Beweglich, sinnlich und anziehend, unendlich farbintensiv, einmal zart und intim, dann monumental und raumgreifend: Die Gewebe, Skulpturen und Installationen der Künstlerin Sheila Hicks fordern traditionelle Vorstellungen von Textilkunst heraus und erforschen neue künstlerische Ebenen. Hicks gilt als Virtuosin textiler Techniken und historischer Traditionen. Bildende Kunst verwebt sie mit Design, angewandter Kunst und Architektur, um neue Objekte und Environments zu schaffen, in denen das Material, das Taktile, die Form und feine bis vibrierend leuchtende Farbnuancen ihre eigene faszinierende Sprache entfalten. In der MAK-Ausstellung SHEILA HICKS. Garn, Bäume, Fluss, ihrer ersten Personale in Österreich, präsentiert die Künstlerin sowohl neue als auch bekannte Werke und raumgreifende Skulpturen, die sie in Bezug zur Architektur setzt.Bis heute ist Sheila Hicks’ Zugang zur Textilkunst von Malerei, Fotografie, Skulptur und Architektur geprägt. Ihre visionäre künstlerische Praxis wird durch das Prozesshafte und die Parameter der Produktion im Atelier bestimmt. Sie studierte an der Yale University bei Josef Albers (1888–1976), verschiedene Webtechniken erlernte sie autodidaktisch von dem Archäologen Junius Bird (1907–1982), dem Kunsthistoriker George Kubler (1912– 1996) und von Anni Albers (1899–1994). Hicks tauchte in die weite Ideenwelt des Bau- hauses und der Moderne ein. Raoul d’Harcourts Buch Les textiles anciens du Pérou et leurs techniques [Textilien aus dem alten Peru und ihre Techniken] (1934) inspirierte sie zur Auseinandersetzung mit dem Thema der kulturellen Aneignung und zur Zuwendung zu prä-inkaischen Textilien als einflussreiches Referenzsystem. 1957/58 ermöglichte ihr ein Fulbright-Stipendium für Malerei Aufenthalte in Peru, Ecua- dor, Bolivien und Chile, eine Erfahrung, die die Entwicklung ihrer interkulturellen Kunst- praxis beeinflusste. Als sie von 1959 bis 1964 in Mexiko lebte, knüpfte sie eine enge Verbindung zum Künstler Mathias Goeritz (1915–1990) und zu den Architekten Luis Barragán (1902–1988), Ricardo Legoretta (1931–2011) und Félix Candela (1910–1997).
Bis heute sieht Hicks das Textile als immanentes Element der Architektur – vergleichbar mit dem praxisorientierten Zugang des Architekten und Theoretikers Gottfried Semper (1803–1879), der den Kontext zwischen Natur, Textil, Architektur und Raum beleuchtete. Zur Ausstellung erscheint der Katalog SHEILA HICKS. Garn, Bäume, Fluss, herausgege- ben von Christoph Thun-Hohenstein und Bärbel Vischer. Mit einem Interview von Itai Margula mit der Künstlerin. Deutsch/Englisch, 72 Seiten mit zahlreichen Farbabbildun- gen. MAK, Wien/arnoldsche Art Publishers, Stuttgart 2021. Erhältlich im MAK Design Shop und unter MAKdesignshop.at um € 35.