergreifenden Porträts der jeweiligen urbanen Situationen. Zwischen Bild und Skulptur, Oberfläche und Tiefe, Dokument und Konstrukt verkörpern sie Fallbeispiele des je aktuellen Bauens und Umbauens, in denen die Komplexität der Entstehung von Stadt materiell stillgestellt und für einen Moment anschaulich wird.
Andreas Fogarasi (geb. 1977 in Wien) lebt und arbeitet in Wien. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Institutionen gezeigt: Museo Tamayo, Mexiko-Stadt; Ludwig Museum, Budapest; New Museum, New York; Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf; Muzej suvremene umjetnosti, Zagreb; CAC, Vilnius; Frankfurter Kunstverein; und Palais de Tokyo, Paris. Einzelausstellungen (u. a.): Georg Kargl Fine Arts, Wien (2017); Proyectos Monclova, Mexiko-Stadt (2016); MAK Center, Los Angeles (mit Oscar Tuazon); Galeria Vermelho, São Paulo; Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig; Haus Konstruktiv, Zürich (2014); Prefix ICA, Toronto (2012); Museo Reina Sofía, Madrid (2011); Ludwig Forum, Aachen (2010); Lombard-Freid Projects, New York und im ungarischen Pavillon auf der 52. Biennale von Venedig (2007), wo er für die Arbeit Kultur und Freizeit mit dem Goldenen Löwen für den besten Länderbeitrag ausgezeichnet wurde.
Kurator: Maximilian Geymüller